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Mach nur einen Plan... von Reineke1794

Ja, mach nur einen Plan…

...so beginnt ein Vers der Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens von Bertold Brecht. Mit Ironie fährt er dann fort:

„Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann einen zweiten Plan
Geh'n tun sie beide nicht......“

Obwohl also hinlänglich bekannt sein dürfte, dass das Planen so seine Tücken hat, kommen wir nicht umhin, Pläne zu schmieden, denn in den Tag hineinzuleben, ist nun auf Dauer auch nicht immer sinnvoll.

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Beginnen will ich mit meinen Gedanken zu diesem Thema mit den Plänen in jungen Jahren. So lange man jung ist, sind Pläne zwar noch recht unverbindlich, doch werden sie so oder so entworfen. Sehr gut erinnere ich mich daran, wie ich als Jugendlicher – zu jener Zeit noch Schüler – als Berufswunsch den eines Kriminalbeamten ausgesucht hatte, erwartete ich davon doch ein recht abwechslungsreiches und natürlich auch spannendes Leben. Dank meiner Fantasie war die Zukunft eine von Abenteuern, Erlebnissen, Anerkennung und Einsatzfreude geprägte. Im Freundeskreis hielt ich mich mit meinen Fantasien nicht zurück und so ergab sich manch muntere Diskussion. Unter den Zuhörern befand sich auch ein Mädchen, das etwas jünger war als ich, das nun seinerseits einen Plan entwarf, der mir später zu Ohren gekommen ist. Karin, so will ich sie mal nennen, erzählte nun in ihrem Freundeskreis herum, dass sie mich später mal heiraten wolle, da sie auf mich, einen Kriminalbeamten, mal eine gute Witwenpension erhalte werde. - Nicht schlecht geplant, das muss ich zugeben. Geheiratet haben wir dann nicht. Muss wohl daran gelegen haben, dass ich meinen Berufswunsch später nicht weiter verfolgt habe.

Im Verlauf des Lebens hat sich dann gezeigt, dass Pläne noch am ehesten dann von Erfolg gekrönt werden, wenn man relativ jung ist, denn die Wahrscheinlichkeit des Misslingens ergibt sich mit zunehmendem Alter, unerwarteten Krankheiten, wirtschaftlichen Veränderungen wie Arbeitslosigkeit, Überschuldung, Problemen in der Partnerschaft, Trennung usw., um nur einige der möglichen Faktoren zu benennen, die für ein Scheitern der Planung verantwortlich gemacht werden können.

Anlass für meine Überlegungen zu dem Thema Planen ist eine kleine Geschichte, die sich in meinem Freundeskreis erst kürzlich ereignete und durchaus einen Anflug von Tragik beinhaltet.
Stefan und Helga waren mehr als 50 Jahre miteinander verheiratet. Leicht hatten sie es zwar nicht immer, doch dürfte sich nach mehr als 50-jähriger Ehe kaum ein Paar finden, das in der Rückschau von einem völlig sorgenfreien und unbelasteten Leben berichten könnte. Wie die Dauer der Ehe schon vermuten lässt, waren beide ganz schön in die Jahre gekommen, mussten sie eben auch an die begrenzte Zeit denken, die vor ihnen lag und auch an die zwangsläufige Trennung früher oder später. Irgendwie rührend war es, mit anzusehen, bzw. mitzubekommen, wie Helga ihren Stefan in den letzten Jahren immer häufiger aufgefordert hatte, ihr besonders an den Wochenenden beim Kochen zur Hand zu gehen, wenn die Kinder und Enkel fast regelmäßig zum Essen kamen. Natürlich hatte er bald ihre wahre Absicht durchschaut, wollte sie ihn doch fähig machen, sich ein Essen zuzubereiten, wenn sie mal verhindert ist oder eben vor ihm gehen muss, wenn es das Schicksal so vorsieht. Immer mehr Gerichte lernte er in den letzten zwei bis drei Jahren auf diese Weise kennen, hatte er mit ihr zusammen von der Lauchsuppe bis hin zur gebratenen Gans so manches Mahl mit vorbereitet. Eines hatte sie indes nicht bedacht. Stefan hatte seinerseits auch Überlegungen angestellt und war zu dem Schluss gekommen, dass Helga einmal einige Jahre jünger ist als er und außerdem die Statistik stets davon spricht, dass Frauen durchschnittlich einige Jahre älter werden als Männer. Dies hatte zur Folge, dass Stefan zwar ein gelehriger Schüler beim Kochen war, doch fehlte es zuletzt an der Ernsthaftigkeit. Er werde, davon war er überzeugt, niemals diese Kenntnisse wirklich nutzen müssen. Infolge dieser Einstellung, konnte er zwar nach Anweisung durchaus ein Schnitzel panieren, wusste er welche Gemüse etwa in ein chinesisches Gericht gehörten, konnte er Buletten braten, Spargel zubereiten, eine Hühnersuppe kochen oder Hühnerfrikassee auf Reis servieren, doch die Einzelheiten, auf die es ankommt, die Reihenfolge etc. merkte er sich aus bekanntem Grund nicht.

