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"Haus Esslinger": Struwwelpeter zieht bei Tante Melber ein

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Späte Ehre für Goethes Tante.
Späte Ehre für Goethes Tante. © Renate Hoyer

Attraktion in der neuen Altstadt in Frankfurt: Das Haus von Goethes lebenslustiger Tante wird als modernes Museum für alle Altersgruppen öffentlich zugänglich sein.

Noch wirkt die neue Altstadt zwischen Römerberg und Dom trotz der vielen Touristen, die durch die Gassen wimmeln, ein bisschen wie eine Geisterstadt oder auch ein Freilichtmuseum. 35 Häuser insgesamt, 15 davon nach historischen Vorbildern rekonstruiert, bilden das viel gelobte neue Quartier - eines davon ist das Wohnhaus von Gothes lebenslustiger Tante Melber ( 1734-1823), derer sich der Dichterfürst in seinem Werk „Dichtung und Wahrheit“ offenbar ausgesprochen gern erinnerte.

Sechs Jahre war der kleine Goethe alt, als er 1755 zusammen mit seiner Schwester Cornelia im Haus Esslinger, Hinter dem Lämmmchen 2, einquartiert wurde, weil das elterliche Anwesen am Großen Hirschgraben umgebaut wurde. Von hier aus hatten die Geschwister Goethe alles im Blick: Das Treiben auf dem Marktplatz faszinierte und verwirrte sie.

„Hier sahen wir nun dem Gewühl und Gedränge, in welches wir uns scheuten zu verlieren, sehr vergnüglich aus den Fenstern zu“, schrieb Goethe über die Besuche im Haus seines Onkels, dem Materialhändler Georg Adolf Melber. Er hatte Johanna Maria Textor, die zweite Tochter des Stadtschultheißen Johann Wolfgang Textor und jüngere Schwester von Catharina Elisabeth Goethe, zur Frau genommen. Tante Melber brachte elf Kinder zur Welt.

Ein Urururgroßenkel, Ernesto Melber (92), kämpfte jahrelang dafür, dass die lebenslustige Tante doch in der neuen Altstadt gewürdigt werden sollte. Tatsächlich erinnern nun ein Schriftzug auf dem großen Querbalken über dem ersten Stock des Esslingers und ein Porträt an der Außenfassade an sie.

 Wie eine Nachfrage beim Architekten Dietrich Wilhelm Dreysse ergab, der maßgeblich an der Entstehung der Altstadt beteiligt war, handelt es sich allerdings um „einen Nachguss“. Wie so viele andere sogenannte Spolien habe das Original nicht selbst verwendet werden, wohl aber als Vorlage dienen können, sagte Dreysse.

Was sich vor Tante Melber im Esslinger zugetragen hat, ist kaum bekannt. Es sei eines der ältesten Häuser, so Dreysse. Mittelalterlich und im gotischen Stil erbaut, was heute an den Spitzbögen über den Türen noch erkennbar ist, dann, im 18. Jahrhundert barockisiert – ein Stilmischmasch, typisch für die Epoche: Man wollte en vogue sein, wie Dreysse bestätigte. Über die Risse in den mächtigen grau gestrichenen Balken, die noch nach Farbe riechen, müsse man sich keine Gedanken machen. Das sei bei altem Eichenholz eben so.

Noch sind die Türen im Esslinger verhängt. Einzig ein Foto von der barocken Stuckdecke hat ein Handwerksmeister ins Fenster gehängt. Doch nach den Sommerferien wird das Struwwelpeter-Museum, das derzeit im Westend in der Schubertstraße untergebracht ist, die Fenster mit Bildern aus dem Struwwelpeter schmücken, wie die Leiterin des Museum, Beate Zekorn-von Bebenburg, auf Anfrage erklärte.

Der Umzug sei allerdings erst für den Frühsommer des kommenden Jahres geplant. Als Inklusionsprojekt für Menschen mit Behinderung nimmt das Struwwelpeter-Museum auch gleich noch das Nachbarhaus, den „Alten Esslinger“, Hinter dem Lämmchen 4, in Beschlag. Beide Häuser sind, von außen nicht sichtbar, im Innern verbunden, durchlässig und barrierefrei.

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