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Wie lange Tröpfchen mit seinen neuen Freunden schon zwischen Himmel und Erde hin und her reist, weiß es nicht. „Zeit“ ist ihm unbekannt. Es empfängt wohl Kälte, Wärme, Licht, Dunkelheit, und in manchen Nächten das silberne Lächeln des Mondes.
Schon manchen Erdteil hat es kennen gelernt, sogar Menschen mit dunkler Hautfarbe - Menschen, die in Hütten wohnen und vom Jagen leben. Dort landete Tröpfchen doch tatsächlich einmal auf dem Rücken eines Löwen, der es eine Weile hin und her schaukelte, bis Tröpfchen verdampft war.


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Ein kurzes Reiseerlebnis war das, genauso kurz, wie auch die Reise nach Amerika, von der Tröpfchen nur das Dach eines Wolkenkratzers, auf dem es gelandet war, in Erinnerung hat. Zum Glück hatte die Sonne es schnell von diesem unglücklichen Ort geholt. Nein, nach Amerika möchte es überhaupt nicht mehr.
Genauso wenig will es in den hohen Norden, wo es auch schon einmal gewesen war. Dort wohnen die Menschen in Iglus, tragen dicke Felljacken und Fellstiefel und leben vom Fischfang. Schrecklich kalt war es dort! Aber die Menschen waren freundlich und fröhlich, vor allem die Kinder. Die hat Tröpfchen besonders kennen gelernt, denn es war mitten in einer fröhlichen Kinderschar gelandet. Aber das ist schon lange her.

Einen Wunsch hat es schon noch. Es möchte einmal Palmen sehen und auf dem Rücken eines Kamels durch die Wüste getragen werden. Sicher, es wäre auch nur ein kurzes Abenteuer.

Die Hitze würde es schnell wieder zurück in den Tröpfchenhimmel schicken. Aber das würde es schon in Kauf nehmen, wäre da nicht das Risiko, direkt im Wüstensand zu landen und vom breiten Fuß eines Kamels tief in den Sand gestampft zu werden. Was würde dann wohl mit ihm geschehen?

Im Augenblick befindet sich Tröpfchen ganz hoch am Horizont, weit von der Erde entfernt, zu weit, um da unten etwas erkennen zu können. Faserich-weiß, von seidenartigem Glanz als Teil einer Gruppe Federwolken wartet es sehnlichst darauf, seine Tröpfchen-Gestalt wieder anzunehmen. Bis dahin bleibt ihm nichts anderes übrig, als von seinen letzten Reiseerlebnissen in den Bergen zu träumen oder seinen Brüdern und Schwestern zuzuhören, die sich nach und nach einfinden und sich ihre Erlebnisse erzählen.
Je mehr sich da oben versammeln, um so mehr verwandeln sich die Federwolken. Sie werden dichter, schwerer und kommen der Erde immer näher, bis der Himmel sie nicht mehr halten kann.
Dann geht es, juhu! in ein neues Abenteuer, tiefer, tiefer und - schwupp, da landet Tröpfchen auch schon auf einem riesengroßen Stein, gleich neben einer Öffnung, aus der tausend und abertausend andere Tröpfchen sprudeln.

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„Wo kommst duuu denn her? Du nimmst den falschen Weg. Nach hier kommt man nicht vom Himmel, sondern aus der Tiefe der Erde“, hört Tröpfchen eine Stimme.
„Wer bist Du?“ fragt es.
„Ich bin der Erdgeist und wohne in dieser Felsspalte. Die Tröpfchen, die aus meinem Reich kommen, sind stark, weil sie von Mineralien durchdrungen sind, die sie aus der Tiefe aufgenommen haben. Mit ihnen kannst du es nicht aufnehmen. Du bist viel zu schwach“.
Tröpfchen ist ganz still. Von Mineralien hatte es noch nie etwas gehört...
Kann es ja auch nicht. Mineralien würde es nur aufnehmen, wenn es in der Erde versickerte und mit den verschiedensten Steinen in Berührung käme, die ihm alle nur von ihrer Kraft etwas abgeben würden. Doch bis jetzt ist Tröpfchen immer ganz behutsam von der Sonne aufgenommen worden.
„Warum glucksen und gurgeln deine starken Tröpfchen denn so laut, als würden sie ersticken?“ fragt Tröpfchen den Erdgeist.
„Weil sie jetzt Sauerstoff atmen müssen, denn tief unten in der Erde gibt es keinen“.
Ganz schnell ist Tröpfchen von dem Stein gerollt, hat sich unter die glucksende Meute gemogelt, ohne das prahlende Geschwätz des Wassergeistes weiter zu beachten. Niemals will es im Erdreich versickern, ohne Sauerstoff leben, und sich mit Mineralien, egal, was das wohl sein mag, voll stopfen, nur um von diesem Erdgeist für stärker gehalten zu werden. Fröhlich fließen will es. Und überhaupt, es fühlt sich auch so stark.
Nicht zu unrecht nennt man das Tröpfchen Vorwitznase. Ja, es steckt gern seine Nase überall hinein - ist direkt hungrig auf alles Neue. Der dumme Erdgeist kann viel erzählen. Gut, in seinem Reich mag er wohl Bescheid wissen. Aber Tröpfchen weiß dafür mehr von der übrigen Wasserwelt. Zum Beispiel weiß es, welch ein dramatisches Gewimmel von winzigen Tieren dort herrscht, die alle damit beschäftigt sind, das Wasser klar zu halten, die Pflanzen zu nähren, die dann ihren Sauerstoff dem Wasser weitergeben. So ist es überall, wo es Wasser auf der Erde gibt. Getier und Pflanzen arbeiten sich zu, bilden eine starke Gemeinschaft, zusammen mit Millionen von Tröpfchen, mit oder ohne Mineralien; denn das wichtigste ist nun mal der Sauerstoff, ohne ihn würde alles sterben.
Bei diesem Gedanken fühlt sich Tröpfchen stolz und glücklich, denn da, wo es sich gerade gemeinsam mit seinen, sozusagen, gestärkten Brüdern und Schwestern den Weg zu bahnen beginnt, gleich unterhalb der Quelle, wo das Wasser am sauerstoffhaltigsten ist, tummeln sich Scharen von Forellen. Tröpfchen genießt die Berührung mit ihnen. Aber inmitten der Tröpfchen-Meute ist ein Verweilen einfach nicht möglich. Unaufhaltsam wird es mitgerissen. Der Lauf führt über Wiesen, mal nach rechts, mal nach links, immer auf der Suche nach dem richtigen Weg.

