Der Golden Bachelor und das neue Altersbild im Fernsehen
Lange war das Fernsehen auf Jugend gebürstet: Datingformate, Liebesdramen und Reality-TV drehten sich meist um Menschen unter 30. Mit dabei: Drama, Sex und oftmals die Suche nach der ganz großen Liebe. Doch so langsam ändert sich etwas in der deutschen Medienlandschaft. Mit dem Golden Bachelor bringt RTL seit diesem Jahr ein Format ins Fernsehen, das nicht nur eine potenziell neue Zielgruppe für die Bachelor-Sendungen zu versprechen vermag, sondern auch eine Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungen darstellen könnte. Der demografische Wandel, der Deutschland zunehmend prägt, wird langsam auch in der Fernsehlandschaft sichtbar und macht damit auch Platz für neue Erzählungen über ältere Menschen.

Was ist „Der Bachelor“?
„Der Bachelor“ ist ein bekanntes Reality-Dating-Format, das ursprünglich aus den USA stammt und seit 2003 auch in Deutschland läuft. Im Zentrum steht ein alleinstehender Mann, der in einer Reihe von vermeintlich romantischen Begegnungen aus einer Gruppe von Kandidatinnen jene Frau auswählt, mit der er sich eine Beziehung vorstellen kann. Dabei vergibt er in regelmäßigen Zeremonien Rosen an jene Frauen, die bleiben dürfen, bis am Ende idealerweise eine echte Liebesbeziehung entsteht.
Mit dem „Golden Bachelor“ greift RTL dieses Prinzip auf, richtet es aber erstmals an eine ältere Generation: Der Protagonist ist im Ruhestand, ebenso wie viele der Kandidatinnen. Trotz des bekannten Formats steht damit nicht mehr jugendliche Aufregung, sondern reife Lebensfreude und zweite Chancen im Mittelpunkt.
Gesellschaft im Wandel
Dass Formate wie der Golden Bachelor nun überhaupt produziert werden, hat viel mit dem veränderten Altersgefüge der Gesellschaft zu tun. Deutschland altert. Schon heute ist jeder fünfte Mensch über 65 und die Tendenz ist steigend.
Gleichzeitig wandeln sich die Lebensentwürfe älterer Menschen. Sie sind aktiv, online, und genau wie Menschen jüngerer Generationen eben auch offen für neue Beziehungen. In Film und Fernsehen ist dieses Bild jedoch bisher kaum sichtbar. So werden ältere Menschen im Fernsehen vor allem oft als gebrechlich, hilfsbedürftig oder von gesundheitlichen Problemen geplagt dargestellt und stecken in der Rolle des weisen Großelternteils, das melancholisch auf sein langes Leben zurückblickt, fest.
Eine differenzierte und realistischere Darstellung, die den Facettenreichtum älterer Menschen zeigt, ist in der Medienlandschaft bis auf Ausnahme vom deutschen Golden Bachelor noch selten.
Wer ist der erste deutsche Golden Bachelor?

Der erste deutsche Golden Bachelor ist Franz Stärk, ein 73-jähriger ehemaliger stellvertretender Schuldirektor aus Damme in Niedersachsen. In der ersten Staffel der Show, die Anfang dieses Jahres ausgestrahlt wurde, suchte er auf der griechischen Insel Kreta unter 18 Frauen nach der großen Liebe. Franz ist zweifacher Vater, Großvater und seit zwölf Jahren Single. Er hält sich mit Radfahren und Golfen fit und möchte seine "goldenen Jahre" mit einer Partnerin teilen.
Grundsätzlich verkörpert Franz Stark gewissermaßen den netten Nachbar von nebenan – für das Fernsehen ein Novum. Im Verhältnis zu typischen Datingformaten im deutschen Fernsehen wie beispielsweise dem Bachelor oder der Bachelorette war das Casting von Franz Stärk als Golden Bachelor letztendlich ungewöhnlich, stellte es doch eine Abkehr von den üblichen Schönheits- und Jugendidealen im Fernsehen dar. Statt eines jungen, makellosen Protagonisten wurde ein 73-jähriger Mann gewählt.
Franz steht stellvertretend für eine Generation, die im Fernsehen lange kaum Beachtung fand und erinnert daran, dass das Thema „Romantik im Alter“ weit entfernt davon ist, auserzählt zu sein.
Kritik und neue Töne
Das Format „Der Bachelor“ steht seit Jahren in der Kritik: Inszenierte Romantik, Konkurrenz unter Frauen und eine stark vereinfachte Vorstellung von Liebe gelten vielen als problematisch. Auch wird bemängelt, dass echte Gefühle hinter Unterhaltung und Hochglanz-Inszenierung zurücktreten.
Der „Golden Bachelor“ bleibt diesem Aufbau zwar treu, wirkt im Vergleich jedoch ruhiger, respektvoller und nahbarer. Die Suche nach Liebe im Alter wird hier nicht als Spektakel inszeniert, sondern als ernstzunehmender Wunsch nach Nähe und Partnerschaft – und genau darin liegt für viele der Unterschied.
Zugleich schafft das Format Sichtbarkeit für ein Thema, das im Fernsehen lange kaum vorkam: dass auch ältere Menschen romantische Beziehungen suchen, sich verlieben und körperliche Nähe wünschen. Diese Darstellung ist wichtig, um ein realistischeres Bild vom Alter zu vermitteln – jenseits von Rückzug und Einsamkeit.
Fazit
Unsere Gesellschaft verändert sich. Während der Altersdurchschnitt steigt, wird zugleich immer deutlicher, dass Altern nicht Stillstand bedeutet; auch nicht in Fragen von Partnerschaft und Sexualität. Diese Bedürfnisse sind weder peinlich noch außergewöhnlich, sondern ein selbstverständlicher Teil menschlichen Lebens.
Auch wenn Formate wie der Golden Bachelor in Kritik stehen, machen sie sichtbar, was lange im Verborgenen lag, jenseits von Klischees und Tabus. Sie eröffnen die Chance, das Altersbild in Medien und Gesellschaft weiterzudenken und auf mehr Offenheit, Sichtbarkeit und Respekt hinzuwirken.
Artikel Teilen
Artikel kommentieren