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Frühling, Flirt – und Friedwald:

Von Feierabend-Mitglied Donnerstag 01.05.2025, 16:55

"Der Leila-Gedächtnisweg – und wo er endete"

Es war einer dieser Frühlingstage, an denen die Welt vor Lebensfreude beinahe explodiert: die Bäume schlagen aus, Blumen sprießen aus dem Boden, und selbst notorische Morgenmuffel zwitschern fröhlich wie die Vögel im Park. Alles beginnt neu – da wirkt ein Ausflug in den Friedwald irgendwie… fehl am Platz. Erst recht, wenn man hört, wie es überhaupt dazu kam.

Aber von vorn.

Eine Freundin von mir hatte einen Mann kennengelernt. Und nicht irgendeinen – ein Exemplar wie ausgestorben: ein Gentleman der alten Schule. Er half ihr aus dem Auto, hielt ihr Türen auf, schob ihr den besten Platz zu, wo’s nicht zog, und bezahlte – selbstverständlich – ohne Diskussion. Charmant, gebildet, mit dem Vokabular eines Feuilleton-Redakteurs. Kurz: ein Traum.

Aber wie das mit Träumen so ist – manchmal wacht man halt auf.

Der Gute hatte einen kleinen Hund gehabt. Leila. 15 Jahre treue Begleitung – fast schon eine Beziehung mit Steuerklasse II. Leider war Leila vor Kurzem verstorben. Und das schien der Mann auf die romantischste, tragischste und gleichzeitig… sagen wir mal… intensivste Weise zu verarbeiten.

Seit dem Verlust marschierte er täglich zur exakt selben Uhrzeit den „Leila-Gedächtnisweg“. Das allein wäre ja noch poetisch gewesen. Aber: Er bestand darauf, dass möglichst viele andere Hundebesitzer ihn trafen. Warum? Damit sie fragten. „Wo ist denn die Kleine heute?“ – zack, fünfminütige Trauerrede, inklusive Anekdote über ihren letzten Knochen. Wer nicht fragte, wurde übrigens konsequent ignoriert. Also wie früher. Nur trauriger.

Ich sagte zu meiner Freundin: „Naja, immerhin redet er drüber. Besser als stummes Dackel-Starren.“
Sie nickte. Aber so ganz überzeugt war sie nicht. Und nach zwei Wochen Leila-Therapie war sie, gelinde gesagt, durch.

Dann kam der große Tag: Frühstücksverabredung bei Sonnenschein, Frühlingsgefühle, Cappuccino mit Herzmuster im Schaum. Danach ein Spaziergang – romantisch wie aus dem Katalog. Und dann – zack – ließ er die Bombe platzen:

„Ich habe noch einen Termin. Mit dem Förster. Im Friedwald.“

Sie dachte wohl, jetzt käme irgendein Forst-Event, Waldbaden, Wildkräuter sammeln.

Aber nein.

Er drehte sich ganz ernst zu ihr und sagte: „Ich möchte mir einen Baum aussuchen. Für meine Beerdigung. Du kannst gern mitkommen. Oder ich bring dich nach Hause.“

Sie entschied sich für Option zwei.
Und wenig später auch für die endgültige – Option drei: Trennung.

Denn eins steht fest: Im Frühling sucht man vielleicht den passenden Partner.
Aber sicher noch keinen passenden Grabplatz.

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