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Manchmal begleiten Frösche, Fischotter, Flussbarsche den immer breiter werdenden Fluss, der allmählich etwas ruhiger wird.
Huuu! Für Sekunden sitzt Tröpfchen doch tatsächlich auf dem Flügel einer Libelle, die das Wasser streift und im Weiterflug Tröpfchen gleich wieder abwirft.
Plötzlich färben sich Tröpfchen und das Wasser ringsum für einen Augenblick grün/blau, weil ein farbenprächtiger Eisvogel geflogen kommt, der einfach mit seinem Schnabel mitten durch Tröpfchen hindurch pickt, um einen Wasserfloh zu fangen.
Irgendwann nähert sich der Fluss einer Stadt. Spaziergänger am Flussufer lassen Tröpfchen jauchzen. Durch eine Stadt zu fließen ist immer mit großen Abenteuern verbunden. Dabei war es Tröpfchen noch nie langweilig geworden.
Doch dann? - O Schreck! Nach der nächsten Biegung befindet es sich in einem Seitenarm, wo rostige Rohre stinkendes Wasser in den Fluss spucken und ihn trübe und trüber werden lassen. Dem Tröpfchen wird speiübel. Schaum, Papier, Windeln, Tuben, Büchsen und Küchenabfälle machen ein Dahinfließen fast unmöglich.
Oh! Wie sehnt es sich doch in diesem Moment nach einem klaren Bach. Auch das Meer wäre ihm recht - sogar auf dem Dach eines Hochhauses würde es jetzt lieber sein, als in diesem Schmutz.
Durch große Gitterstäbe, die den sperrigen Unrat zurückhalten, geht der Weg weiter über Schotter und Kies. Einen Augenblick glaubt Tröpfchen in einem Bachbett zu sein, aber es befindet sich im Sandfang einer Kläranlage. Erfreut nimmt es wahr, dass es wenigstens wieder fließen kann, dass ihm keine schmutzigen Windeln und Küchenabfälle mehr die Luft und die Sicht nehmen.
Plötzlich fällt Regen in die stinkende Brühe. „Iiiii! Baaaa!“ rufen die frischen Tröpfchen, „wo sind wir denn hier gelandet? Wir sind vom Himmel gekommen, um Felder und Wiesen zu tränken, Bäche und Flüsse zu füllen, und nicht, um in diesem Dreck unseren Glanz zu ruinieren!“


Tröpfchen weiß nicht, wie viel Zeit schon vergangen ist, aber es fühlt, dass hier etwas Besonderes geschieht, dass es ihm nach und nach besser geht. Schotter und Kies spürt es nicht mehr, doch jetzt pflügen große Schieber durch das Wasser und befreien es von Schlamm, Öl und Fett.
Vielleicht ahnt es ja schon, dass es kurz davor ist, wieder ein schönes glänzendes Tröpfchen zu sein?
„Dieses Gewimmel hier kenne ich doch!“ ruft es erfreut.
Ja, es befindet sich in einem Becken zwischen einem vielfältigen Gemisch kleiner Tierchen. Das Belebungsbecken, wie es sich nennt, ist die letzte Station, bevor Tröpfchen wieder dem Kreislauf des Wassers zugeführt wird. Es war zwar seine schrecklichste Zeit, doch ist ihm nach diesem Erlebnis klar geworden, dass es nie verloren gehen würde, auch nicht, wenn es glaubt, unbrauchbar geworden zu sein, wie in den letzten Tagen. Die Menschen würden es schon wieder reinigen, weil Wasser kostbar und wichtig für den Fortbestand der Erde ist.
Ob Tröpfchen weiß, dass an der Verunreinigung des Wassers auch die Menschen Schuld haben?

Die nachfolgende Geschichte folgt im ca. drei Wochen.

03.06.2010 Etti Ruhöfer




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