Neu hier? Lies hier über unser Motto gemeinsam statt einsam.
Mitglied werden einloggen




Passwort vergessen?

Für Gestaltung und Inhalt dieser Regionalseiten sind ausschließlich die jeweiligen Regionalbotschafter verantwortlich. Die von den Regionalbotschaftern eingegebenen und heraufgeladenen Inhalte unterliegen grundsätzlich weder einer Kontrolle durch Feierabend, noch nimmt Feierabend hierauf Einfluss. Hiervon ausgenommen sind werbliche Einblendungen und Beiträge die von Feierabend direkt eingestellt wurden und als solche gekennzeichnet sind.

Pannen - Premiere

In regelmäßigen Abständen fahre ich per Pkw ins Ruhrgebiet – so auch am 14. Oktober 2008. Diese Autobahn benutze ich seit nunmehr 40 Jahren, solange ich also in Düsseldorf wohne.
Die mir bekannten Herbstbäume grüßen freundlich am Rande der Fahrbahn. Die gefärbten Blätter leuchten in der Sonne und sehen aus wie in Gold getaucht. Trotz konzentrierten Fahrens riskiere ich ab und zu einen Links-Rechts-Blick in die herrliche Herbstwelt.
Diese romantische Phase wird auf der immer stark befahrenen A 2 am Oberhausener Kreuz plötzlich beendet. Mein Silberpfeil-Puma läßt unter sich ein laut ratterndes, Trecker-ähnliches Geräusch hören, als ob er hart über die schlechteste Fahrbahn der Welt fährt. Gleichzeitig bremst er abrupt, ohne es mit mir abgesprochen zu haben. Sein eigenwilliges Design mag ich ja schon immer, aber solch eigenwilliges Handeln ist ungewöhnlich. Mein Bauchgefühl läßt einen geplatzten Reifen vermuten, und ich aktiviere sofort die Warnblinkanlage.
Mein kleiner „Amerikanischer Berglöwe“(=Puma) schleudert nicht, hüpft nicht übermütig über die Leitplanke, berührt keinen anderen Pkw, sondern fährt trotz Ausnahmesituation brav mit mir geradeaus weiter. Natürlich hat er sein Tempo gemäßigt, ich habe ihn fest im Griff und lenke ihn von der mittleren Spur auf die rechte. Dort gibt es leider keinen Randstreifen, weil die Parallel-Fahrbahn rechts neben mir die Auffahrt ist auf „meine“ A 2. Also schleicht mein Puma mit mir in peinlich langsamem Tempo dahin, ganz dicht an dieser rechten Leitplanke. Denn fahren können wir ja noch - wie auch immer!
Nicht nur wegen der Warnblinkanlage müßte auch der blindeste „Kapitän der Autobahn“ kapieren, daß ich hier nicht gemütlich frühstücken oder parken will. Aber die Lkw-Fahrer bestrafen mich mit wildem Blinken und lautem Hupen, weil ich ja ihre Fahrbahn blockiere. Sie rasen zu schnell und geben mir keine Chance, mich zu bedanken für deren verständnisvolles Verhalten und daß sie mich nicht überrollen...!
Mein Puma hat bei dieser Aktion eine Kleinigkeit übersehen. Er hätte ca. 200 m vorher streiken sollen bei der Ausfahrt zu Parkplatz und Polizeistation, wo ich jetzt viel lieber wäre und von den „Grünen“ sofort Hilfe bekäme.
Mit merkwürdiger Ruhe und Gelassenheit suche ich nun eine andere Stelle zum Anhalten. Weiter vorn sehe ich eine Gabelung: rechts Richtung Arnheim, halblinks Richtung Dortmund. Und genau mittig dazwischen ein straffiertes Terrain, das ab sofort mein ganz persönliches Bermuda-Dreieck sein wird. Hat auch nicht jeder! Es ist dann doch etwas knifflig, kritisch und gefährlich, mein Auto und mich halbrechts und sogar etwas zurück genau dorthin zu bugsieren. Aber ich warte eine autofreie Phase ab, die den Eindruck erweckt, als hätte ein Schutzengel in der Nähe eine „imaginäre Autobahn-Ampel“ für mich auf rot gestellt.
Ich muß nicht lange nach der Ursache dieser Panne suchen und mein Bauchgefühl stimmt mal wieder: der rechte Vorderreifen hat sich verabschiedet. Ich sehe nur noch eine nackte Felge mit paar Gummifetzen, der Grund für das plötzlich harte Rattern. Die Radkappe hat unterwegs das Weite gesucht und liegt jetzt sicher zusammen mit dem Reifengummi in irgendeiner Ecke. Ein rätselhafter Gedanke schießt mir durch den ansonsten coolen Kopf: Am 10.10. sind die 4 Winterreifen in der Werkstatt montiert und gleichzeitig vom TÜV akzeptiert worden. Und schon 5 Tage später springt einer von denen einfach ab.

