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Stubenfliege

Seit drei Tagen hat sich eine Stubenfliege bei mir häuslich eingerichtet, ganz ungefragt hat sie mich heimgesucht. Sie folgt mir mit ihrem nervigem Gebrumm in jedes Zimmer, sie lässt sich nicht verscheuchen, geschweige denn von mir fangen, sie ist einfach schneller, als ich. Sie meidet das offene Fenster, ich denke, es ist ihr zu kalt draußen. Immer ist sie dort, wo ich gerade bin, setzt sich auf meine Haut, krabbelt auf meinen Kopf, sie scheint mich zu mögen. Dies ist allerdings sehr einseitig und macht mich zunehmend nervös. Das Gute ist, dass sie sich sofort zur Ruhe begibt, wenn ich abends das Licht lösche. Morgens erwacht sie bei erstem Tageslicht, zieht ihre Kreise und holt mich aus dem Bett.

Der Mensch gewöhnt sich ja an fast alles und so verändert sich auch meine Einstellung langsam und ich versuche, dieses Untermietverhältnis in einem anderen Licht zu sehen. Nichts in unserem Kosmos ist zufällig oder sinnlos, der einzige Störfaktor wird immer mehr der Mensch.

Je mehr ich mich mit dieser “Summse” beschäftige und meine Einstellung zu ihr ändere, desto klarer enthüllt sie sich mir als ein Schöpfungswesen im Kleinen. Nicht nur ihre rasche Entfaltung in volle Größe aus einer Larve, auch ihre Verwendung und Verwertung elektrischer Ladungen aus Sonne, Luft und Nahrung sind außergewöhnlich. Auch und gerade dann, wenn Fliegen auf Haut und Nahrung Menschen und Tieren lästig werden, erfüllen sie nur ihre Aufgaben im großen Schöpfungsgeschehen. Sie sind nicht davon abhängig, ob wir sie mögen und leben eine kurze Zeit in völliger Freiheit, davon können wir Menschen nur träumen.

Und so verändert sich auch in mir die Sicht auf die kleinsten Dinge des Lebens, ich nehme Dinge wahr, die mir bisher durch den Trubel des Lebens verschlossen geblieben sind und ich bin dankbar dafür, dass ich dies fühlen kann. Es schärft meinen Blick auf das große Ganze und ich lerne, mich selbst und meine Befindlichkeiten nicht so wichtig zu nehmen.

Die Reise ins Älterwerden, ins Wachsen und Reifen ist für mich auch eine Zeit, die Wunder des Lebens im Inneren wie auch im Äußeren wahrzunehmen, dabei gelassener zu werden und mich als einen kleinen Teil des Großen und Ganzen zu betrachten.

Und so habe ich mich entschlossen, mit meiner Fliege in eine friedliche Koexistenz zu treten, jede von uns erfüllt ihre Aufgaben und so können wir eine Zeitlang im Frieden miteinander leben.

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