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Prinzessin Sapo

Zeichnung einer Erdkröte

Wir haben eine neue Bekanntschaft gemacht! Meine Frau war darüber sehr erschrocken und wer überhaupt, hatte dieser Person erlaubt unaufgefordert in unseren Garten zu kommen? Aber dann...

Am besten ich erzähle euch die Geschichte von der Prinzessin Sapo ganz von vorne:

Dort wo wir unseren Kräutergarten angelegt haben, ist es schattig und feucht; die Sonnenstrahlen treffen erst in den späten Nachmittagsstunden ein. Die Erde an diesem Ort ist dunkelkrumig und es riecht nach warmer Fruchtbarkeit. Im Beet über der Natursteinmauer wächst in Büschen Minze und Basilikum, welche bei der kleinsten Berührung uns ungeahnte Mittelmeerdüfte zusenden. Dabei sind die Blättchen viel viel kleiner als bei uns zu Hause. Fast bonsaiartig erscheinen sie mir. Sicher schützen sie sich so gegen eine unbarmherzige und erbarmungslose Sonne. Solche Probleme hat der Lorbeerbusch nicht. Seine ledernen Blätter sind bestens gegen noch so tödliche Sonnenstrahlen geschützt. Hier in dieser Gegend wächst er, wenn man Zeit mitbringt, zu richtigen großen ausladenden Schattenbäumen heran.

Der Küchenkönig Thymian siedelt wo er will. Kein Wunder, denn hier ist ja auch seine mediterrane Heimat. Frisch gerebelt lässt er den Geschmack, der unterm freien Himmel gereiften und mit südlicher Sonne bis zum bersten gefüllten Tomaten, ins Unendliche steigern. Dass der Salbei in der Spanischen Küche kaum Verehrer hat erstaunt, denn wir lieben ihn angebraten zu Fisch und Fleisch, aber besonders zusammen mit halbierten ungeschälten Kartoffeln, die im Backofen in nicht wenig Olivenöl langsam schmurgeln.

Vergessen darf ich nicht die wilden Rosmarinsträucher, die uns die Natur freiwillig, ohne menschliches Zutun, gestiftet hat. In unserer Küche ist Rosmarin ein täglicher Unterstützer fast aller Speisen und im Garten steht unter dem persönlichen Schutz vom obersten Gärtnermeister, in diesem Falle meiner Frau. Jedes aufgehende Pflänzchen erhält sofort einen Schutzwall von Steinen, damit der Gärtnerbursche, das bin ich, es beim Jäten ja nicht übersieht und wie oft geschehen, als überflüssiges Kraut aushackt.

Jetzt noch im November steht der Rosmarin, auf Spanisch Romero, in voller Blüte, übersät mit hell bis dunkelblauen Sternchen. Bienen und große fette, aber gemütliche Hummeln sind wie toll und brummen und summen. Andere Besucher wie Käfer und bunte Falter haben zu kämpfen um wenigstens etwas von der süßen Tracht abzubekommen.

Am oberen Ende wird das Gärtchen begrenzt durch verschiedenfarbige Oleanderstauden, so wie einem ewig langen Lulatsch von Zypresse. der sich vor jedem Windchen unterwürfig verneigt. Im Gegensatz zu ihm hat sich ein anfänglich schwindsüchtiges Mimosenbäumchen mit seinem so zarten filigranen Blätterwerk, zu einem richtigen Windbrecher entwickelt. Der Stamm beugt sich nur noch den stärksten sturmartigen Levantewinden. Von wegen: Empfindlich wie eine Mimose! Die Pracht der unzähligen knallgelben Traubenblüten zeigen als erste, meist schon Anfang Februar, den Spanischen Prima Vera an, und sagen: Ich bin‘s, der Frühling!

Darunter wachsen anspruchslose kurzstielige wilde, weiße und blaue Lilien, die wir selbst bei unseren Streifzügen gesammelt haben und die jedes Jahr im Februar/März unseren ganzen Garten in blühenden Besitz nehmen. Über ihre dicken Wurzelknollen vermehren sich so schnell, dass wir mit dem Verpflanzen kaum nachkommen.