Keine Zeit für viel Denken, nun muß ich handeln. Wie vor 47 Jahren in der Fahrschule gelernt, stelle ich zuerst das Warndreieck auf. Links und rechts neben mir rauschen furchterregend alle Auto-Kategorien vorbei und produzieren einen Höllenlärm. Mir fällt nichts anderes ein, als den höchst gefährlichen Weg hinter der Leitplanke zurück zu laufen zur Polizeistation.
Aber schon kommen eilig 2 Männer auf mich zu und halten mich davon ab. Sie parken ihren Pkw genau in der Kurve der Arnheim-Abzweigung, was trotz Warnblinkanlage riskant ist. Sie begrüßen mich fast freundschaftlich, was für paar Sekunden Skepsis und Angst in mir weckt. Wollen die meine Notsituation ausnutzen? Aber gleichzeitig schäme ich mich für diese Gedanken; denn die Männer sind wirklich um mich besorgt und wollen nur helfen. Einer nimmt mich in den Arm und lobt mich überrascht, daß ich in der Situation „Frau allein mit Autopanne“ so locker und gelassen bin. Ich kann ihn nur ruhig davon überzeugen, daß ich gesund, munter, fit, erleichtert, unverletzt vor ihm stehe und so ein dummer Autoreifen doch ersetzbar ist. Der andere Mann korrigiert inzwischen die Position des von mir zu nah am Pkw aufgestellten Warndreiecks. Sie nennen mir die Telefonnummer des ADAC, so daß wir gemeinsam per Handy die Pannenhilfe bestellen.
Inzwischen bin ich den beiden Fremden wirklich dankbar; denn sie geben mir allein mit ihrer Anwesenheit Hilfe, Sicherheit, Trost, Freundlichkeit - das alles tut mir gut! Wir unterhalten uns noch eine Weile recht locker-lustig, auch über unsere jeweiligen Sternzeichen. Bevor die beiden weiterfahren, muß ich ihnen noch ganz fest versprechen, hinter die Leitplanke zu gehen, damit ich weiterhin so unverletzt bleibe. Natürlich gehorche ich ganz brav und nach Verabschiedung mit Bedanken, Knutschen, Drücken, guten Wünschen, Winken, Hupen bleibe ich allein zurück. Warum habe ich eigentlich nicht deren Namen oder wenigstens komplettes Autokennzeichen notiert?
Schon eine Weile vor dieser Panne habe ich ein natürliches Bedürfnis. Es meldet sich besonders oft bei Autofahrten, wenn es weit und breit keine Gelegenheit gibt, diesem Verlangen nachzukommen. Die Beschäftigung der letzten Stunde hat diesen WC-Wunsch zunächst in den Hintergrund gestellt, aber nun ist er wieder da – viel intensiver als zuvor!
Während ich von meinem Standort hinter der Leitplanke auf den ADAC warte, suche ich rein optisch die Umgebung ab nach einer Freiluft-Pseudo-Toilette. Meistens finde ich ein geeignetes Plätzchen, aber hier sehe ich keine Chance und halte diese Not für schlimmer als die gesamte vorherige Situation. Dann hält ein Polizei-VW-Bus auf der grünen Wiese meines Bermuda-Dreiecks. Vermutlich hat ihn ein vorbeiflitzender Pkw-Fahrer angerufen, was auch recht nett ist. Der Polizist bietet besorgt seine Hilfe an und natürlich ist nicht die Polizei, sondern die schon bestellte Pannenhilfe zuständig. Weil sein VW-Bus kein WC-Bus ist, würde er ja gern mit mir paar Mal das AK-Oberhausen umrunden, um letztlich auf die Toilette der hinter uns liegenden Polizeistation zu gelangen. Nette Idee, geht aber nicht, da ich auf den ADAC warte, der mich dann ja nicht findet. Der freundliche Polizist gibt mir den Tipp, gegenüber hinter einem Busch zu verschwinden, wünscht mir noch alles Gute - und ich bin wieder allein. Wie im richtigen Leben: Männer kommen, bleiben kurz, verschwinden wieder.
