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Mitgliederbericht: Warum Du zur Selbsthilfegruppe gehen solltest

...und sich von Parolen wie „machen doch nur Weicheier“ und „ist doch total unmännlich“ verabschieden sollten.

Meine Geschichte begründet den Aufruf: Männer geht in die Selbsthilfegruppe!

Ich bin Betroffener, ich bin operiert, nach dem Rezidiv noch bestrahlt, doch leider ist der Krebs so hartnäckig, dass er noch immer keine wirkliche Ruhe gibt.

Zuerst möchte ich von den Anfängen bei mir ein bisschen was erzählen, was passiert ist und wie es mir dabei ging. Ich sage immer, ich bin im Grunde gesund zum Arzt, es war eine ganz normale Vorsorgeuntersuchung und ich hatte keinerlei Schwierigkeiten, keinerlei Probleme und bin dann als todkranker Mensch wieder nach Hause gegangen - so in etwa. Das ist schon eine Erfahrung, die einen trifft. Das war, als ob es mir den Boden unter den Füßen weggezogen hätte und ich erstmal nur dachte was jetzt und wie soll es weitergehen?
Ich kann mich erinnern, dass ich damals eigentlich eine neue Brille gebraucht hätte und mir überlegt habe, lohnt sich das überhaupt noch? Wenn du nicht mehr lange lebst...

Noch ist in vielen Köpfen: Krebs = Todesurteil. Für mich war das noch so.
Der Urologe hat mir mitgeteilt, dass ich Krebs habe. Ich saß auf dem Stuhl und wusste überhaupt nichts mehr. Im Kopf hat es nur noch rumort. Was ist jetzt, wie soll das weitergehen? Kann das überhaupt sein, wieso ich? Das sind alles Fragen, die einem da durch den Kopf gehen und ich konnte auch gar nicht mehr zuhören.

Ich weiß gar nicht mehr, was der Arzt gesagt hat. Ich weiß nur noch eines, er sofort nach dem Telefon gegriffen hat und mit dem Krankenhaus einen Operationstermin vereinbaren wollen - und zum Glück war ich doch noch so geistesgegenwärtig was zu sagen. Hoppla, das geht mir alles zu schnell. Und dann hat er nur gemeint: Mit Krebs ist nicht zu spaßen, wir sehen uns sowieso bald wieder und dann machen wir das, was ich Ihnen vorschlage.

Das war keine Art, die ich als hilfreich empfand. Ich habe dann auch den Arzt gewechselt. Ich habe das gemacht, was man heute so macht: Ich habe mich an den Computer gesetzt und im Internet nachgesehen, was gibt es da an Informationen, an Wissen, an Tipps, an Ratschlägen. Und ich muss sagen, da findet man jede Menge. Man bekommt so viele Ratschläge, die sich dann ja auch immer noch widersprechen und unterschiedlicher Art sind, dass jeder Überblick verlorengeht. Es erging mir so, weil ein Übermaß an Ratschlägen, von Heilern, selbsternannten oder nicht, von was weiß ich, von Ärzten, Beratungsstellen, usw., ein riesiger Wust an Informationen, der über mich hereinbrach, dass ich das überhaupt nicht mehr sortieren konnte. Es war viel Information, aber nicht wirklich hilfreich, weil einfach jeder seine Idee dazu hochhielt.

Für alle Behauptungen gibt es immer viele Erfolgsbeispiele. Ja, wem glaube ich? Wie kann ich mit dieser Menge an Ratschlägen, teils widersprüchlich, zu einer Entscheidung kommen? Was mache ich, was ist für mich geeignet und seriös, wem kann ich vertrauen? Ein medizinischer Laie kann dies nicht sichten, glaube ich. Man braucht Fachleute dazu. Und selbst die Ärzte haben in unserem Gesundheitssystem ja nicht mehr die Zeit, um das ausführlich darzustellen, Vor- und Nachteile und Risiken wirklich intensiv zu beleuchten und für den eigenen Fall verständlich darzustellen.

Ja, diese gefühlte Hilflosigkeit macht das Ganze eigentlich noch viel schlimmer. Ich wusste dann gar nicht mehr wo es lang geht. Plötzlich war dann der Gedanke an eine Selbsthilfegruppe da.

