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Die Krawatte

Die kolumbianische Krawatte (spanisch: corte corbata), gelegentlich auch als mexikanische oder sizilianische Krawatte bezeichnet, ist eine Hinrichtungs- und Foltermethode. Über die Methode möchte ich hier Stillschweigen, da es sonst zu Ohnmachten käme.

Nichts kann einen Menschen, der mich kennt, mehr erschrecken, als mich mit einer Krawatte um den Hals gewunden zu sehen.
Es gibt für mich nichts Schrecklicheres, als mit diesem Galgenstrick der Mode einher gehen zu müssen. Während das weibliche Pendant im Sommer das leicht gebräunte Dekolletee den warmen Sonnenstrahlen aussetzt, zieht man dem Manne einen Strick um den Hals und knotet diesen immer enger zu. Wer hat eigentlich diese Mode kreiert? Ich kann mir nur vorstellen, dass dieser Halsschmuck aus der Zeit stammt, in der man(n) noch am Galgen baumeln musste, ein Galgenstrick also und nichts anderes.
Ein Etwas, an dem uns die Frauen zum Traualtar schleppen oder zur Bank, um eine Bankvollmacht zu erzwingen.

Verschiedenfarbige Krawatten

Für mich ist es eine Schande und vor allem deshalb, weil an dieser scheußlichen Halskrause sich noch nie etwas geändert hat. Während die Damenwelt sich jedes Jahr in Milano und Paris neu bekleiden lässt, unter anderem von einem scheußlichen Klappergestell mit Haarzopf, Sonnenbrille und Vatertöter um den Hals und der selbst im Bett noch seine Handschuhe an behält (Er ist jetzt bei den Engeln).
Verzweiflung erfasst mich immer mehr, wenn ich darüber nachdenke, über diese ewige Krawatte am Hals des Mannes.

Meine endgültige Abneigung diesem Folterinstrument gegenüber fasste ich aber vor einiger Zeit, mindestens aber vor circa 50 Jahren, als ich mit meiner Ehefrau in München auf einer teuren Einkaufstraße flanierte (nie mehr München Kaufinger). „Du guck mal Schatz, dort in diesem Schaufenster, ein toller Anzug.“ Damit wollte sie mich kirre machen. Zuerst das Preisschild ansehen, dachte ich bei mir, zuerst unbedingt das Preisschild. Und ich las auf der Brust der Kleiderpuppe 997,80 DM (es war noch DM-Zeit). „Donnerwetter“, fuhr es aus mir heraus, „das ist ja gar nicht so teuer.“
Ihre Augen erstrahlten Hat er angebissen?

Schon sah sie sich von einem elegant gekleideten Kavalier bekleidet auf den Straßen dieser Welt einher Lustwandeln. Der ganze Anzug inklusive Hemd und Weste, das wäre eine Überlegung wert und wirklich nur DM 997.80?
Sie sagte: Mein großer lieber Dummer, das kostet doch nur die Krawatte, aber sagte sie, die ist dafür aus reiner Seide!“
Das war es dann auch und unser Abendessen verlief ziemlich schweigsam. Und über das Thema Krawatte wurde ein Stellschweigeabkommen geschlossen, was bis jetzt von beiden Seiten, ein paar kleinere Anfälle nicht gerechnet, strikt eingehalten wurde.
Gestern kam ich vom Einkauf nach Hause. Ich betätigte mit dem Ellenbogen die Türklingel, da an beiden Händen Einkaufstüten baumelten. Meine Frau öffnete, stieß einen Entsetzensschrei aus und schlug mir die Türe vor der Nase zu. Durch die Türe hindurch rief sie:
„Schatz, bist es wirklich und nenne mir bitte meinen Kosenamen für dich (den ich aber hier wegen der Verletzung meiner Privatsphäre verschweigen möchte).“
Ich lispelte: „Dein… ist es, dein allerliebster… !“
Dann öffnete sich die Türe zu einem Spalt bei vorgelegter Sicherheitskette. Zwei große grüne Augen sahen mich an und musterten mich von oben nach unten und wieder zurück, ihre erstaunten Blicke blieben auf einen Gegenstand gerichtet, der um mein Hals geschlungen war und zwar mit einem erstklassigen Windsorknoten.
< Eine Krawatte > konnte sie noch hauchen und dann sank sie ohnmächtig in meine starken Arme.
Als sie wieder erwachte, hatte ich einen Espresso zur Belebung hergestellt und ihre erste Frage war:
„Bist du nun völlig durchgeknallt, hast du etwa was angestellt und willst mich beruhigen? Was soll denn das Theater nach fünfzigjähriger Krawattenenthaltsamkeit?“
Gute Frage!
Wie immer ging ich in meinen Lieblings-Discounter um etwas zu finden, was es nur dort zu kaufen gibt; und es gab etwas, was ich unbedingt haben musste:
Eine Krawatte aus dem Angebot eines Supermarktes „Royal Class Selection“ (eingetragenes Warenzeichen). „Handgenäht“ natürlich, gewebt aus feinster reiner Seide in modischer Vielfalt.
Und was solls, werden jetzt die Leser und -innen fragen, was solls, ist das was Besonderes, hä?
Ja, kann ich da antworten, jede Krawatte der modischen reinseidenen Vielfalt kostet nur € 4.99.
Ja OK, aber wo bleibt der Gag?
Nun liebe Leser*innen, mit dem Innenteil dieser Krawatte kann man sich die Nase schnäuzen, die Kochtöpfe auswischen, beim Essen drülen (Drülen ist Alemannisch und bedeutet sabbeln auf Deutsch) so viel man will und, was ich besonders spannend finde, man braucht sie weder beim Duschen, noch in der Badewanne bzw. beim erfrischenden Bad an der See ablegen.
Da ist Großartiges gelungen, die Krawatte wurde einem wirklichen Universalzweck zugeführt, eine Krawatte, die wirklich gebraucht wird und nicht dem Manne nur sinnlos um den Halse hängt.
Eine weltumwälzende Erfindung, die ich höher einschätze als die Erfindung der Glühbirne.
Es ist gelungen dieses männerhälseumspannende, ansonsten nutzlose Schmuckstück endlich zu einem Gebrauchsgegenstand entwickelt zu haben und zwar durch das Hinzufügen von: *Teflon(eingetragenes Warenzeichen)Anti-Fleck-Ausrüstung.
*Teflon eine Erfindung der NASA und in allen Pfannen der Welt zuhause.

Vorbei ist es nun mit Kellnern, die heißes Wasser ranschleppen müssen, wenn die Krawatte in der Suppe hing. Der feine Herr geht einfach mit der 4.99er aufs Klo und wisch und weg. Oder Taschentuch vergessen, in die 4.99er richtig feste rein geschnäuzt und wisch und weg. Der lieben Frau die Töpfe säubern, die 4.99er lässt bequem alles im Glanze strahlen. Wisch und weg und immer wieder wisch und weg.
Supermarkt, wir danken dir dafür. Du bist unschlagbar der Beste im Erfinden immer neuer Innovationen, die uns Menschen Glück und Freude bringen.
Und immer ganz vorne, wenn es heißt:
"Wir machen Deutschland fit für die globale Welt."
Krawatten mit Teflon-Beschichtung sind zu 4.99 das ultimative Geschenk für alle Gelegenheiten um einen Mann endlich in neuem Glanze strahlen zu lassen und liebe Weiblichkeiten, ihr habt für 4.99, nun einen schicken, dankbaren und universell verwendbaren Mann.

Autor: Fiddigeigei

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