Die Wechseljahre eines Mannes
oder die Frage:
Wann wird ein Mann ein Mann?
Eine Frage, um die selbst ein zwölfjähriger Bengel, so erinnerts mich noch, nicht herumkommt.
Geschlagen mit gleich 4 (in Worten vier) Schwestern, davon drei älter, und wie es dem weiblichen Geschlechte zusteht, viel gescheiter als ich, war ich verdammt dazu, recht früh in die Wechseljahre eine Mannes zu rutschen.
Mit der Frühreife hatte ich weniger zu kämpfen, denn durch die Überzahl der weiblichen Wesen in meinem Umfeld hatte ich mir vorgenommen, in den Berufsstand eines Mönches einzutreten und mich so für ein Leben lang ganz der holden, mir unverständlichen und aufdringlichen Weiblichkeit zu entziehen.
Dann wurde ich 16 und mein Berufswunsch als Mönch, mein Leben der „fleischlichen Enthaltsamkeit“ zu opfern, wurde schwächer und schwächer; denn es gab da Mädchen einer anderen Art als die, die da waren und wirkten wie meine Schwestern. Und ich begann mir freiwillig den Hals zu waschen, den ich sonst bei der Reinigung – die sowieso sehr spärlich war – immer vergessen habe.
Zu meinem 16. Geburtstag schenkten mir meine 4 boshaften Schwestern einen Rasierapparat und einen Rasierpinsel – und das war die größte Boshaftigkeit der Viererbande – es gab überhaupt nichts an meinem Kinn, was einer Rasur bedurfte.
Dann endlich mit 18 wuchsen spärlich Haare dort, wo ich es besonders gerne üppiger gesehen hätte und auch die zwischenzeitlich bei mir immer beliebtere Damenwelt hätte besser erkennen können, da kommt ein Mann, ein echter Mann daher!
Aber das Leben geht weiter und langsam beginnt die angebliche Zierde des Mannes zu einem Problem zu werden. Und die größte Problemzone ist das Kinn.
Stehe ich heute vor dem Spiegel, nicht um mich schön zu machen oder gar schön zu finden, wie es das weibliche Geschlecht stundenlang vor dem Spiegel treibt, nein, nein der Mann versucht sich seines überdrüssigen Bartes zu entledigen, der sich zu einer Stahlbürste entwickelt hat und nur schwer und mit äußerstem Kraftaufwand zu entfernen ist. Dabei kann sogar die Haut in Fetzen gehen und man muss zum Alaunstein greifen, um das fließende Blut zu stoppen.
Trotz dieser Tortour erfolgt meist der typischer Ausruf seiner Liebsten:
"Huch – du stoppelst doch schon wieder"
Und der Mann?
Er steht hilflos da, als unschuldiges Opfer seiner sexuellen Sucht (eine Urkraft, die bereits mit dem Urknall in das männliche Verhaltensmuster eingewebt wurde – siehe Darwin „Die Evolution“) und versucht vergebens seiner Liebe des Lebens einen Kuss aufzubrennen.
Da hilft kein Braun Komfort oder der Philips 3fach Scherkopf, selbst ein Remington kommt ins hilflose Stottern. Gilette-Klingen stumpfen ab. Erfolg null!
Nach einiger Zeit und nach dem Verschmerzen zweisamer Kuscheleien und anderen Austauschaggregaten der Zärtlichkeiten dachte ich, warum sich noch mit dem Rasieren solcher Qualen auszusetzen, die nicht zu einem Erfolg führen und weiterhin zum Ausruf „Huch, du stoppelst“ führen. Kurzerhand entschloss ich mich, einem 3-Tagesbart näherzutreten.
Erfolg weiterhin null und Kommentare wie „Typisch alternder Playboy“ oder noch schmerzhafter, „Damit wirst du auch nicht zu Brad Pitt!“
Sogar eine leichte Eifersucht vermerkte ich zu spüren. „Hat er vielleicht eine Freundin, die auf einen Dreitagesbart abfährt?“
Aber ich blieb hart, wenn schon keine Küsse mehr, dann wenigstens keine Schmerzen mehr, beim Rasieren und mein ganz großer Trumpf: „Ich tu es der Umwelt zuliebe“
Weniger Wasserverbrauch, Einsparung beim Stromverbrauch (elektr. Rasur) und keine umweltschädliche Rasierseife (Nassrasur) in die Klärwerke mehr.
Am Ende triumphiert der Mann in uns, wenn es auch ein verdammt schmerzlicher Prozess ist! Übrigens, noch älter geworden, habe ich bereits auf einen 10- Tagebart umgeschaltet. Jetzt ist mir alles schnurzpiepegal.
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