Bustour auf der Rheingoldstraße
Warum ist es am Rhein so schön ? ....
Diese Frage ist nicht nur direkt unten am Fluss berechtigt, sondern auch auf seinen Höhen. Wir sind ihr nachgegangen und haben die Antwort gefunden - aber lies und schaue selbst - und wenn Du es hören willst, mußt Du auf das Foto klicken!
Im Touristikprospekt der Stadt Oberwesel im Tal der Loreley hatte ich von einer besonderen Busreise über die Höhen des UNESCO-Welterbes und durch die Schluchten dieser einzigartigen Landschaft gelesen. Von der Rheingoldstraße hatte ich noch nie gehört, obwohl ich in der Nähe geboren und aufgewachsen bin – allerdings rechtsrheinisch.
Die Idee, diese Busreise zu unternehmen, setzte sich aber in mir fest und ich begann im Frühjahr mit meiner Planung für eine Tour mit unserer Mainzer Gruppe. Der Termin beim Touristikbüro in Oberwesel war schnell vereinbart, Samstag, der 20. Juli, ein Bus des Veranstalters Rheintal-Reisen in Bacharach ebenfalls. Auch eine Erhöhung der Teilnehmerzahl auf 25 war dank der netten Damen des Touristikbüros Oberwesel kein Problem; sie orderten einfach einen größeren Bus.
Schwieriger gestaltete sich die Suche nach einem schönen Abschluss-Lokal, das nicht allzu weit vom Bahnhof entfernt ist. Entweder waren die Lokalitäten in Oberwesel, das langgestreckt am Fluss liegt, zu weit weg vom Bahnhof, zu teuer oder konnten keine Gruppe mehr aufnehmen.
Ich fand schließlich die Straußwirtschaft von Andreas Schmelzeisen in der Rathausstraße, unweit des historischen Marktplatzes. Ein Besuch vorab, als ich im Touristikbüro die Fahrkarte für 25 Teilnehmer bezahlte und abholte, überzeugte mich vollends von der getroffenen Wahl.
Und dann war es soweit:
Bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen nahe der 30°-Marke treffen wir nach einer einstündigen Zugfahrt am Bahnhof in Oberwesel ein. Der Bus läßt 10 Minuten auf sich warten – zum Glück für ein Mitglied, das mit dem Auto angereist ist und in Bacharach am Bahnhof landet, aber dadurch noch rechtzeitig nach Oberwesel fahren kann. Und für uns bleibt genügend Zeit für ein Gruppenfoto.
Nach der Begrüßung durch den Welterbe-Gästeführer Horst Maurer fahren wir über die B 9 nach Bacharach. Unterwegs erzählt er über die Entstehung und den Verlauf der Rheingoldstrasse. Bei den St. Goarer-Geschichten kann sie nachgelesen werden.
Die Rheingoldstraße verdankt ihren Namen der Siegfriedsage, nach der der Nibelungenschatz im Rheinstrom versenkt sein soll.
Die Route ist 65 km lang und beginnt bei Bacharach. Vom Rheintal geht sie durchs Diebachtal hinauf auf die Höhe. Vorbei an zahlreichen mittelalterlichen Burgruinen, erlebt man herrliche Aussichtspunkte und kleine Weindörfer. Die Route endet in Rhens (in der Nähe von Koblenz).
Auf schmalen Fahrwegen chauffiert uns der Busfahrer Horst Fülber vom kleinen Weinort Diebach, vorbei an der Ruine Fürstenberg.
Unser Gästeführer Horst Maurer, der aus einer Winzerfamilie stammt und nach seiner Berufszeit bei der Bundeswehr noch Hobbywinzer und Herr über 5.000 Rebstöcke ist, erzählt von der anstrengenden Arbeit in den Steillagen, wo 85 – 90 % Riesling angebaut werden. Immer mehr Weinbergsflächen werden jedoch nicht mehr bewirtschaftet, liegen brach und verbuschen.
In den steilen Hängen gibt es aber seit einiger Zeit eine Initiative für Landschaftspflege durch Beweidung von Schafen und insbesondere der afrikanischen Burenziege. „Die Fleisch-und Wurstprodukte werden unter dem Lable MiZi (MittelrheinZiege) vermarktet“, so erklärt Horst Maurer, und läßt den Busfahrer an einem Ziegenstall anhalten.
An einem Winzerbrunnen erzählt er etwas zur Weinschröterzunft. Das Weinschroten ist ein alter, größtenteils unbekannter Beruf, der vor ca. 100 Jahren zum Erliegen kam. Die Bezeichnung „schroten“ kommt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet „schwere körperliche Arbeit“. Die Schröter waren in Zünften organisiert. Ein Freundeskreis aus Oberdiebach hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen in Vergessenheit geratenen Winzerberuf wieder lebendig zu gestalten. Unser Gästeführer Horst Maurer ist Zunftmeister – hier ist der Link zur interessanten Homepage der Weinschröter von Oberdiebach.