Aus den nahen Bergen kommen einige Zistrosen, kleine Bergrosen die weisse und rote Blütchen treiben, sich aber nur mit viel Geduld und dem grünen Daumen, den meine Frau nun einmal hat, versetzen lassen.
Und zwischen all den duftenden Schönheiten wachsen verstreut und wie zufällig hingeworfen in kleinen Versammlungen unscheinbare Petersilien, aber die von der grossblätterigen Art, ohne deren Verwendung, sich eine gute Küche überhaupt nicht lohnt.
Abgegrenzt wird das Duftgärtchen durch eine Mauer, die meine Frau luftig, ohne Richtschnur und Freihand aufgesetzt hat.

Die Steine haben wir selbst zusammen geschleppt. Sie wurden oft abenteuerlich geborgen: aus unserem eigenen Feld, vom felsigen Meeresstrand, aus wilden ausgetrockneten Flussläufen und von den Bergen ringsumher. Meine Frau sammelt immer und überall Steine. Oft drückt mich der Rucksack fast zu Boden und in jeder Hand baumelt noch so ein seltenes Stück,- welches wir auf keinen Fall liegen lassen dürfen-.
Die Mauer ist nicht langweilig oder eintönig. Sie ist Ausdruck einer Sammlerleidenschaft, steinerne Erinnerungen und abenteuerlicher Fundorte. Viele Hohlräume gibt es dort, gewollte und zufällige, damit die kleinen Bewohner dieses kleinen Stückchen Erde auch Verstecke und ein Dach über dem Kopf finden.
Flinke Eidechsen haben den ganzen Tag mit der Jagd zu tun und hasten ohne zu rasten hin und her. Sie waren die ersten Mauersiedler und uns willkommene Nachbarn.

Am Anfang lebte auch ein einsiedlerischer, immer seinen Stachelschwanz zum Picken bereiter Skorpion, in den Steinen. Zur Erleichterung meiner Frau räumte er freiwillig das kühle Versteck. Hätte er es nicht getan, so hätte ich ihm fristlos kündigen und ihm eine neue Wohnung außerhalb unseres Gartens suchen müssen. Er war aber wohl selbst einsichtig genug und ahnte, dass sich zwischen uns doch keine richtige Freundschaft entwickeln würde.

Aber, dass hier jetzt auch eine verwunschene Prinzessin wohnen sollte, konnten wir beim besten Willen nicht glauben, bis, ja bis..........................

Der Schrei des weiblichen Wesens, welcher mich herbeirief, war nicht ein Schrei wie er sonst von Damen ausgestoßen wird, die eine von ihnen als garstig eingestufte Spinnen erblickt haben. Nein, der Schrei klang mehr überrascht oder erstaunt, fast an einen Freudenschrei erinnernd.

Und da war sie nun unsere Prinzessin, eine prächtige, mehr als faustgroße Erdkröte. Sie saß nicht ängstlich da, nein, sondern mit dem Bewusstsein: Diese beiden Menschenkinder mit den überrascht schauenden Augen, die tun mir nichts. Und außerdem bin ich ja schließlich sehr, sehr schön und obendrein eine verzauberte Prinzessin! Sie funkelte uns mit ihren ruhigen, wie Rubine strahlenden Augen an und wir gaben ihren Blick voller Sympathie zurück.

Wir können nicht mehr sagen wie lange das schweigende Kennenlernen dauerte, aber irgendwann hüpfte die Prinzessin Tausendschön elegant davon und verschwand unter einem dichten Vorhang aus grünen fettfleischigen Blätter der Mittagsblumen, der aufwendig bestickt war, mit leuchtenden pinkfarbenen Blüten, sich schützend über das Schlosstor des Palastes unserer Prinzessin legt. Sie schlüpfte in ihr kühles, dunkles Erdreich zurück, indem wir Menschen blind sind und keinen Zutritt haben.

In dieser Nacht habe ich lange von der Tausendschönen Prinzessin Erdenreich geträumt. Aber bevor ich ihr den Verwandlungskuss geben konnte und ich hatte ungelogen schon meine Lippen gespitzt, dachte ich daran, dass ich doch bereits mit einer wunderbaren Prinzessin zusammen lebe, und dann in meinem Alter, nochmals solche Abenteuer!

Die Prinzessin und ich haben aber vereinbart, uns recht oft zu sehen und stumme Zwiesprache zu halten. Und daran halten wir beide bis heute fest.

PS.:
Zum besseren Verständnis: Kröte heißt auf Spanisch Sapo und hat wahrscheinlich mit der gescheiten und dichtenden Griechin Sappho von Lesbos nichts zu tun- oder vielleicht doch?

Autor: Fiddigeigei

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