Alle zwei Monde
Es war von jeher eine Plage stillzuhalten bei dieser Prozedur, gefangen im eisernen Griff der Schnitterin. Spitze Schreie nach jedem Kitzelangriff, diesen piksenden Attacken ausgeliefert und erleichtert, mal wieder entronnen zu sein.
Nun ist dies Unterfangen heutzutage nicht weniger nervenaufreibend, es findet jedoch seltener statt, denn der Aufwand hat sich erheblich erschwert. Ich benötige eine Plastikschüssel mittlerer Größe, eine gute Handvoll „Totes-Meer-Salz“, nicht gar zu heißes Wasser, diverse Handtücher und einen Nagelknipser für Senioren.
Ah… Welch entspannendes Gefühl sich wohltuend von Fuß bis Kopf beim Eintauchen der gebeutelten Gehhilfen ausbreitet.
Doch dann wird es ungemütlich, abtrocknen und streng der Reihe nach geschnittert. Verdammt! Ich komme ins Schwitzen, denn es ist harte Arbeit. Ich gehe zielstrebig vor und sammle die Ernte in einem hellblauen Frotteetuch.
Mein Rücken meckert, meint: „Haste 'se noch alle?“
„Shut up!“ entgegne ich roh.
Halbzeit.
Stoisch greife ich nun durch, AUTSCH!, und erschrecke ob dieser knorrigen Vielfalt, welche durch meine Finger bröselt. Der nachwachsende Rohstoff wird dann sorgsam in eines der größeren Tücher gehüllt. Und ich schüttele, beherzt ausholend, den organischen Langzeitdünger über die Balkonbrüstung, welcher mit Hilfe einer ungebetenen Windböe direkt auf des Nachbars verwaisten Gartentisch landet.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt schwöre ich „Das nächste Mal suchst du dir eine Fachkraft für solche Angelegenheiten, denn gelernt ist halt gelernt!“, obwohl mir exzellentes Werkzeug zur Seite steht, ist es jedes Mal 'ne Strafe.
Während ich den Beschnittenen hingebungsvoll Fuß-Balm-Minze gönne, den Hallux rigidus mit kostbaren Aura-Soma Essenzen beträufle, und meine ewig rauen Fersen mit ein paar Tropfen Dr. Blomes Kräuteröl benetze, weiß ich doch, sie sind bei mir in den allerbesten Händen, meine Lastenträger, diese treuen Sherpas!
Es klingelt Sturm!
Cremefüßig watschle ich zur Tür.
Herr Grützner wedelt aufgebracht mit einem Kehrblech voller Hornspäne…
„Sie, Sie…!“ – geifert er mit sich überschlagender Stimme – „… Sie unverschämtes Ferkel! Mir fehlen die Worte!“
Mir auch, Herr Grützner!

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