Ich hatte in der Zeitung mal etwas von einer Selbsthilfegruppe gelesen. Dass mir das in meiner Situation einfiel, war ein großes Glück. In der Folge habe ich von Manfred L. erfahren und wie er in Neuhof die von ihm gegründete Selbsthilfegruppe Prostatakrebs lenkt und leitet. Das war sozusagen meine Rettung.

Da gibt es eben eine Gemeinschaft von Betroffenen, die alle eine gleiche oder zumindest ähnliche Erfahrung gemacht haben, die aus eigener Erfahrung mit der Krankheit, aber auch mit verschiedenen Therapieformen, vom Umgang mit Ärzten usw. berichten können. Und es gibt eben Manfred L., der ein ungeheures Wissen hat, der einen auch im Einzelgespräch erklärt, was gerade der Stand der Dinge ist, der auch dieses Fachchinesisch der Ärzte erstmal in verständliche Sprache übersetzt, denn das muss man auch erst lernen zu verstehen, um was es gerade geht.

Er nimmt sich die Zeit und er macht das im Notfall auch im Einzelgespräch, aber meist in der Gruppe, deswegen fand ich die so hilfreich. Die Krankheit überhaupt erstmal darzustellen und dann eben aufzuzeigen, was seriöse Wege sind und was in welchem Fall anzuraten ist.

In dieser Selbsthilfegruppe war es anders als in den Selbsthilfegruppen, die ich auch besucht und erlebt hatte, wo sie alle - das ist wirklich so - nur gejammert haben, wie schlecht es ihnen geht, wie sehr sie unter ihren Nach- und Nebenwirkungen leiden und ansonsten haben sie ein Bier getrunken und es war wie ein normaler Stammtisch, wo man über Gott und die Welt, nicht aber über die Krankheit im Grunde gesprochen hat, außer ein bisschen zu jammern. Das ist eben in dieser Gruppe anders. Hier werden die Themen, die für unsere Krankheit und das Außenherum wichtig sind, wirklich gezielt besprochen.

Manfred L. bringt dazu wirklich fundierte Referate, man kann eigene Dinge dazu beitragen, kann sich austauschen und ich weiß, da werde ich verstanden.

Darüber hinaus werden wichtige Begriffe geklärt, beispielsweise was ist PSA, was ist ein Gleason Score, was sind diese ganzen anderen Werte, die dabei wichtig sind, von denen ich vorher auch noch nichts gehört hatte. Es hatte immer nur geheißen "Ihre Werte sind in Ordnung" und ich muss gestehen, ich habe da auch nicht nachgefragt. Das kann man erst, wenn man informiert ist und weiß, worauf es ankommt.

Die Vorsorgeuntersuchung, die ich zum Glück überhaupt gemacht habe, war nur etwas spät, ist in meiner Selbsthilfegruppe ein großes Thema. Wir haben gute Kontakte zu den Fachärzten, die kommen auch immer wieder mal und halten zu bestimmten Themen Vorträge, sodass wir immer wirklich gut informiert sind.

Und wir haben Spaß, das kommt in unserer Gruppe auch nicht zu kurz.
Ein für mich damals auch ganz wichtiger Aspekt ist noch nicht erwähnt worden. Meine Angst vor dem Tod durch Krebs hat sich natürlich relativiert. Die Betroffenen-Familie ist ja da und ich bin da mit Menschen zusammengekommen, die alle mit dieser Krankheit und dieser Diagnose Krebs leben und gelernt haben, damit umzugehen.

Ich habe gemerkt, ich werde nicht gleich innerhalb von ein paar Monaten sterben müssen. Es gibt durchaus Möglichkeiten mit dieser Krankheit weiter zu leben. Das war auch sehr hilfreich und mit Hilfe der Gruppe und mit Hilfe des Leiters Manfred habe ich auch gelernt damit zu leben und nicht an dieser Krankheit zu verzweifeln.

Das ist doch ein Riesenerfolg und da kann ich sagen: die Gruppe und der Leiter haben mir äußerst viel geholfen und ich kann nur alle ermutigen, auch wenn sie von der Krankheit nicht betroffen sind, sich rechtzeitig zu informieren und an solchen Angeboten.

Eine Selbsthilfegruppe, eine Betroffenen-Familie zu haben sollte jeder Mann anstreben. Auch wenn er gesund ist, kann er sich prophylaktisch ein Wissen aufbauen, das ihm im Falle des Falles das Leben retten kann.

Von Richard

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