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Eine ungewöhnliche Freundschaft

Der Vogel war gerade flügge und noch unerfahren, als er seinen ersten Ausflug wagte. Bisher wurde er von Mama gefüttert, aber nun sollte er sich selbst Nahrung besorgen. Die Unterrichtsstunde der Eltern war aufklärend: Fliegen, Mücken, Maden, Raupen – die Speisekarte war groß – man musste das Menü nur noch finden.
Der kleine Vogel war ziemlich aufgeregt und sah es als großes Abenteuer an, ganz alleine aus dem Nest zu fliegen. Aber Mama war fern und der Magen knurrte.
Diese kleine, giftgrüne Raupe spazierte doch direkt provozierend vor ihm her und er dachte bereits an ein leckeres Essen, als sie anfing zu reden.

Vogel und Raupe Illustration

„Ich bin klein und allein und niemand liebt mich“
Das gute Herz des kleinen Vogels war auf einmal größer als sein Hunger und er schaute dieses kleine, unbekannte Wesen neugierig an.
„Wer bist Du und was machst Du hier“?
„Ich bin Lil“, sagte die kleine Raupe „meine Eltern sind vermutlich tot, und nun suche ich meinen Bruder Bo, denn sonst habe ich niemand“
Dem kleinen Vogel wurde das Herz schwer, denn sein eigener Bruder war aus dem Nest gefallen und man konnte ihm nicht mehr helfen.
Ganz vorsichtig kam er mit seinem Schnabel an die kleine Lil und streichelte sie. Sie zuckte erschrocken zurück. „Aber Du bist doch ein Vogel und verspeist uns!?“
„Ich bin Pitty, kleine Lil, ich mag Dich und ich möchte, dass wir Freunde werden.
Darum werde ich Dich auch nicht essen“
Ganz vorsichtig streckte Lil ihr zurückgezogenes Köpfchen wieder nach vorne und strahlte. „Und was soll nun aus mir werden? Wenn Du mich nicht verspeist, dann tut es ein anderer Vogel. Mein Leben ist verwirkt. Dabei haben mir meine Eltern erzählt, dass mal ein wunderschöner Schmetterling aus mir werden kann. Aber das werde ich wohl nie erleben!!!“
„Ich werde Dich beschützen so gut ich kann, kleine Lil. Und jetzt kriech unter diesen umgefallenen Baum, da kommt kein Vogel hin. Und wenn Du ausgehen oder einkaufen möchtest, werde ich Dich begleiten“.
Es war erstaunlich, wie gut diese ungewöhnliche Freundschaft funktionierte und mehr als einmal rettete Pitty seine kleine Freundin vor dem Tod.
Gemeinsam suchten und riefen sie auch nach ihrem Bruder, aber leider vergeblich.
Pitty fühlte sich ziemlich stolz als Beschützer einer kleinen Raupe und gemeinsam verbrachten sie schöne Tage zusammen.
Doch irgendwann kam Lil nicht unter ihrem Baum hervor, wenn er nach ihr rief.
Der kleine Vogel wurde ganz traurig und stellte sich das Schlimmste vor.
Trotzdem kam er jeden Tag wieder und rief nach ihr. Vergebens.
Bis eines Tages…
Pitty saß wieder traurig auf dem Baumstamm und rief nach seiner kleinen Freundin, als etwas buntes darunter hervorkam, die Flügel ausbreitete und sich – etwas taumelnd – in die Lüfte erhob.
Und dann hörte er eine jauchzende, kleine, so bekannte Stimme: „Lieber Pitty, ich bin es, Deine Lil. Meine Eltern hatten Recht, ich bin ein Schmetterling! Und nun können wir gemeinsam fliegen, mein lieber und einziger Freund!“
Es war ein schöner Anblick, wie der Vogel und der Schmetterling sich gemeinsam in die Lüfte erhoben, freudig zu tanzen schienen und der Sonne entgegen flogen.

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