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Im Land wo die Zitronen blühen

Sizilien 1990
Warum weiß ich nicht mehr. Aber an einem Apriltag 1990 flogen wir nach Catania. Eine Stadt mit vielen Narben, verursacht durch den Vulkan Ätna. Wir mieteten einen Fiat 500, um der Mafia keinen Anlass eines Überfalles zu geben. Außerhalb der Stadt fuhren wir mit geöffnetem Fenster, in Duftwolken von blühenden Zitronengärten, getragen durch einen warmen Wind des Mittelmeers.

Jetzt kommt aber erst J.W.v. Goethe zu Wort:

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht ’ ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!

Kennst du das Haus? auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht ’ ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg,
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut,
Es stürzt der Fels und über ihn die Flut:
Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin
Geht unser Weg; o Vater, laß uns ziehn!

Unterkunft fanden wir in einem kleinen Ristorante mit Blick aufs Meer und der Sicherheit immer abends frisch gefangenen Fisch zu bekommen.
Unser Reisegepäck bestand aus zwei ordentlich schweren Rucksäcken und Wanderschuhen.
Auf Abendkleid und Smoking verzichten wir schon immer.
In den fast 3 Wochen durchstreiften wir die Insel an Stellen, wo kaum Touristen hinkommen. Wanderten einfach so dahin ohne Steg und Weg.
Erklommen den schneebedeckten über 3000 m hohen Ätna und mussten schnell den Rückzug antreten, weil er der Mächtige, unwillige Rauchwolken gegen uns ausstieß.
Dafür umrundeten wir den feuerspeienden Riesen, mit einem geruhsamen vor sich hin schnaufenden Zügle, welches uns an die Schwäbische Eisenbahn zu Hause erinnerte.
Wir besuchten Dörfchen und Städtchen, wo die Uhren rückwärtsliefen. Saßen mit Schaf- und Ziegenhirten auf den Bergen und speisten mit ihnen zusammen kräftigen Pecorinokäse und Holzofenbrot aus der Hand, tranken dazu herben Landwein und genossen romantische Landschaften um uns herum.
Und abends gab es Fisch, den man sich aussuchen konnte mit Gratisblick auf das Meer, welches von fantastischen Sonnenuntergängen in Gold getaucht wurde.
Mit Wehmut im Herz ging es zurück und jetzt 33 Jahre später in einem fast vergessenen und verstaubten Album sahen wir nochmal alles, frisch aufgebrüht mit Bildern, gesehen durch das Objektiv einer altmodischen uncoolen Kamera.

Die Mafia hat uns unbelästigt gelassen.

Nachruf:
Goethe segelte per Schiff vom italienischen Stiefelende nach Sizilien, wo er Palermo, Alcamo, Castelvetrano, Sciacca, Girgenti, Caltanissetta, Catania, Taormina und Messina besuchte.

Zitronenbaum

Autor: Fiddigeigei

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