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WhatsApp und meine Nerven

Smartphone mit einer Nachricht

In meinem großen Bekanntenkreis, den man im Alter von über 60 Jahren nun mal logicherweise hat, haben gerade mal zwei „Bekanntinnen“ kein WhatsApp auf ihrem Handy.

Eine davon ist Susi. Mit ihr gehe ich ab und an mal zu RB zum Fußball und wenn ich wieder mal Lust auf ein Spiel im Stadion in Leipzig habe, stelle ich mich schwer an sie zu erreichen, weil ich immer vergesse, dass es ja auch noch die SMS gibt.

Sie hat absichtlich kein WhatsApp, weil sie Ihren Kurznachrichtenschreibbedarf gerne eingeschränkt haben möchte und weil sie die vielen, angeblich netten Videos, welche die Leute so verschicken, nicht braucht und weil sie der ganzen Sache nicht traut.

Was auch immer „nicht trauen“ so bedeutet. Im Zeitalter, in dem die künstliche Intelligenz geboren wurde, ist schließlich ausspionieren menschlicher Handlungen fast legalisiert.

Und da ist noch Evi, eine ehemalige jüngere Kollegin, die eine Tasche bei mir gekauft hat. Zuvor wollte ich ihr aber ein paar Fotos von der Tasche schicken. „Ich hab kein WhatsApp“, sagte sie. Die Gründe brauchte ich nicht zu hinterfragen.

Irgendwie bewundere ich beide, sie haben es geschafft, sich der Masse von Millionen WhatsApp-Nutzern zu entziehen.

Bei mir liegen die Vorteile leider schwerer in der Waagschale als die Nachteile. Alles Familiäre mit unseren 4 Kindern kläre ich ganz schnell mit einer solchen Kurznachricht.

Wir sind heute um 3 bei Oma. Kommst Du auch?
Hat Marlene immer noch Fieber?

Muss Matthias am 3. Adventswochenende arbeiten oder kommt ihr mal auf einen Kaffee vorbei?

Schönes Foto. Gefällt mir. Gut gekauft.

Halte durch. Was uns nicht umhaut, macht uns stark.

Mein Flieger landet um 13 Uhr.

Hab Dich lieb.

OK…oder ein keines Smilie....oder Kopf hoch.....ein rotes Herzchen, all das erzeugt ein Lächeln.

Jawohl, es gibt so vieles zu organisieren, zu informieren, zu bewerten, zu entscheiden, zu beurteilen, zu kaufen, zu loben, zu freuen, zu zeigen....zu belächeln.

Ich kann mir das alles ohne WhatsApp nicht mehr vorstellen.

Und genau deshalb steigt die Zahl der Kontakte. Die Freunde, die Verwandten, die Nachbarn, das Krankenhaus, der Frisör, die Kanalreinigung, die Kollegen, die Krankenkasse. Immer und immer schnell erreichbar.

Irgendwann aber begann es. Mary gründete eine Gruppe und ich war mit meiner Telefonnummer ganz schnell dabei. Ganz ohne mein Zutun. Freilich hätten mich Marys Freundin Katja oder auch all die anderen Bekannten von ihr niemals angeappt, da war ich mir schon sicher.

Aber Mary war in der Babypause und als Floristin fertige sie Grab- und Adventsgestecke, um sich logischerweise etwas dazu zu verdienen. Die erste Verkaufsausstellung war gut gelaufen und um beim nächsten Gesteckverkauf alle Kunden ganz schnell mit Fotos der neuesten Kreationen zu versorgen, gründete sie eine Gruppe. Und genau in dieser war ich mitten drin.

Ständig bingte es. Ich weiß, ich hätte es vielleicht abstellen können. Aber ich wusste nicht sofort wie.
Jeder der etwas kaufte, bestellte oder für gut befand, schickte an Mary eine WhatsApp, nein, an die Gruppe und damit auch an mich.

UND ICH MUSSTE DAS ALLES MITTRAGEN: Meine Fotosammlung erweiterte sich ungewollt, genauso ungewollt, wie die Bing-Töne.

Frust machte sich breit. Ich rief Mary an, dass ich nicht in dieser Gruppe sein will und ich erklärte brav, warum nicht. Ich könnte das doch alles abstellen, meinte sie.

Ich wusste aber nicht wie und noch schlimmer, ich hatte gar keine Lust es zu wissen. Mary war nett. Sie hat mich als Gruppenmitglied gelöscht.

Zwischendurch gab es noch eine zweite Gruppe, der ich sogar freiwillig beitrat. Wir sind 5 Frauen, die seit über 20 Jahren einmal im Monat Rommee miteinander spielen. Jeder hatte Familie und einen langen Schwanz an Verpflichtungen hinter sich her zu ziehen und so wurden die Abstände zwischen unseren gemeinsamen Abenden manchmal leider immer länger.

Moni gründete die Gruppe und ich kreierte das Profilbild. Was anfänglich dazu da war, über Termine zu diskutieren, mündete in familiären Schreiberein, was ja noch ging, zumal wir endlich alle stolze Großmütter geworden waren.

Aber dann ging es los mit Videos. Eines war schlimmer als das andere. Ein wackelnder Weihnachtsmann und zwei gleichsam sich bewegende Schneemänner wünschen einen schönen 2. Advent. Jede Menge Katzen- Hunde- und Tiervideos, politische Witze und nackte schöne Männer, mein Mann erhält gewiss Frauen.

Manchmal bekommt man diese lustigen, kleinen und netten Speicherplatzfresser sogar doppelt. Und sie setzen sich im Speicher überall fest. Und wie sagte eine Freundin:

Ich setze mich am Wochenende dann gemütlich mal hin und lösche alles, was ich nicht brauche.

Gefunden habe ich auf:

https://www.androidpit.de/acht-gruende-gegen-whatsapp-sucht-euch-einen-neuen-messenger

„....WhatsApp ist aber Teil der Popkultur und wird deshalb erfolgreich bleiben, einfach weil eine Masse von einer Milliarde Nutzern aller Altersgruppen zu träge ist, um dem Unsinn zu entsagen.....“

Den Nagel auf den Kopf getroffen.

Autor: MaraB

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