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Ein Wellensittich erzählt

Hallo, da bin ich. Gerade habe ich mich durch eine harte Schale gekämpft. Es ist eine dunkle Höhle in der ich mich befinde, sie hat ein rundes Loch, durch das etwas Helles scheint. Neben mir zappelt und wuselt noch etwas Weiches. Durch das Loch kommt plötzlich etwas Großes, die anderen neben mir fangen an zu piepen und sperren ihren Schnabel auf – mache ich natürlich auch. Nun wurde uns etwas Breiiges in den Schnabel gewürgt. Dieses große Tier legte sich dann auf uns, es wurde schön warm. Mir wurde bewusst – weiß auch nicht wie – das dieses ein Teil meiner Eltern war.

Über mir ging ein großer Deckel auf, es schaute jemand herein und meinte - prima wieder vier blaue. Mit der Zeit wurde ich größer und größer. Eines Tages kletterte ich durch das Loch und war in einem Käfig. Meine Eltern und auch schon zwei Geschwister waren hier. Ringsherum war ein lautes Piepen und Flöten. Ich wusste gar nicht was hier los war, ist ja auch logisch, wie soll ein so kleines Köpfchen das alles so schnell verarbeiten. Gegenüber von mir war ein großes Gehege, in dem viele von uns herum flatterten. Da ich nun mittlerweile die Menschen- und Vogelsprache verstand, sagten mir meine Eltern „in dieses Gehege kommst du auch bald, aber vorher bekommst du noch einen Ring an dein Bein und dann kommen bald Menschen, die dich mitnehmen. Sie sehen so aus wie der Mann, der uns allen immer Futter bringt. Er heißt Otto – musst du dir merken“.

Dann war es soweit, Otto kam und nahm mich in die Hand. Das war unangenehm, sage ich euch. Er nahm einen offenen Ring, machte ihn um mein Bein, nahm eine Zange und quetschte den Ring zusammen. Jetzt machte er die Tür zum Gehege auf und öffnete seine Hand. Schnell flog ich los, plumps saß ich auf der Erde. Es war nicht so einfach mit der Fliegerei, aber das hatte ich schnell gelernt.

Als ich einige Zeit in diesem großen Gehege war, kam Otto und fing mich ein. Er steckte mich in einen kleinen Käfig und trug mich durch einen Garten, in dem einige grüne Bäume und Sträucher waren, zu einem großen Haus. Ich war noch mit meinen Gedanken im Garten, denn es wäre zu schön gewesen, hier herum zu fliegen, als er plötzlich sagte: „Hier Paula – war seine Frau – hast du einen wunderschönen blauen Wellensittich“. Ach so, ich war ein Wellensittich, bin ja nicht eitel aber durch seine Worte fühlte ich mich sehr geschmeichelt. Legte meinen Kopf zur Seite, gab einige Töne von mir, sah Paula mit blinzelnden Augen an. Mann, war die von mir begeistert, sie freute sich ganz toll.

Ich wurde der Liebling der Familie. Da waren außer Paula und Otto noch zwei Jungens. Jetzt ging mein Leben erst richtig los. Ich machte nur Blödsinn. Einiges werde ich jetzt mal davon erzählen. Halt stopp, zuerst muss ich mal folgendes sagen: Wenn ich in meinem Käfig saß, meistens durfte ich frei im Zimmer fliegen, setzte sich Paula davor und sagte mir bestimmt jeden Tag eine Stunde lang immer wieder zwei Worte „Hansi (Nachname)“ immer und immer wieder, was sollte das? Könnt ihr euch vorstellen wie nervig so etwas ist! Irgendwann dachte ich, jetzt sage ich das auch, dann hört sie schon auf. Gesagt getan. Könnt ihr euch vorstellen was dann los war als Otto kam. „Otto, Otto, Hansi sprich”, so wurde er empfangen, „pass auf, gleich sagt er wieder seinen Namen“ – denkste, ich war stur.

Wenn ich frei herum geflogen bin, benutzte ich alles Mögliche als Landeplatz. Mal die Köpfe meiner Mitbewohner, deren Schulter oder ihre Hände, auch alle anderen Gegenstände wurden benutzt. Saß ich bei jemandem auf der Schulter, ging ich, da er es nicht bemerkte, im ganzen Haus spazieren.