Unser Bus erklimmt die erste Anhöhe.
Oben angekommen, steigen wir zum ersten Mal aus und haben einen wunderbaren Blick aufs Rheintal, Lorch mit der Ruine Nollig und die Ruine Fürstenberg.
Horst Maurer erzählt uns, dass die Burgen am Rhein vom 12. – 16. Jh. errichtet wurden, um Rheinzoll zu erheben und Besitztümer zu sichern. Fürstenberg wurde 1219 errichtet, der Turm im 15. Jh. gebaut. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688 – 1697) wurde die Burg von den Franzosen, wie viele andere Burganlagen der Region, zerstört. Im Gegensatz zu andere Burgen, die im 19. Jahrhundert wieder aufgebaut wurden, blieb Fürstenberg Ruine.
Auf den Höhen des Rheinischen Schiefergebirges erstrecken sich Plateaus mit fruchtbarem Boden, auf dem Landwirtschaft betrieben wird. Wir fahren durch das kleine Wohndorf Winzberg, das zu Oberdiebach gehört. „Viertäler“ heißt diese Region, die vier Ortschaften umfasst. Der Name, so Horst Maurer, stammt nicht von vier Tälern, sondern von „vier Dele = vier Teile = viergeteilte Stadt“.
Als wir durch das kleine Dorf Medenscheid kommen, erzählt uns Helmut (unimog), dass sein Vater in diesem Ort geboren ist und ihn durch die vielen Besuche in der Kindheit noch lebhafte Erinnerungen mit diesem Dorf verbinden.
Ein Besuch lohnt sich, denn die Bürger Medenscheids sind Rosenliebhaber und züchten inzwischen über 500 verschiedene Rosenarten. An Fronleichnam 2014 gibt es das nächste Rosenfest. Die ortseigene Homepage erzählt mehr über die Rosen und listet alle Sorten, die dort zu finden sind, auf.
Weiter geht es durch das kleine Bombachtal und das enge Winzbachtal, an dessen Ausgang sich im Mittelalter das 1288 gegründete Wilhelmitenkloster Fürstenthal befand. Das Kloster war eine Stiftung des Pfalzgrafen Ludwig. Seit der Reformation in Bacharach existiert es nicht mehr. Lediglich die Weinbergslage Kloster Fürstental erinnert noch an das ehemalige Kloster.
Die Rheingoldstraße führt uns durch das Dorf Neurath, ein weiterer Ortsteil von Bacharach. Einmal im Jahr kommt das alte Backhaus, „Backes“ genannt, noch zum Einsatz. Das Ortsbild prägt eine prächtige Eiche und die in neuem Glanz erstrahlenden Brunnen.
Von hier oben haben wir einen wunderbaren Blick auf die Insel Heylesen Werth. Die Insel befindet sich seit 1797 im Besitz der Familie Bastian. Benannt ist sie nach Hans Heylesen, dem der Besitz 1593 vom Pfalzgrafen bestätigt wurde. Heute gehört die Insel dem Bacharacher Winzer Friedrich Bastian. Er ist ein Unikat, denn er ist ein Inselwinzer mit Operndiplom.
Die Weine von der Insel sind eher untypisch für den Mittelrhein, denn sie gedeihen nicht auf Schieferböden, sondern auf mittelschwerem, sandigem Lößlehm- und Schlickboden. Die Insel ist nur mit einem Boot, bzw. kleinen Fähre zu erreichen, wie aus der interessanten Homepage des Weinguts Bastian deutlich wird.
Steil geht es hinunter ins Steeger Tal mit den Weinlagen Wolfshöhle und St. Jost.
Mittelpunkt des Ortes Steeg ist die St. Anna Kirche, die die größte Fledermaus-Kolonie Deutschlands der Gattung „Großes Mausohr“ beherbergt. Das abendliche Spektakel lässt sich z.B. von der Weinstube „Zur Fledermaus“ bei einem Glas Wein beobachten. Die Homepage des Gutsausschanks verrät, dass jeden Abend zwischen Mai und September in der Abenddämmerung das Schauspiel beobachtet werden kann, wie 6.000 große Mausohren den Dachstuhl verlassen – eine Prozedur, die fast 45 Minuten dauert.
Von der Blücherstraße, auf der schon Marschall Blücher und seine 50.000 Soldaten nach der Rheinüberquerung bei Kaub zum Sieg über Napoleon gen Westen ritten, biegt unser Bus ab in die Weinlage Posten.
