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Weiberstammtisch

Einmal im Monat ist das "Quattro Passi" ihr Ziel und Enzo der Wirt verwöhnt sie mit Köstlichkeiten aus Salerno. Für ein paar Stunden entflohen dem Alltag, welcher samt den Wintermänteln an der Garderobe parkt. Der Vino Rosso à la Casa färbt blasse Wangen purpur und löst geschickt die Zungen.

Freundinnen beim Kaffeklatsch

Da wäre Juliane, eine taffe Geschäftsfrau, mit flinken Blicken fixiert sie das Umfeld, sie lebt mit ihrem unheilbar erkrankten Freund im ererbten Häuschen seiner Großmutter. Ihre Opferbereitschaft dem Lebensgefährten gegenüber hat jedoch Grenzen, denn Juliane steigt regelmäßig mit einem anderen Mann ins Bett.

Neben Juliane sitzt Ute, diese schöne, etwas unterkühlte Person, sie leidet an einer (noch) nicht erforschten Hautfaltenphobie. Tapfer kämpft sie gegen die Gesetze der Natur und selbst im höchsten Sommer verlässt sie nur perfekt vermummt das Domizil.

Ute versteht sich gut mit Loni, deren wasserhelle Augen so "bleu comme la mer" sind. Lonis großporiges Antlitz bildet einen krassen Gegensatz zu ihrem sensiblen Wesen, mit fast kindlicher Neugier neigt sie sich zu Ute, lächelt spitzbübisch und führt mit gespreizten Fingern das bauchige, gut gefüllte Glas zum Mund. Und wenn Loni die Aufgabe erfüllen darf, ihre Enkelin Sontje zu hüten, das Kind jedoch nach seiner Mutter schreit, meint Loni sanft, sie "fremdelt" nur.

Loni kennt Ronja aus früheren Zeiten, diese belesene, vor allem nicht männerfeindliche Witwe, deren legendärer Ausruf: "Bitte klonen" beim Daherkommen eines feschen Mannsbildes garantierte Heiterkeit auslöst. Ihr kompliziertes Rückenleiden lässt sie unentwegt von anerkannten Experten behandeln.

Ronja mag Carola, die Jüngste unter ihnen, welche sich jedoch nie jung genug fühlt, denn ihr Ehemann ist 15 Jahre vor ihr geboren, und dessen enormes Sexverlangen trieb sie bereits auf die Couch sachkundiger Therapeuten. Carolas frauliche Rundungen bilden einen reizvollen Kontrast zu den übrigen Gestalten, die sich grenzwertig konstant unter dem BMI-Wert tummeln.

Genussvoll inhaliert Carola das Nikotin der selbst Gedrehten, und legt ihre gepflegte Hand auf den Arm Ritas, einer ehemaligen Vorstandssekretärin, die wegen einer genetisch erworbenen Psoriasis bereits die allerbesten Sanatorien besuchte, bisher jedoch mit mäßigem Erfolg. Rita betreibt moderaten Sport und bewahrt ihrem Haar die Farbe der Jugend. Forsch wirft sie hin und wieder exzellente Sprachenkenntnisse in die Runde und erntet prompt schweigende Fragen, nachsichtig, erklärt sie : "Stammt alles noch aus meinen Vorstandszeiten."

Mit Gerhild gerät Rita öfter in Konflikt, Gerhild, seit 27 Jahren mit einem Kommunalbeamten verheiratet, doch der Angetraute geht seit längerer Zeit mit Lydia fremd. Gerhild verlangt hin und wieder energisch, endlich diese schamlose Liaison zu beenden und bereitet mit dieser anmaßenden Forderung dem Ungetreuen gehörigen Frust. Stets wird sie mit der Androhung "Wenn du das nicht akzeptierst, trenne ich mich von dir" in ihre Schranken verwiesen. Dann hält Gerhild wieder ein Weilchen still und zieht es vor, dauerverzweifelt zu sein.

Biggi ist da von einem ganz anderen Kaliber, ihre raue Whiskystimme übertönt selbst Lucio Dallas "Canzone" auf 90 Dezibel. Die sonnengegerbte Haut, ein Markenzeichen, das spröde flachsblonde, Wuschelhaar verleihen ihr diesen pikanten "Wer will nochmal wer hat noch nicht-Touch.” Der Ruf "Wo sind die Männer” ist die absolute Härte und "Lasst uns ein Fass aufmachen" erntet meist wohlwollendes Nicken bestimmter männlicher Spezies, welche an den angrenzenden Tischen ihre Löffel spitzen. Biggi ist keine, die ihren Dirty Martini selbst bezahlt, denn Biggi wird grundsätzlich eingeladen, ihr ganzer Stolz ist ein "von", das weiterhin ihren Nachnamen veredelt, trotz schmutziger Scheidung vom rechtmäßigen Besitzer.

Fast unsichtbar wirkt Waltraut neben ihr, Waltraut ist Eigentum ihres Gatten, aufgeregt kommentiert sie sämtliche Katastrophen dieser Welt und ihr Lebensmotto ist, alles richtig zu machen, dies hält sie jedoch nicht davon ab, schadenfroh diejenigen zu betrachten, die auf ihrem Lebensweg arg strauchelten.

Doro schließlich, eine zierliche pensionierte Lehrerin, lebt allein und man weiß nicht viel über sie.
Stets wohl bedacht, sich hinter einem freundlichen doch unverbindlichen Lächeln zu verbergen, verfolgt sie höchst aufmerksam die lebhafte, teils hitzige Konversation, um dann gut informiert ihren Heimweg anzutreten, doch leider ohne dieses wunderbare Gefühl, sich wieder Mal so richtig ausgesprochen zu haben.

Autor: galen

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