Paula saß viel an einer Nähmaschine, nähte und reparierte für die Familie. Da ich immer sehr neugierig war und dieses Rattern sehr interessant fand, hüpfte ich immer auf dem Stoff und dicht bei der Nadel herum. Paula schimpfte, weil ich ihr immer im Wege saß und es auch gefährlich war. Einmal, Paula oder ich passten nicht auf, schwups waren meine Schwanzfedern mit der Nadel, dem Faden und den Textilien vernäht. Ich wollte weg und verlor dabei die Schwanzfedern. Paula rief: „Ach Gott ach Gott, was nun, der arme Vogel“. Otto beruhigte sie, die Federn wachsen wieder nach. So war es nun mit der Fliegerei erst mal vorbei, denn ich konnte nicht mehr steuern.

In dieser Zeit saß Paula wieder immer vor mir und redete und redete den gleichen Satz. „Hansi (Nachname und neu die Adresse)“ mein Gott, war das wieder öde. Na ja, nach einiger Zeit tat ich ihr den Gefallen und plapperte das nach, was sie hören wollte. Mit der Zeit machte mir das Erzählen auch Spaß. Viele neue Wörter lernte ich, auch die Haustürklingel konnte ich nachmachen; das war immer ein Spaß. Nachdem meine Schwanzfedern gewachsen waren, konnte ich auch wieder gut fliegen, es wurde auch Zeit.

Mittags hat die Familie immer im Wohnzimmer gegessen, da die Küche zu klein war. Hatte man vergessen mich einzusperren, flog ich auf den Tisch, setzte mich auf den Tellerrand und naschte von der Suppe. Einmal flog ich direkt den Tellerrand an – au backe – der war glatt und rutsch, lag ich in der Suppe. Das war eine Schweinerei, die Suppe schwappte auf den Tisch, meine Federn waren verklebt, aber man bekam alles wieder sauber. Diesen Anflug machte ich nur einmal. In Zukunft wurde wieder nur auf dem Tisch gelandet, dann vorsichtig auf den Rand und etwas probiert.

Abends wenn meine Leute zusammen saßen, hatten sie immer Gläser vor sich stehen. Was da wohl drin ist, ob das so schmeckt wie mein Wasser? Ausprobieren, auf den Rand setzen, festkrallen, Kopf nach unten und trinken. Schmeckte besser als mein Leitungswasser. Nun legten sie immer Deckel auf die Gläser, so ein Mist. Hatten sie aber fast alles ausgetrunken, dachten sie, da unten kommt er nicht mehr dran – denkste – ich auf den Rand, festkrallen, den Körper ganz tief ins Glas gebeugt und die Reste von ganz unten geschlürft. Einmal bin ich mit dem ganzen Glas umgefallen.

Ich war wohl so zwei Jahre alt als ich mal wieder auf dem Fenstergriff saß und sah, dass es draußen nicht mehr grün sondern alles weiß war. Es war also nichts los, so setzte ich mich bei Paula auf die Schulter, zupfte an ihren Haaren, schmuste an ihrer Wange, als es klingelte. Paula ging nach unten und hatte nicht bemerkt, dass ich noch auf ihrer Schulter saß, öffnete die Tür und ich war weg. Sie rief und rief, aber ich kam nicht zurück. Die waren bestimmt alle sehr traurig, weil ich weg war. Es war kalt und wurde sehr schnell dunkel. Nun, ich war ja kein blöder sondern ein schlauer Vogel. Da… ein helles Fenster, ich hin und immer mit meinem Schnabel an das Fenster geklopft. Gott sei Dank, sie hörten mich und öffneten das Fenster, ganz schnell flog ich hinein.

Die Leute haben mich gut behandelt, aber ich war traurig in der fremden Umgebung. So nach ein paar Tagen viel mir wieder ein, dass ich ja schlau bin und dachte, so fang doch mal an zu erzählen. Ich schnabbelte so vor mich hin und sagte auch meinen Namen und Adresse. Es hat etwas länger gedauert bis die Leute begriffen, was ich sagte. Sie verpackten mich in einen kleinen Karton und trugen mich fort. Sie brachten mich zu meiner Familie. Ihr könnt euch denken, wie die und ich mich gefreut haben. Es war doch gut, dass mir Paula mit so viel Geduld das Sprechen beigebracht hatte. So vergingen mit viel Spaß noch ein paar Jahre. Irgendwann wurde im Haus ein Baby geboren. Alle hatten Angst, ich würde auf das Baby Krankheiten übertragen – so ein Unsinn. Ich musste Abschied nehmen und kam zu einer Frau in der Nachbarschaft. Erst war ich sehr traurig, aber die Frau war sehr nett und lieb zu mir. Bald fühlte ich mich auch hier zu Hause. Viele Jahre lebte ich noch hier, bis ich zu alt und schwach war und mich in den Vogelhimmel verabschiedete.

Dieses ist eine wahre Geschichte und wurde von Otto´s Sohn geschrieben.

Autor: ehemaliges Mitglied

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