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Der fremde Garten

Hannas Blick schweift umher, durch diesen fremden Garten, der ihr unendlich größer erscheint als ihr eigener daheim.
Aus dem angrenzenden Wald wagen sich zwei Rehe herüber, springen über den Zaun, um sich am frisch erblühten Phlox gütlich zu tun. Hanna staunt, denn nur ein einziges Mal sind ihr Rehe so nahegekommen, damals im Wildparkgehege. Sie rührt sich nicht.
Eine dunkelhaarige Frau, die gerade dabei ist, die im Winter erfrorenen Stauden auszugraben, scheint die gefräßigen Waldbewohner nicht zu bemerken.
Neben dem Teich räkelt sich eine Katze in der Sonne, irgendwie obszön und eine Libelle kreist schillernd darüber, so als wolle sie sich diesen Anblick nicht entgehen lassen.
Im Stall gegenüber stampft das alte Pferd mit den Hufen, ungeduldig. Wahrscheinlich wartet es sehnsüchtig darauf, nun endlich auf die Weide geführt zu werden.
Im Baum hoch oben ist ein Krähenpaar damit beschäftigt sein Junges zu füttern. Oder sind es gar zwei?
In diesem Moment flitzt eine Maus aus dem Pferdestall in Richtung Komposthaufen. Aber die Katze scheint nicht interessiert, nimmt sie noch nicht einmal wahr.

Hanna genießt dies alles in vollen Zügen und streckt entspannt die Beine von sich, gähnt und greift zur Tasse mit diesem unvergleichlichen Tee, den ihr die dunkelhaarige Frau wohl zubereitet haben mag.
Und während sie einen Schluck trinkt und mit halb geschlossenen Augenlidern die beiden Rehe anblinzelt, wird es plötzlich dunkel. Eine Wolke?
Seltsam denkt Hanna.
Da senkt sich etwas Schwarzes auf sie nieder.
Erschrocken blickt sie empor und erkennt ihn wieder. Diesen furchtbaren Geist, den sie in der Walpurgisnacht vertrieben zu haben glaubte. Was? Der hat mich bis hierher verfolgt?
Mit einem Aufschrei springt sie hoch …

… und findet sich aufrecht sitzend in ihrem Bett. Ihr Herz pocht bis in die Schläfen.
Ein Blick auf den Wecker. Es ist gerade vier Uhr. So ein Mist!
Sie lässt sich ins Kopfkissen zurückfallen. Nein, wenn ich jetzt wieder einschlafe, geht das alles weiter. Bloß nicht.
Doch an Schlaf ist ohnehin nicht mehr zu denken. Zu sehr sind die Gedanken bereits in Aktion. Sie beschließt aufzustehen, wankt ans Fenster und zieht den Vorhang beiseite.


Habe ich es mir doch gedacht! Da hängt sie am Himmel diese dicke gelbe Scheibe, voll und prall.
„DU bist schuld, DU hast mir diesen Albtraum eingebrockt“, zischt Hanna.
„Aber eins sage ich dir, ich bin nicht süchtig nach Dir und bin auch keine Schlafwandlerin. Ich bin hellwach und werde, anders als die schlafwandelnde Lina, nicht mein Handy in der Vase ersäufen und auch keine Blumen im Zimmer zu verteilen. Den Gefallen tu ich Dir nicht. Nein, ich gehe jetzt in die Küche und werfe die Kaffeemaschine an.“

Vollmond

Autor: fleurbleue

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