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Im Apfelparadies

Ich stehe mit vielen anderen in der Reihe bei der Obstpresserei und warte geduldig und in Gedanken versunken, bis sich unsere bescheidene Apfelernte in flüssiges süßes und trinkbares Gold verwandelt.
„Herbsten“ wird das bei uns genannt, wenn aus Früchten der Saft gepresst und abgefüllt wird.

Diese jährliche Apfelschlange lässt mich nachdenklich werden. Und die Verbindung zum Paradies aus der Zeit unseren Vorfahren, ist schnell geknüpft.
Apfel und Schlange, da war doch etwas, verdammt noch mal!
Gab es da nicht so eine Mär, dass vor langer, langer Zeit zwei Menschen in einem Garten Eden lebten und dort wie Kinder in den Tag hinein träumten. Tiger und Löwen waren ihre Kuscheltiere. Der Elefant schaukelte sie auf seinem starken Rüssel in den Schlaf. Giraffen mit ihren langen Hälsen bogen ganz hohe Äste herunter, so dass die süßesten Früchte einem direkt vor dem Mund hingen. Affen turnten in den Kokospalmenhainen und servierten die Früchte bereits ohne Schalen.
In den Bächen floss Milch und Honig.
„Es war das Paradies!“

Damals regierte wie heute noch über uns etwas, was wir Gott nennen und der sich entspannt in einem weichen, warmen Thron aus Sternen aalte und gefällig auf den Garten Eden, den er in 6 Tagen harter Arbeit geschaffen hatte, herab sah.
Er genoss die Ruhe, die in diesem Erdenparadies herrschte – was sich aber leider schnell änderte.

Es gab eine Stelle im Garten Eden, die war abgeschlossen, denn dort wuchs ein Baum, der nur Früchte für die himmlische Regierung trug. So eine Art Goldreserve wie im Fort Knox. Der Einsatz dieser Früchte war gedacht, wenn die Orangen/Bananen-Währung ins Wanken geraden sollte; was aber die Himmelsbank für unmöglich hielt.
An der Mauer war ein Schild angebracht, auf dem man groß und breit lesen konnte:

Betreten bei Strafe verboten
Die Oberste Göttlichegartenbehörde

Im Garten des unbeschwerten, lustvollen Lebens trieb sich auch so 'ne Art Opposition herum.
Es war eine Schlange, die aus einem Erdloch kriechend, es hier gar nicht lustig fand und von großer Langweile geplagt wurde, denn es gab ja nichts zu opportunieren.

Ringelnatter vor einem Stein

"He Adam, eh Eva," so hießen die beiden Gartenbewohner nämlich,- ist es euch nicht auch langweilig?" zischelte sie mit gespaltener Zunge?
"Jeden Tag nur gut futtern und Honigmilch schlürfen, merkt ihr nicht, wie euer BMI ansteigt? Bewegung Leute, ihr müsst euch bewegen. Ich denke," sagte sie schlau, "wir sollten einmal einen coolen Blick hinter jene geheimnisvolle Mauer werfen".

Die Drei machten sich auf den Weg. Die Schlange fand ein Loch und kroch unten durch. Adam bildete eine Steigleiter und Eva (tatsächlich stöhnte der Adam etwas unter ihrer süßen Last) - hüpfte über seine Schulter auf die Mauer. Sie reichte Adam die Hände und schwups waren beide im verbotenen Bezirk.
Die Schlange saß bereits im Baum und hatte eine der Früchte – es war ein saftiger ökologisch angebauter Apfel – umschlungen und bot diesen der Eva zum Probieren an.
Sie biss rein, der Saft rann ihr aus den Mundwinkeln, weil sie vor lauter Staunen ihr Mäulchen nicht mehr schließen konnte, Mannomann, so hatte sie den Adam noch nie gesehen!
Und flugs bot sie den angebissenen Apfel dem Adam an; und der sah nach dem ersten Biss nun seinerseits, wie wunderbar die Eva gebaut war. Seine plötzlich geöffneten Augen wanderten über Hügel, lauschige Täler und herrlichen Rundungen.
Beide spürten ein eigenartiges Kribbeln im Bauch und dachten dabei an die elfenartigen Schmetterlinge, die sie im Garten Eden sonst umgaukelten, um ihnen mit ihren engelgleichen Flügeln Wind zuzufächeln.
Die Schlange zischelte "Nun gebt euch doch endlich einen Kuss – ja genau, die Lippen aufeinander pressen richtig so und jetzt umarmt euch – ihr Dösbaddels!"
Da spürten die beiden wie das Blut in den Adern zu rauschen anfing und sie hörten gegenseitig wie ihre Herzen so laut pochten, als wollten sie zerspringen und dann, ja dann...!
Die Schlange schloss anständigerweise ihre Augen.

Nun endlich schrillten die Alarmglocken oben bei dem oben Thronenden – aber zu spät. Fort Knox war geknackt und plötzlich gab es einen schrecklichen Knall und die Erde begann sich knarrend um ihre eigene Achse zu drehen. Und ab der ersten Umdrehung, genau ab diesem Zeitpunkt begann

Das Leben

.

Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch, denn ich war an der Reihe vor der Presse.
Der freundliche Pole dort, drückte mir einen Becher meines aus eigenen Äpfel frisch gepressten und schäumenden Saftes in die Hand.
Und ich trank und trank! Bis auf den Grund!
Mit allen geöffneten Geschmacksknospen meines Mundes genoss ich Schluck um Schluck des göttlichen Geschenkes und trank

"Auf die Liebe – das Geboren werden – und das Sterben"

...und sagte laut Prost.
Der nette Pole antwortete "Na Zdrowie mojego przyjaciela", Prost mein Freund!


Nachsatz:
Als Adam und Eva aus ihrer langen Umarmung erwachten, sahen sie, dass sie nackt waren. Adam wusste gleich ritterliche Hilfe. Er eilte zu einem in der Nähe stehende Feigenbaum und sie bedeckten mit dessen Blättern ihre Blößen.
Lange Zeit also – noch vor Herrn Carl Lagerfeld in Paris – hatte Adam so die Haute Couture erfunden.

Autor: Fiddigeigei

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