Meine Blase interessiert dies alles nicht, sie will nur endlich aktiv werden und ihr Ventil öffnen. Ich kenne zwar die Autobahn-Situation „Tank fast leer, Blase sehr voll“, aber jetzt ist beides voll! Die mißliche Lage zwingt mich zum Handeln. Zuerst folge ich dem Polizei-Rat und gehe hinter die Leitplanke, die die Arnheim-Auffahrt vom Wäldchen trennt. Und schon stehe ich wadenhoch im patschnassen Gras. Hier kommt wohl niemals ein Mann mit der Sense hin - und hoffentlich auch nie der Sensemann! Wenn ich sowieso schon so weit naß bin, könnte ich doch auch gleich im Stehen ... nein, keine gute Idee! Weiter nach einem Örtchen suchend, entdecke ich vor mir einen abschüssigen Hang, der unten an einem schmalen Bach endet. Das Fließwasser animiert nicht nur zum Pieseln, sondern lädt auch ein, auf Po in nassem Gras da hinein zu rutschen. Das gefällt weder meiner Jeans noch mir.
Langsam ist mir alles egal, ich gehe unbeschadet zurück auf meine Bermuda-Dreieck-Wiese, wo das Gras nicht weniger hoch und nass ist. Da gibt es einen kniehohen blühenden Busch, den ich leider biologisch nicht im Zeitraffer auf Augenhöhe wachsen lassen kann. Not ist Not – jetzt oder nie! Ich gehe in Hockstellung mit meinem freigelegten Po Richtung Busch, nicht ins total Freie. Ich schaue weder in die Luft noch nach vorn, links, rechts, hinten, sondern wie mit Scheuklappen stur nach unten auf die Wiese vor mir. Wie ein Kind, das sich mit zugehaltenen Augen einbildet, auf diese Weise nicht gesehen zu werden. Bei mir funktioniert das nicht, weil ja die vorbeifahrenden Auto-Piloten bereits durch Puma samt Warnblinkanlage auf mich und meine momentane Sonderstellung aufmerksam gemacht werden. Auf meinem Bermuda-Dreieck präsentiere ich mich nach allen Seiten offen wie auf dem Silbertablett. Vorhang auf! Rechts von mir die Arnheim-Abbieger, links von mir die Hannover-Fahrer, noch weiter links auf der Gegenfahrbahn ist ein Stau, bei dem besonders die Lkw-Fahrer von ihrem hohen Thron den freien Blick auf mich haben. Vorhang zu! Nach dieser bühnenreifen Präsentation mit bewußter Umweltverschmutzung warte ich total erleichtert auf den ADAC, der nach ca. 20 Minuten eintrifft.
Ich fahre seit 1972 eigene Autos, habe noch niemals Pannenhilfe benötigt und bin deshalb kein ADAC-Mitglied. Und dies ist meine erste Begegnung mit dem Gelben Engel, der schon etwas älter ist und weder ein Hemdchen trägt noch Flügel oder Heiligenschein hat. Er demontiert das, was vom rechten Vorderrad übrig ist und montiert meinen Ersatzreifen. In 30 Minuten ist alles fachmännisch erledigt, auch meine Einwilligung zur ADAC-Mitgliedschaft - eine geschäftstüchtige Strategie!
Obwohl mein Puma jetzt 3 Winter- und 1 Sommerbeinchen hat, erlaubt mir der Senior-Engel, mit höchstens 80-100 km/h zurück nach Düsseldorf zu fahren. Da ich ja in Gegenrichtung „parke“, bietet mir der Engel an, mich mit einigen Runden ums AK Oberhausen auf die A3 zu lotsen - zurück nach Düsseldorf. Ich fahre artig hinter ihm her, alles funktioniert bestens, an entsprechender Stelle verabschieden wir uns im Fahren per Winken, Hupen, Blinken. Diese hilfreiche Aktion rundet den positiven Eindruck der Pannenhilfe ab.
Der Leiter der Düsseldorfer Auto-Werkstatt staunt nicht schlecht, als ich ihm den mickrigen Rest des ehemals rechten Vorderrades zeige. Es bleiben viele Fragen offen: Habe ich einen Nagel auf der Fahrbahn genau auf dem Kopf getroffen? War es ein Montage- oder Materialfehler? Wollte mich der Gelbe Engel endlich kennen lernen? Sollte ich den beiden netten Weseler Helfern begegnen?
Eines ist aber sicher: Ich hatte bei dieser „Premiere des geplatzten Reifens“ ein ganzes Team von Schutzengeln - und sage Danke!

rheinsurf / Gisa
Oktober 2008

reifen

Autor: rheinsurf

Gisa Uhrigshardt

Artikel Teilen

 

Artikel bewerten
4 Sterne (11 Bewertungen)

Nutze die Sterne, um eine Bewertung abzugeben:


0 0 Artikel kommentieren
Regional > Düsseldorf > Erlebnisberichte > Puma-Panne