Inmitten der Reben steht der Postenturm, ein Turm der ehemaligen Stadtbefestigung Bacharachs. Von hier eröffnet sich uns beim Stopp am „Heinrich Heine Panoramablick“ eine grandiose Aussicht auf das Rheintal und die Hauptstadt der Rheinromantik Bacharach.
Als unser Gästeführer Horst Maurer das Gedicht von Clemens Brentano vom „Mythos der Loreley“ rezitiert („Zu Bacharach am Rheine, wohnt eine Zauberin ….) , wird die Rheinromantik, die Brentano, Achim von Arnim, Victor Hugo und viele andere erlebt haben, spürbar.
Über Bacharach thront die im 11. Jahrhundert errichtete und im 20. Jahrhundert wieder aufgebaute Burg Stahleck. Maurer erzählt uns die tragische Legende von Werner von Oberwesel (auch Werner von Bacharach genannt), und von der als Wallfahrtskapelle errichteten gotischen Wernerkapelle, die ab 1294 in 140 Jahren Bauzeit entstand.
Die Stadtbefestigung von Bacharach stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist mit den noch in voller Höhe stehen gebliebenen sieben Türmen eine der am besten erhaltene am Mittelrhein. Der Wehrgang ist vollständig begehbar.
Bacharach entstand aus einer keltischen Siedlung. Der Ortsname „Baccaracus“ bedeutet soviel wie „keltisches Landgut des Baccarus“. Nachdem die Stadt 1689 das Ende der wirtschaftlichen Blüte erleben musste, fiel sie 200 Jahre in Dornröschenschlaf aus der sie erst von den Romantikern im 19. Jahrhundert wieder erweckt wurde. Victor Hugo beschrieb Bacharach, als er im historischen Posthof übernachtete, als eine der „schönsten Städte der Welt.
Auf der schmalen Straße geht es vorbei am Lindenhof, eine Siedlung mit zahlreichen kleinen Ferienhäuser. Als wir durch die Weinbergslage „Bacharacher Hahn“ fahren, erzählt uns Horst Maurer die Geschichte vom Hahnenhof.
Immer wieder können wir Blicke ins Rheintal werfen – Burg Gutenfels, die über Kaub thront, kommt ins Blickfeld.
Der kleine Ortsteil von Bacharach, Henschhausen liegt unmittelbar am Rande der Hochfläche des Mittelrheintals.
Unser Gästeführer macht uns auf das Logo des Welterbe Oberes Mittelrheintal aufmerksam. Henschhausen liegt auf der Höhe des Rheinkilometers 550.
Auf der kurvenreichen Strecke der Rheingoldstraße, die einige Jahre eine beliebte Bergrennstrecke war, geht es weiter nach Langscheid. Der Rheinhöhenort gehört bereits zu Oberwesel.
Der nächste Halt ist am Aussichtspunkt „Pfalzblick“. Von hier haben wir einen herrlichen Blick auf die Blücherstadt Kaub und Pfalzgrafenstein.
Wenig später erreichen wir Oberwesel, die „Stadt der Türme und des Weines“. Die mittelalterliche Stadtbefestigung mit den zahlreichen gut erhaltenen Wehrtürmen, die tausendjährige Schönburg sowie die imposanten gotischen Kirchen Liebfrauen und Sankt Martin sind Inbegriff der Rheinromantik. Die begehbare Stadtmauer mit dem neu angelegten Stadtmauergarten, eine Führung in der Liebfrauenkirche mit dem Goldaltar und dem Lettner, das Kulturhaus mit dem interessanten Stadtmuseum, lohnen einen weiteren Besuch in Oberwesel im nächsten Jahr.
Während wir am Marktplatz mit seinem schönen historischen Rathaus einen kurzen Stopp einlegen, erzählt uns Horst Maurer vom Hotel Goldener Pfropfenzieher, in dem durchreisende Maler, Dichter und Denker gerne Quartier nahmen.
Wie die Homepage des Hotels aussagt, trug Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1843 hier in patriotischer Runde das „Lied der Deutschen“ vor. Weitere prominente Gäste waren u.a. Ferdinand Freiligrath, Victor Hugo, Emmanuel Geibel und Karl Simock, der u.a. hier die Rheinsagen sammelte.
Nach dem Aufenthalt in Oberwesel klettert der Bus wieder auf die Höhe zum Günderode-Filmhaus.
Als die Arbeiten zum Filmepos "Heimat 3" von Regisseur Edgar Reitz beendet waren, blieb das über 200 Jahre alte Fachwerkhaus als Filmmuseum erhalten. Es stammt aus Seibersbach im Hunsrück.
