Radtour - Am Tor zum Elsass
Geht es euch auch so wie mir? Ich könnte mich immer mehr ins Elsass verlieben! Die mit Blumen geschmückten Orte liegen verstreut und verschlafen fast menschenleer zwischen lieblichen Hügeln an Flüsschen. Man streift Teiche und lichte Wälder, immer wieder erblickt man eine kleine Kapelle an einem exponierten Platz und die schmucken Fachwerkhäuser sind eine Pracht. Manchmal sind sie etwas verwahrlost, dafür erfreuen die wunderschönen restaurierten Häuser um so mehr.
Alle sind trotz schlechter Wetterprognose bei der tristen „Sankt Morandus“ Kirche mit großem Friedhof in Balschwiller eingetroffen – herzliche Begrüßung - Stahlross gesattelt – Autos gesichert und dann kam ein wahrer Sturzbach von oben! Alle flüchteten ins Auto zurück bis der heftige Regenguss nach ein paar Minuten aufhörte – ob dies alles für heute war? Man staune, es war so, kein Tropfen fiel mehr bis wir wieder im Auto saßen. Super Timing Bernard!
Wir hatten einen schönen Rundkurs von 40 Kilometer vor uns und dies in einem geschichtsträchtigen Teil des Sundgaus. Es war im ersten Weltkrieg umkämpftes Land, ein Dorf war deutsch, das nächste französisch. So war Balschwiller von französischen Truppen besetzt und das Nachbarsdorf Ammertzwiller hielten die deutschen. Man kann es sich einfach nicht vorstellen was dies für die Menschen bedeutete und wie sie versuchten in ihre jeweilige Heimat zu kommen.
Wir radelten am Soultzbach entlang mit geringen Steigungen, den man kaum sah.
In Sternenberg sind wir etwas von unserer Route abgekommen, immer frisch und munter hinter Bernard her, der erst in Guevenatten stutzig wurde. Dies tat dem Rundkurs keinen Abbruch – schöne Landschaft war überall. In Bréchaumont waren wir dann wieder auf der vorgesehenen Spur. Vorher musste ich noch etwas sauer werden und mir entsprechend Luft verschaffen. Warum? Ich stand eine ganze Weile an der Kreuzung in Traubach-le-Haut und wartete vergeblich auf den letzten Radfahrer, damit er/sie die Abfahrt nicht verpasst. Wie gesagt, umsonst, denn alle warteten auf mich bei der dominanten Kirche! Diese Gemütswallung war schnell verflogen bei der anschließenden Steigung zu unserem Rastplatz.
Auf dem Fahrrad hat alles seinen Reiz, man bewegt sich, atmet kräftig durch, schaut und riecht und fühlt die Luft auf der Haut – einfach schön. Manchmal riecht es auch intensiv nach Silo bei den großen, ausgelagerten Gebäuden, oder sind es gar Schweinezuchten? Auch erfasste uns der starke Wind von vorne und ab und zu von der Seite, jeder kämpfte sich durch.
Bald erreichten wir Montreux-Vieux und den „Canal-du Rhône-au Rhin“, den wir nach Montreux-Jeune querten. Jetzt waren alle happy, denn es ging auf dem Treidelpfad abseits jeglichen Verkehrs am Kanal entlang mit dem Wind im Rücken. Hier fuhren wir ein Stück von dem Radweg "Nantes - Budapest". So könnte man stundenlang radeln.
An diesem Stück Kanal gibt es viele eindrucksvolle Schleusen mit jeweils einem Schleusenwärterhäuschen, aber Schiffe (Boote) sah man erst in Dannemarie im Hafen.
Der Kanal wird bei Wolfersdorf über das Flüsschen Largue (Larg) geführt.
Uns gelüstete es nach einem guten Kaffee und wir verließen den Kanal um ein Lokal zu finden. Bernard führte uns an ein wunderschönes altes Haus mit Garten – aber wir waren in Frankreich und da ist nach 14:00 Uhr geschlossen! Mit Vorfreude ging es weiter ‚wir werden schon etwas finden‘. Hagenbach hatten die meisten auch schon fast durchfahren, da sah ich den Wirt der Gaststätte "Au Cheval blanc" im Auto wegfahren und bremste ihn aus. Als er sah wie viele wir waren, richtete er schnell die Tische und Stühle im Garten und bewirtete uns voll Freude über das unverhoffte Geschäft. Wer will im Elsass schon eine Schwarzwälder Kirschtorte? Solch ein Hohn, wir waren auch mit Kaffee klein, groß und au lait zufrieden!
Noch ein kurzes Stück Kanal, dann bog unser Radweg nach Balschwiller, unserem Ausgangsort ab.