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Etwas Anderes verfolgte Stefan aber sehr gewissenhaft. Es waren alle Dinge, die für den Ablauf in Haus und Garten auch wichtig sind. Als erstes hatte er eine Liste von Gegenständen erstellt, die es im Haushalt zwar gab, die aber relativ selten gebraucht wurden. Alphabetisch geordnet wurden da etwa 200 Dinge mit Angabe des Raumes, des Regals, der Position usw. wo sie zu finden sind. Im Nu ließ sich bestimmen, wo das große Moskitonetz von der Asienreise abgelegt war, wo die Reiseschreibmaschine, das Uher-Bandgerät, die Medaillen oder der Fuß für den Weihnachtsbaum. Alsdann hat Stefan genau aufgelistet, wo sich die verschiedenen Absperrhähne für das Wasser befinden, welche Sicherungen wofür sind, welche Maßnahmen bei Gewitter Sinn machen, welche Nummern von Handwerkern wichtig sind für den Fall der Fälle, wie die Heizung einzustellen ist im Winterbetrieb, Wasser nachzufüllen ist nach einem Druckabfall, welche Einstellungen wann zu wählen sind usw. usw.
Um es kurz zu machen: Einen ganzen Hefter hat er angelegt für sie, falls das eintritt, womit er irgendwann zu rechnen hat.

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Vor einem Jahr ist es dann passiert. Nicht er ist völlig überraschend sehr schwer erkrankt, sondern sie, die Jüngere von den Beiden. Aus dem Krankenhaus ist sie nicht mehr zurückgekehrt. Und so stand er dann da mit seinen Listen und Aufstellungen, seinen Handreichungen und all dem Schriftkram, den er so gut vorbereitet hatte. Sehr bald sollte sich dann auch rächen, dass er zu blauäugig gewesen ist, sich vielmehr auf sein Gefühl, auf Statistiken und die Wahrscheinlichkeit verlassen hatte. Gut, einige Gerichte bekam er schon noch hin. Etwa bei Spaghetti Bolognese, brachte er es zu einer gewissen Meisterschaft, so dass er die Familie sogar einladen konnte, doch was die Abwechslung betraf, besonders jedoch den „guten Geschmack“, da mangelte es sehr. So manches vermochte er mit Konservenbüchsen zunächst auszugleichen und natürlich mit Restaurantbesuchen zu kompensieren, doch dann kam Corona, und eine Reihe von Mitmenschen müssen in tiefe Ängste verfallen sein, denn plötzlich gab es keine Büchsen mit Fertiggerichten mehr und die Nudeln wurden immer knapper und der Reis und der Speisezettel immer dürftiger, da die Auswahl an Gerichten für ihn dahingeschmolzen ist. Als dann der Lockdown zum Zuge kam, war es auch vorbei mit den Restaurantbesuchen, die stets eine schöne Abwechslung im Hinblick auf eine leckere Mahlzeit bedeutet hatten.

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Immerhin hat Stefan den Humor nicht verloren. Wie oft hat er den Brecht schon zitiert, wenn wir uns über diese „Nebensächlichkeit Kochen“ unterhalten haben?
„Na ja“
so oder so ähnlich, beginnt er dann meist seinen Monolog, der Stefan, und zitiert etwas verfälscht den ollen Brecht:


„Ich mach mir einen Plan!
Bin nun ein großes Licht!
Und mach dann einen zweiten Plan
Geh'n tun sie beide nicht......“

Autor: Reineke1794

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