Quelle: www.guenderodefilmhaus.de
Das Haus ist nach Karoline von Günderrode benannt, einer Dichterin der Romantik, die 1780 in Karlsruhe geboren wurde. Sie lernt Bettina und Gunda Brentano kennen und korrespondiert mit Clemens Brentano. Nach einer unglücklichen Liebe begeht sie 1806 im Alter von 26 Selbstmord. Sie erdolchte sich am Flussufer in Winkel im Rheingau. Ihr Grab ist auf dem Friedhof der Winkeler Pfarrkirche St. Walburga zu finden. (Quelle: wikipedia.de)
Nachdem uns Horst Maurer die tragische Geschichte der Günderrode erzählt hat, folgt - wie so oft an diesem Nachmittag - seine Empfehlung: „Zwei bis drei Gläschen Riesling helfen gegen jeglichen Herzschmerz!“
Vorbei am Skulpturenpark mit Blick auf das Loreleydorf Bornich, fahren wir durch Urbar. Der Rheinhöhenort war von 1974 bis 1999 ein Ortsteil der Stadt Oberwesel. 1999 wurde Urbar wieder eine selbständige Gemeinde.
Von hier ist es nicht mehr weit bis zu unserem nächsten Stopp, dem Aussichtspunkt Maria Ruh direkt gegenüber der Loreley. Tief geht es hinab zur tiefsten und schmalsten Stelle des Rheins. Flussabwärts grüßen die Burgen Katz über St. Goarshausen und Maus über Wellmich.
Der Blick auf den sagenumwobenen Loreleyfelsen ist unvergesslich. Am Aussichtspunkt ist den "Vätern des Loreleyliedes", Clemens Brentano, Heinrich Heine und Friedrich Silcher, ein Denkmal gewidmet. Hier stimmen wir gemeinsam mit unserem Gästeführer das Loreley-Lied an.
In der Deckengestaltung des Aussichtstempelchens wird auf die beiden Frauenfiguren Lore Lay (Loreley = bedrohliches Ufer) und Maria Ruh (das ruhige Ufer) hingewiesen (siehe auch Homepage von Urbar/Maria Ruh)
Auf der Weiterfahrt nach St. Goar trägt uns Horst Maurer ein weiteres Gedicht in etwas abgewandelter Form („Mit Bedacht ein Weinchen schlürfen“) vor, das hier nachzulesen ist.
An Burg Rheinfels fahren wir hinunter nach St. Goar und von dort zurück über die B 9 nach Oberwesel.
Unterwegs macht uns unser Gästeführer auf den „Warschauer“ aufmerksam, der quasi eine „Ampel für Schiffe“ darstellt. Der Warschauer geht zurück auf die Zeit der großen Flöße, auf denen bis zu 200 Menschen lebten.
Vor jedem Floß fuhr etwa eine Stunde vorher ein Warschauer mit seinem Ruderboot um die anderen Schiffe mit einer rotweiß gewürfelten Flagge zu warnen. Seit 1972 warnen die heutigen Warschaustationen mit Lichtsignalen die Schiffe. Die schnelleren Talfahrer haben Vorfahrt, die Bergfahrer müssen vor den engen und uneinsehbaren Kurven anhalten.
Vorbei an den Felsen der sieben versteinerten Jungfrauen, die wegen Schabernacks, die sie mit ihren Freiern getrieben haben, zur Strafe versteinert wurden, erreichen wir gegen 16.45 Uhr Oberwesel.
Unterhalb des Markplatzes verabschieden wir uns mit viel Beifall von unserem erfahrenen und fachkundigen Gästeführer Horst Maurer und dem Busfahrer Horst Fülber und kehren nach einem kurzen Spaziergang über den Marktplatz in der Straußwirtschaft Überrheiner-Gold von Andreas Schmelzeisen und Stephan Becker ein.
Die romantische Weinlaube ist in den Sommermonaten täglich geöffnet und bietet nicht nur Wein aus eigenem Anbau, sondern auch herzhafte Speisen aus der Straußwirtschaft-Küche.
Gegen 20 Uhr führe ich die Gruppe etwas abseits der Hauptstraße durch eine kleine Gasse zurück zum Bahnhof. Leider müssen wir wieder eine Verspätung im Zugverkehr in Kauf nehmen ....wir nehmen es mit Humor. Um 22 Uhr sind wir wieder wohlbehalten in Mainz.
Den wunderbaren Tag haben Marita und Dieter in zahlreichen Bilden festgehalten, die ich natürlich nicht alle im Bericht unterbringen konnte. Deshalb hier die Links zu den Bildern von knuddeline56 und fidelis45.
(eingestellt am 29.7.13)
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