Wir kamen noch an einem restaurierten, überdachten Waschplatz von 1683 vorbei und konnten uns etwas in die damalige Zeit zurückversetzen. Diese Stätte war in der früheren Zeit Dreh- und Informationspunkt für die Waschfrauen, wo es recht derb zugegangen sein soll – Zutritt von Männern verboten!
Wir haben wieder ein Stück Sundgau kennen gelernt, eine reizende Hügellandschaft zwischen Jura, Rheinebene und Vogesen.
Habt ihr etwas vom Einfluss der angrenzenden "France–Comté" gespürt? Ich nicht – aber dies muss noch erkundet werden - beim nächsten Mal!
Die Fotos sind von Erwin, Bernard und Käthe
21 Bewertungen
13 Kommentar(e):
shanai schrieb am 18.07.2012:
Herzlichen Dank euch allen für die Kommentare und Bewertung! Leider fehlen ein paar schöne Blumenfotos, aber ich war immer etwas im Zugzwang ohne E-bike. War ich doch immer in Sorge, dass kein Radler verloren geht. Auf ein nächstes Mal, liebe Grüße Käthe!
yingyang43 schrieb am 18.07.2012:
Auch ich sage herzlichen Dank an ALLE die diesen Tag mitgestaltet haben.Wie schön und abwechslungsreich der Sundgau ist wusste ich bis jetzt noch nicht.Ein wirklich schönes Fleckchen Erde.LG Hannelore
Anmargi schrieb am 17.07.2012:
Da wäre ich auch gerne dabei gewesen, aber e's got halt net immer wie ma möcht! Einen schönen Bericht hast Du geschrieben, liebe Käthe und die Fotos gefallen mir auch gut - schön finde ich auch am Schluss das Wechselbild, wie im richtigen Film! Margit
speiche schrieb am 17.07.2012:
Hallo Käthe, der Bericht,Bilder vom Sundgau ist großartig.Es spiegelt die gute Stimmung dieser Tour. Wolfgang
chici schrieb am 16.07.2012:
Du hast alles wieder auf den "Punkt" gebracht in Deinem Bericht... Danke für den schönen Tag, Käthe und hoffentlich noch weitere Tour-Ideen von Bernard, dem ich "vielmal merci" sage....
Ibobibo schrieb am 16.07.2012:
Liebe Käthe, in Deinem unverwechselbaren Stil hast Du wieder einen zauberhaften Bericht geschrieben. Schön Euch lesenderweise auf dieser eindrucksvollen Tour zu begleiten. Liebe Grüße Ingeborg
Bleistift01 schrieb am 16.07.2012:
Sehr beeindruckend ist Dein Bericht, liebe Käthe. Schade, dass wir nicht dabeisein konnten, aber Dein Bericht hat uns etwas entschädigt dafür. Das Elsaß ist wunderschön, der Sundgau zwar etwas hügelig, aber die Dörfer mit den Blumen sind sehenswert und touristisch kaum erschlossen. Dank auch an die Fotografen für die schönen Bilder
Halley schrieb am 16.07.2012:
Danke liebe Käthe für den tollen Bericht von der Radtour und den Lob über mein Heimatland, es macht mir warm ums Hertz festzustellen das es euch im Elsass so gut gefällt, werde im Zukunft mich bemühen euch weitere schöne Flecken vom Ländle zu zeigen. Bernard
cuba schrieb am 16.07.2012:
Du hast mir aus dem herzen gesprochen liebe Käthe, es war ein sehr gelungener Tag und für mich eine fast unbekannte Gegend. Danke allen, für die Idee und die Organisation,den Bericht und die guten Bilder.Auch ohne E-bike hat es mir viel Freude gemacht!
Zahnrad schrieb am 15.07.2012:
Ja lb. Käthe, der Reisebericht ist wieder eine Meisterleistung von dir. Den schönen Tag mit all den Radlern und schönen Lanschaften,werde ich so schnell nicht vergessen. Ich sage Danke denen , die die Radtour vorbereitet haben.
oleander schrieb am 15.07.2012:
Wunderbar hast du das zusammengefaßt, liebe Käthe. Es war ein schöner Tag und das Wetter hielt. Danke an Bernard für die Organisation, an Käthe für den Bericht und den Fotografen für die netten Bilder. LG anke
trudel schrieb am 15.07.2012:
Es scheint, dass ich da etwas verpasst habe. Der Bericht von Shanai mit den schönen Fotos lässt mich staunen. Ich gebe Dir Recht, liebe Shanai: Das Elsass ist besonders im Sommer mit dem wunderbaren Blumenschmuck eine Reise wert, erst recht auf dem Fahrrad. Wie angenehm ist es, heute mit den E-bikes auch weitere Touren unternehmen zu können ohne große Anstrengungen. Freut Euch auf die "Franche-Comté", da bin ich geradelt und war begeistert von der Landschaft.
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