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Vom Lederdildo zum Designobjekt: Geschichte des Liebesspielzeugs

Wir schreiben das Jahr 411 vor Christus, mitten im Peloponnesischen Krieg. Die Frauen Athens sitzen daheim und warten auf ihre Männer, die zum Kampf ausgezogen sind. Sie sind frustriert, schlafen sie doch seit über 20 Jahren immer wieder alleine. Also rufen sie einen Sexstreik aus, der bis zum Kriegsende dauern soll.
So viel zum Inhalt Aristophanes' Komödie „Lysistrata“, aus der diese Handlung stammt. In ihr beschwert sich die weibliche Bevölkerung zudem über den mangelnden Nachschub an Sexspielzeug: „Seit die Milensier unsere Feinde sind, habe ich nicht einen einzigen acht-zölligen Dildo zu Gesicht bekommen, der uns Frauen ein lederner Trost sein könnte.“

Mitnichten also sind Dildos, Vibratoren und Co. eine Erfindung der Neuzeit, auch wenn auf dem Weg vom steinernen Phallus zum Designobjekt einiges passiert ist.

Detailaufnahme des Intimbereichs einer griechischen antiken Statue

Mutter des Sexspielzeugs

Wie sollte es anders sein: Die Geschichte der sexuellen Helferlein beginnt in der Antike. Auch wenn das älteste bekannte Phallusobjekt aus der Steinzeit stammt, so sind tatsächliche Belege erstmals bei den Griechen zu finden. Bereits im 6. Jahrhundert vor Christus gab es den so genannten Olisbos, einen Dildo. Vermutlich wurden diese Olisboi aus Ton oder Leder jedoch zu rituellen Zwecken gezeigt, inwiefern sie zur sexuellen Stimulation genutzt wurden, sei dahingestellt. Die enorme Größe der Dildos, die durchaus die Länge eines Unterarms haben konnten, lässt hoffen, dass es für das private Vergnügen kleinere Objekte gab.
Auch die Ägypter waren keine Kinder von Traurigkeit. Von Kleopatra heißt es, dass sie sich ein Gefäß aus Papyrus mit Bienen füllen ließ. Diese flogen darin umher und brachten es zum Vibrieren und stimulierten so die Klitoris. Kreativ ist dieser „Vibrator“ definitiv.

Prüderie des Mittelalters und der frühen Neuzeit

Bildhauerei eines halbnackten Paares

Mit dem Siegeszug des Christentums in Europa wurde es eher still um das Liebesspielzeug. Dildos galten als unmoralisch, wie generell Sex zum Tabuthema wurde. Trotzdem: Verschwunden sind sie nie, sie wurden nur versteckt. Diese Tatsache lässt sich beispielsweise mittels einer Quelle belegen, in der Bischof Burchard von Worms im 11. Jahrhundert Frauen, die auf die Hilfsmittel zurückgriffen, eine Buße über einen Zeitraum von fünf Jahren auferlegte.

Zu einem kleinen Skandal kam es im 18. Jahrhundert in Paris, der heutigen Stadt der Liebe. Dort führte eine gewisse Madame Gourdan nicht nur ein äußerst populäres Bordell, sondern auch einen überaus florierenden Dildo-Versand. Sie hatte sich auf die Produktion von Kunstpenissen spezialisiert, die sogar mit einem Hodensack ausgestattet waren. Der Clou daran war, dass sie mit Flüssigkeiten gefüllt werden und so eine Ejakulation nachahmen konnten. Bekannt waren die Dildos unter dem Namen consolateur, zu deutsch „Tröster“. Nach dem Tod der geschäftstüchtigen Madame wurden ihre Kundenlisten bekannt. Schnell stellte sich heraus, dass sehr viele Personen Interesse an der Lust hatten, sogar Nonnen baten um „Hilfe“.

Vibratoren gegen Hysterie

Grundsätzlich wurden Frauen lange Zeit sexuelle Bedürfnisse abgesprochen. Trotzdem wurden dem weiblichen Geschlecht im ausgehenden 19. Jahrhundert immer wieder ärztlich verschriebene Orgasmen verordnet – die auch von Medizinern ausgelöst wurden. Dem zugrunde lag die Annahme, dass Damen häufig unter dem Krankheitsbild "Hysterie“ litten. Symptome dafür waren unter anderem „Angstzustände, Nervosität, erotische Fantasien, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit u.a.“. Die Ursache wurde in der Gebärmutter vermutet. Die Lösung war relativ einfach, erforderte aber viel Handarbeit. Die „Beschwerden“ der Damen wurden durch Orgasmen gemildert.
Kein Wunder also, dass in diesem Zeitraum auch die ersten Vibratoren entstanden, die die ach so harte und mühsame Arbeit der Mediziner entlasten sollten. Das erste Objekt dieser Art war der so genannte Manipulator, ein Tisch, der einen dampf- oder pedalbetriebenen Stab aufwies, mit dem die Damen massiert wurden.

Die ersten Patente für Vibratoren wurden um 1900 vergeben. Sie wurden häufig unter dem Deckmantel „Massagegeräte“ vertrieben und sollten der Erhaltung der Gesundheit und Schönheit von Frauen dienen. Die Verbreitung von Elektrizität beschleunigte den Siegeszug, auch wenn der Komfort verglichen mit heute wohl eher zu wünschen ließ. Zumindest muss Frau heute in der Regel keine durchgebrannten Kabel, ruckelnde und heiß laufende Vibratoren mehr befürchten.

Massentaugliches Vergnügen

Sexspielzeug

Seitdem ist viel passiert. Mit der sexuellen Revolution und der Erfindung des Silikons bewegte sich Sexspielzeug aus der „Schmuddelecke“ in die Schlafzimmer der Menschheit. Zudem rückten nun die tatsächlichen Bedürfnisse der meist nach wie vor weiblichen Nutzerinnen in den Vordergrund. Das zeigt sich nicht nur im Design, das teilweise Preise erhält, sondern auch in den Namen. Hießen Vibratoren vergangener Zeiten noch wenig geschmackvoll Strammer Max, Muschikater oder Doppelbock, finden sich heute eher Paulchen oder Satisfyer (dt. “Befriediger“). Die Möglichkeit, im Internet diskret zu stöbern und anonym zu bestellen, tat ihr übriges und so findet sich in vielen Haushalten mittlerweile Spielzeuge aller Art – für jeden Geschmack und Bedarf.

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