Mit dem Velo im Elsass

"Nahezu 50 Kilometer zwischen Reben, Fachwerkdörfern, historischen Städtchen und dem Verlauf der Ill werden wir uns mit unseren Rädern bewegen" – so hatte uns Barbara / sternwald diese Radtour schmackhaft gemacht. Doch ich muss gewissenhaft dazu fügen, dass wir zusätzlich bei von ihr geplanten Stopps, interessante historische Erklärungen erhielten. Es würde den Rahmen sprengen, wenn ich hier alles Gehörte wiedergeben würde! Ja, dies machen die Veranstaltungen von Barbara so besonders, sie ist wissbegierig und lässt uns immer daran teilhaben. Hier an dieser Stelle ein besonders herzliches „Dankeschön“!
Überpünktlich trafen alle sechs Radler in Sundhoffen in der Nähe von Colmar trotz langer Anfahrt ein.

In ebenem Gelände zum Teil zwischen links und rechts hohen Maisfeldern schluckte uns bald ein schöner Wald und wir radelten eine Weile dem Flüsschen Thur entlang.
Gab der Wald Sicht frei, konnte man unsere erste Etappe, das pittoreske Städtchen „Eguisheim“ und die unendlichen Weinberge der Vogesen sehen.




Auf dem Kamm über Eguisheim stehen weit sichtbar die ältesten Burgen des Elsass „Die Drei Egsen“ die Dagsburg, Wahlenburg und Weckmund, aber auch Les Trois Châteaux d´Eguisheim genannt. Erwähnt wurden sie bereits um 1006 und wurden 1466 zerstört.

In Eguisheim angekommen, stellten wir unsere Räder ab und schlenderten durch die engen Gassen, an der Stadtmauer entlang, zwischen wunderschönem Blumenschmuck und bewunderten die historischen Gebäude. Ganz zu schweigen von den verlockend hübschen Geschäftchen, Winzern, Lokalen und riesen großen Brunnen. Das eine Mal wurde man mit einer Käseprobe überrascht und am nächsten Eck mit einem Streifen Speck und upps, beim Geruch von frisch gebackenem Gugelhupf der durch die Gassen waberte, lief einem das Wasser im Mund zusammen!








Der einzige elsässische Papst „Leo IX“ 1002-1054, wurde in Eguisheim geboren und wird vor der romanischen Pfarrkirche auf dem Marktplatz verewigt. Nach einem stärkenden Kaffee – lästerte Bernard: „Ihr Dytsche muent immer an Café han, bi üs trinkt ma um di Zit an Glas Win“ – ging es kommod bergauf in die Rebberge! (Mein Elsässisch-Alemannisch ist nicht perfekt!)

Wunderschön ist auf halber Höhe zwischen den Rebstöcken die Sicht ins Rheintal und hinüber zum Schwarzwald – meist haben wir bei unseren Touren die Vogesen vis à vis.


In Gueberschwihr angekommen, machten wir unsere Vesperpause am Fuße der berühmtesten romanischen Kirchtürme des Elsass. Jede Kulturreise der Umgebung wird zu dieser Kirche geführt. Der Vierungsturm wurde 1130 erbaut und ist 36 m hoch. Die dazugehörende romanische Kirche wurde leider im 19. Jhdt. abgerissen, sodass die später gebaute Kirche nicht mehr stilgerecht ist.


Pfaffenheim mussten wir wegen einer Baustelle umfahren und kamen deshalb an der berühmten Kirche und an der Gedenktafel nicht vorbei. Trotzdem sollen sie erwähnt werden und etwas nachdenklich machen.
„Malgré - nous“ – „wider unseren Willen“; sie erinnert an den Zweiten Weltkrieg, als die deutsche Kriegsmaschinerie zwangsweise 100.000 Elsässer und 30.000 Lothringer einzog und diese gegen ihre Verwandten und Nachbarn kämpfen mussten. Dieses Leid will man sich nicht vorstellen!


Jeder Ort in und um die Rebhänge der Vogesen ist sehenswert und hat liebenswerte Details zu bieten und überall fällt der herrliche Blumenschmuck sowie die künstlerischen Wirtshausschilder ins Auge.



Der nächste ausgiebige Halt war auf dem „Place de la Republique“ in Rouffach. Der große Platz ist umringt von Gebäuden aus der Spätgotik und der Renaissance, sei es das Stadthotel, der Hexenturm oder die ehemalige Kornhalle mit dem doppelläufigen Treppengiebel.


In die Église Notre Dame-de-l´Assomption (Maria Auferstehung) führte uns Barbara, weil man sie sich unbedingt ansehen sollte - ‚ihre Worte‘! Jetzt wird es für Insider interessant und ich kann es nur weitervermitteln, weil ich Barbaras Unterlagen für diesen Bericht habe. Die Baugeschichte dauerte vom 11.–19. Jhdt. Das Querschiff, die Vierungskuppel und das Südportal sind romanisch. Zu Beginn des 13. Jhdt. wechselte das Baukonzept in die Frühgotik und es entstand die erste und bedeutendste „gotische Schöpfung“ des Elsass. Der Nordturm entstand im 19. Jhdt.
Im Chor an der Nordseite werden zwei kämpfende, erregte Männer zwischen den vier Evangelisten (Löwe-Markus / Stier-Lukas / Adler-Johannes und Engel-Matthäus) gezeigt.


An der Südseite dagegen stehen Männer an den vier Paradiesflüssen auf Drachen; dem Symbol der Sünde. Es heißt in Genesis – 1. Buch Mose - Erschaffung der Welt:
„Ein Strom entspringt in Eden, der den Garten bewässert; dort teilt er sich und wird zu vier Hauptflüssen: Pischon, Gihon, Tigris und Eufrat.


Eine kleine Besonderheit neben der Sakristeitüre sind die zwei lachenden Gesichter eines Jünglings und einer jungen Frau „Sourire de Rouffach“, die wie Barbara erzählte öfter im Elsass zu sehen sind.

Anschließend führte uns Barbara zielsicher durch das flache Land bis an das Flüsschen Ill bei Niederentzen. Auf schönem Radweg fernab von Autos oder Menschen konnte man in die Pedale tretend die Seele baumeln lassen. Oder man konnte nebeneinander radelnd erzählen oder zuhören, wie´s jeder wollte, oder wie Roswitha sich einen dekorativen Strauß fürs Wohnzimmer pflücken. Unser Ziel und Ausgangspunkt war nicht zu verfehlen, weil wir an der Ill entlang genau bei den Autos wieder eintrafen.


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