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Novemberlicht

Dazu muss ich bei meiner Erzählung etwas ausholen.

Unser Dörfchen, welches zwischen Weinbergen und Esskastanienwälder wohl geborgen, sich dicht unter die ansteigenden Vorberge der windgebeutelten Schwarzwaldes schmiegt, verfügt über viele verstreute einsame Gehöfte und Weiler.

Und genau in einem solchen Weiler, fast 600m hoch, romantisch an einem rauschenden Bächle gelegen und genau dort liegt unser altes Wirtshaus, von dem ich erzählen möchte und wo uns ein Novemberlicht leuchtete.
Genau dorthin, wurden wir „zum Licht gehen“ eingeladen. Das Wetter hatte gut vorgesorgt und in der Höhe lagen 30-40cm Schnee, während es im Tal schneefrei war. Eine kalte Sonne stand am blauen Himmel, als wir aufbrachen, zu Fuß, wie es sich gehörte.

An einem Apfel zur Wegzehrung und Taschenlampen für den Heimweg, trugen wir nicht schwer und so erreichten wir bei leichter Schneestapferei unser Ziel, genau zum Einbruch der Nacht.
Leider sind solche Wirtshäuser selten geworden. Ein Wirtshaus muss einem beim Eintritt in die Gaststube einladen, Wärme ausstrahlen, Charakter haben und so ist unser Wirtshaus, mit vorsichtigen Änderungen versehen, über all die Jahre geblieben.

Ein idealer Ort, um zum Licht zu gehen.
Früher haben sich die Burschen und Mädchen vom Dorf jeweils in einem anderen Bauernhaus getroffen und es wurden beim Kerzenschein, dem Licht, Handarbeit verrichtet, dabei gesungen und die Alten saßen um die riesigen wärmenden Schwarzwälderkachelöfen und erzählten Geschichten.
Später ging es, mit Laternenbeleuchtung oder bei hellem Mondenschein, zurück ins eigene Haus.

Wir hatten es einfacher, uns wurde vorerzählt und vorgesungen und unsere Handarbeit bestand darin, anständig zu vespern und zu trinken und einfach zuzuhören.

Es gab besinnliche- Geschichtle, in Alemanischermundart, viele selber erlebt, dazu eine Stubenmusik mit Gesang, meist von einer Gitarre begleitet. Es war mucksmäusle still und alle Gäste waren eingewebt in das Erzählte und Gesungene.
Wie war doch alles anders als so ein langweiliger Fernsehabend bei sogenannter Volksmusik.

Es war schon nach Mitternacht, als wir nachdenklich und noch eingefangen von dem Erlebten, unseren einsamen Heimweg antraten.
Über uns leuchtet und funkelte ein weiter Sternenhimmel, der Mond hatte sich schon hingelegt, oder leuchtete woanders. Aber seine Kinder, die Sterne gaben uns zwei Menschlein Licht genug, um unseren Weg durch den Schnee zu finden. Unten im Tal sahen wir die Lichter der Menschen blinken, sie waren nicht so schön wie die, die überm Gebirge wachten.
Wir waren richtig glücklich und unter zwei mächtigen Holländertannen fiel uns beiden einsamen Geher fast gleichzeitig eine Melodie ein.
Der Sopran begann und der Bariton folgte mit:

Es ist für uns eine Zeit angekommen
sie bringt uns eine große Freud
Übers schneebeglänzte Feld
wandern wir, wandern wir
durch die weite, weiße Welt

Anmerkung:
Das zum Novemberlichtgehen wird in unserer Gegend gerne in vielen Orten zelebriert. Meistens von gemischten Gruppen von Künstlern aus dem nahen Elsass und Baden und in der Zeit zwischen dem 5.-25. November.
Es geschieht durch wechselseitiges Besuchen über den Rhein(rüber und nüber) und die Vorträge erfolgen nur auf elsässisch- oder badischem– Alemannisch.

Verschneiter Wald im Sonnenlicht
Verschneiter Wald im Sonnenlicht

Autor: Fiddigeigei

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