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Regentag-Mit dem Bus zur Arbeit


Ein scheußlicher Montag! Regen, ein vollgestopfter Bus.
Scheibenwischer quälen sich quietschend über die
Frontscheibe. Immer das gleiche, quetschen, schupsen,
gähnen, der Kampf gegen die Schwere der Augenlieder. Wie
der gegenüber mit den ausgestreckten Beinen, der hat schon
aufgegeben. Oder – der auf der anderen Seite, bei ihm ist schon
jeder Muskel erschlafft.- Gleich wird ihm die Tasche aus der
Hand fallen.
Ich erwische noch einen Platz. Gelangweilt male ich einen
Kreis auf die beschlagene Fensterscheibe – sieht aus wie ein
See in einer nebligen Landschaft. Tropfen rollen über seinen
Rand, zerreißen ihn. Ich male noch einen. - Für jeden Monat
einen? Ja, wenn es klappt, könnte ich es in zwei Monaten so
gut haben wie Paul. Der genießt sein Rentnerdasein und die
neue Wohnung schon ein paar Jahre. - Nur noch zwei Monate?
Der Gedanke gefällt mir. Vorruhestand war das auslösende
Wort. Seit Wochen geistert es durch das Büro – hat sich
festgesetzt in meinem Kopf…..
Bahnhof-Ost. Die Tür klemmt, geht ein paar Mal auf und zu,
bevor sie sich öffnet. „Scheiß Tür! Der Mief hier ist ja
ätzend!“ schimpft eine mit lila Haaren. Rücksichtslos drängt
sie sich durch die müden Leiber, in der Hand den demolierten
Schirm, der in der Tür hängen geblieben war.
Meine Kreise sind ineinandergelaufen – nur noch eine
unruhige Fläche hinter der das Leben auf der Straße unförmig
und verwischt erscheint.
Irgendwann ist der Bus leerer geworden. Ich will es mir
bequemer machen, aber der, der neben mir steht, hält sich wie
ein Affe an der Haltestange fest, schiebt mir dauernd die
Mütze vom Kopf…..
Da, eine Vollbremsung! Die mit den lila Haaren ist dem Affen
direkt in die Arme gefallen. Nun hängt der wenigstens
manierlich da, hält sich noch mit einer Hand an der Stange
fest.
Ich male wieder einen Kreis. – Nur noch zwei Monate. Der
Gedanke beflügelt mich. Ich male noch einen Kreis – noch
einen – und noch einen – fühle mich plötzlich beobachtet.
Schräg gegenüber sitzt eine ältere Dame, schaut mit strengen
Augen zu mir hin und schüttelt missbilligend den Kopf. - Was
mag sie wohl denken? – Schlimmer als Kinder? – oder dass
ich wohl zu alt sei für solche Spielchen? Mir ist es egal, was
sie denkt. Ich finde es einfach schön, ab und zu wieder Kind
zu sein. Wie gern möchte ich doch der Dame eine lange Nase
machen. Sicher würde sie dann ihre rümpfen, wie sie es
bestimmt auch über die Montagsmüden getan hätte, wäre sie
ein paar Haltestellen früher in den Bus gestiegen. „So rekelt
man sich doch nicht in der Öffentlichkeit“, hätte sie wohl
gesagt, zumindest aber mit dem Kopf geschüttelt.
Meine Gedanken sind schon wieder in der nahen Zukunft. Viel
Zeit werde ich bald haben. Erst möchte ich nach Herzenslust
bummeln gehen, im Park in der Sonne sitzen – nein lieber
unter einem Baum. Die Sonne tut mir nicht mehr so gut. Ja,
ich werde es genießen, all das tun zu können, wozu mir der
stressige Alltag jetzt nicht die Zeit lässt. Dann wünscht ich mir
einen sonnigen Herbst…….
Ich fühle mich immer noch beobachtet, muss jetzt aussteigen.
Ob die Dame mir wohl einen verächtlichen oder bedauernden
Blick mit auf den Wege geben wird? Am liebsten möchte ich
ihr zum Abschied sagen: Mach’s gut, alte Dame. Mal doch
auch mal einen Kreis auf die Scheibe und schau lächelnd
hindurch. Vielleicht erblickst du ja die heitere Seite des
Lebens.

Etti Ruhöfer

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