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Die Schwarze Witwe oder das Fenster zur Wiese

Ein Kurzkrimi

Zur Erklärung: die Schwarze Europäische Witwe (Latrodectus tredecimguttatus); eine Spinne, die nach dem Geschlechtsakt das Männchen tötet und anschließend auffuttert.

Schwarze Witwe-Spinne

Wenn Fred seinen Kaffee zubereitet, mittags seine Mahlzeit kocht und abends beim Richten seiner Brote, egal wie auch immer, aus dem einzigen Fenster seiner kleinen Küche hinaus auf die Wiese seiner Nachbarn Trudi und Heinz blickt, hat er immer etwas vor Augen. Eigentlich so richtig, wie man sich Nachbarn nach 30 Jahren dicht an dicht wohnend, waren sie nie gewesen. Sie grüßten sich mit einem „Hallo“ oder sie nickten sich einfach nur mit dem Kopf zu. Man war zufrieden und dachte dabei, „ist doch besser als eine Feindschaft.“ Ein „Status Quo“ ist wahrscheinlich der richtige Bergriff für diese Art Nachbarschaftsverhalten.

Eines Tages, die Sonne schien genau dorthin, wo Fred täglich aus seiner Küche blickte, sah er etwas sehr Seltsames. Nämlich genau in seinem Sichtfeld aus dem kleinen Küchenfenster hinaus stand eine Spinne, eine Wäschespinne. Sie war über und über behängt: Schwarze Höschen von Tangas bis Retro-Design. Schwarze BHs, strenge und verspielte. Schwarze Leggins. Schwarze Strumpfhosen, blickdicht. Schwarze Söckchen und Strümpfe. Schwarze Unterhemdchen in verschiedenen Ausführungen. Schwarze Blusen mit und ohne Dekolletees, lang und kurzärmelig. Kurzum: die ganze Bandbreite, was eine Dame so verspielt und kokett darunter und darüber trägt. Noch habe ich mir nichts dabei gedacht, auch als die schwarze Spinne bereits zwei Tage mit dem schwarzen Trauerbehang im Winde flatterte.

Aber nach dieser Zeit, als die Spinne einige Tage unbeflaggt herumstand, kochten in mir Gedanken hoch, die mich gruselten. Hatte ich nicht gesehen, dass Trudi solche blauen Müllsäcke der Sorte „extra stark“ in ihr Auto geladen hat? War Trudi abends, wenn sie gegen 20 Uhr das Haus verließ und erst nach 22 Uhr zurückkam, vielleicht in einen Kurs der Volkshochschule gegangen - „Wie schlachte und zerlege ich mein in der Wohnung ökologisch großgezogenes Schwein fachgerecht und sauber?“ Ein Kurs, der bei ökologisch denkenden Frauen, die Pferdefleisch nicht mochten, großen Anklang fand, wie ich in der Tageszeitung lesen konnte. Hatte Trudi gelernt, einen menschlichen Körper sach- und fachgerecht zu zerteilen. Zumindest wie man Kopf, Arme und Beine abtrennt und zwar in der Badewanne, versteht sich. Sollte ich die örtliche Kriminalpolizei verständigen, Kommissar Gramholz vielleicht, den ich vom Stammtisch kannte? Die ganze Bande würden über mich lachen. Der Fred spinnt, Hahaha, und ich müsste eine Runde schmeißen. Sollte Heinz wirklich in den blauen Säcken bereits entsorgt sein, dann kommt es auf ein paar Tage nicht an. Spinne ich wirklich? Da tauchte wieder das grässliche Wort „Spinne“ auf.

Genau acht Tage später, ich machte gerade das Frühstück halb angezogen, sah ich wieder diese Spinne, diesmal behangen mit: weißen Feinripp-Unterhosen, spitz geschnitten und andere an den Oberschenkel anliegend, bei denen ich ganz deutlich sehen konnten, sie waren alle mit „Eingriff“. Weiße Feinripp-Unterhemden und Muskelshorts, ein weißes Dinnerjackett. Eine weiße Hose. Weiße Socken (sollen out sein). Fünf weiße Überhemden.

...und plötzlich hörte ich den Rasenmäher brummen. Gespannt sah ich auf den Bediener des Gerätes. War es Heinz oder der nächste Kandidat für Trudi, die Schwarze Witwe? Ich schnaufte hörbar, goss mir, ganz konzentriert auf das Geschehen dort auf des Nachbars Wiese, den heißen Kaffee über meine weiße Feinripp-Unterhose.
Es war Heinz!

Autor: Fiddigeigei

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