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Besuch im Landtag Rheinland-Pfalz

Wer über die Große Bleiche zum Rhein fährt, oder von Hessen über die Theodor-Heuss-Brücke nach Mainz kommt, sieht neben dem Kurfürstlichen Schloss die Regierungsgebäude des rheinland-pfälzischen Landtags.

Landtag_fidelis45
von der Theodor-Heuss-Brücke aus zu sehen sind die Staatskanzlei und der Landtag - in der Mitte die Türme der Peterskirche.
Foto: fidelis45

Nach Artikel 79 Abs. 1 der Landesverfassung ist der Landtag „das vom Volk gewählte oberste Organ der politischen Willensbildung“. „Er vertritt das Volk, wählt den Ministerpräsidenten und bestätigt die Landesregierung, beschließt die Gesetze und den Landeshaushalt, kontrolliert die vollziehende Gewalt und wirkt an der Willensbildung des Landes mit in der der Behandlung öffentlicher Angelegenheiten, in europapolitischen Fragen und nach Maßgabe von Vereinbarungen zwischen Landtag und Landesregierung.“

Sehr theoretisch – 23 Mitglieder und 1 Gast wollten sich deshalb selbst ein Bild machen und schauen, wo und wie Politik in Rheinland-Pfalz gemacht wird.

Deutschhaus_bakru26
Das historische Deutschhaus mit den beiden Kavalierbauten
Foto: bakru26

Um 15.15 Uhr trafen wir uns an der Pforte des Deutschhauses, das zu den geschichtsträchtigen Bauten der Landeshauptstadt zählt. Es wurde 1729 – 1740 als Residenz des Deutschen Ritterordens von Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg erbaut, der nicht nur Erzbischof von Mainz war, sondern auch das Amt des Hochmeisters des Deutschen Ordens inne hatte. Deshalb beanspruchte er neben seiner eigentlichen Residenz als Erzbischof, dem Kurfürstlichen Schloss, noch eine weitere für das Amt des Hochmeisters. Das Ordensritterpalais wurde zu einem der prächtigsten Profangebäude im Kurmainzer Raum. Erzbischof Ludwig von Pfalz-Neuburg war bei der Vollendung allerdings bereits 5 Jahre tot, so dass hier niemals ein Hochmeister des Ordens residiert hat.

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Wir treffen uns vor dem Landtag
Foto: Margret551

Während der kurzlebigen Mainzer Republik (1792-1793), die als erste Demokratie auf deutschem Boden gilt, wurde das Gebäude als Sitz des Rheinisch-Deutschen Nationalkonvents genutzt. Dieser Konvent fungierte 1793 als Parlament für die von Frankreich besetzten linksrheinischen Gebiete, bis sie im gleichen Jahr durch deutsche Truppen wieder erobert wurden.

1804 – 1813 lässt Napoleon das Gebäude als kaiserlichen Palast ausstatten. Hier residiert er während seiner 8 Aufenthalte in Mainz.

Nach dem Wiener Kongress wird Mainz 1815 Provinzhauptstadt des Großherzogtums Hessen-Darmstadt. Von 1816 – 1918 dient das Deutschhaus als Großherzoglich-Hessisches Palais.

1870 plant König Wilhelm von Preußen von hier aus seinen Feldzug gegen Frankreich. Nach dem 1. Weltkrieg dient das Gebäude von 1918 – 1930 der französischen Besatzungsmacht als Hauptquartier. Beim Luftangriff auf Mainz am 27. Februar 1945 wurde das Deutschhaus stark zerstört. Nur noch die Fassaden standen. Es wurde jedoch schon 1950/51 als einer der ersten der zahlreichen Repräsentationsbauten der kurfürstlichen Residenzstadt wieder aufgebaut, wobei nur die Außenwände rekonstruiert wurden während das Innere zweckmäßig angepasst wurde. Seitdem dient das Palais als Plenargebäude des rheinland-pfälzischen Landtags.

Fuß des Konstantin_Margret551
Für die Konstantinausstellung in Trier 2007 wurde eine aufwändige Kopie des Kopfes und eines Fußes der Kolossalstatue Konstantins des Großen erstellt. Der Fuß als Logo für die Ausstellung genutzt und steht jetzt vor dem Landtag in Mainz.
Die Statue war 12 m hoch. Kaiser Konstantin ließ sie nach seinem Sieg in der Schlacht an der Milvischen Brücke etwa um 312-315 anfertigen. Vom Original sind heute jedoch nur noch einzelne Fragmente erhalten: Beide Füße, eine Hand, der Kopf und Teile der Beine, Arme und der Brust. Sie sind im Innenhof (Palazzo dei Conservatori) der Kapitolinischen Museen in Rom ausgestellt.
Foto: Margret551

Als wir den Landtag betreten, fällt das schöne barocke Treppenhaus mit den beiden Jünglingen auf, die Atlas darstellen. In der griechischen Mythologie ist Atlas ein Titan, der das Himmelsgewölbe stützt.

Foyer Landtag_bakru26
Im Foyer ist derzeit die Kunst „Auf dem Weg“ zu sehen, gestaltet von Studierenden des Instituts für Kunstwissenschaft und Bildende Kunst der Universität Koblenz-Landau.
Foto: bakru26

Im Foyer werden wir von Herrn Ministerialrat Klaus Lotz abgeholt und in den Plenarsaal begleitet. Dort hat bereits eine andere Gruppe Platz genommen. Wir setzen uns auf die kreisförmig angeordneten Plätze der Abgeordneten und Regierungsmitglieder. Die Abgeordneten, so erklärt Klaus Lotz wenig später, sitzen nach Fraktionen geordnet. Vom Landtagspräsidenten – in der 15. Wahlperiode (2006-2011) ist dies Joachim Mertes – aus rechts befinden sich nach den Regierungsbänken die Sitze der FPD (10 Sitze), dann folgen die Plätze der CDU (38 Sitze). Links vom Präsidenten sitzen die SPD-Abgeordneten (53 Sitze und damit die absolute Mehrheit).
Die Fraktionen bestimmen die Sitzordnung ihrer Mitglieder. Die Fraktionsführung sitzt – wie auch der Ministerpräsident – immer in der ersten Reihe.
Diese Einteilung geht auf das französische Parlament zurück, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts zunächst dem Adel und später den konservativen Parteien den Ehrenplatz rechts neben dem Präsidenten einräumte. Die Sozialisten und Kommunisten haben – seitdem sie in Parlamenten vertreten sind – ihren Platz auf der linken Seite.

Plenarsaal im Landtag Mainz_bakru26
Der Plenarsaal im rheinland-pfälzischen Landtag in Mainz
Foto: bakru26

Zuerst erfahren wir von Herrn Lotz etwas über die Geschichte des Landtages. Den wenigsten von uns ist bewusst gewesen, dass Rheinland-Pfalz älter als die Bundesrepublik Deutschland ist. Das Bundesland entstand nach dem 2. Weltkrieg aus einem Teil der französischen Besatzungszone, und zwar am 18. Mai 1947. An diesem Tag stimmten die Bürger für die Landesverfassung und wählten ihren ersten Landtag. Erst zwei Jahre später, am 23. Mai 1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Rheinland-Pfalz wurde eines von nunmehr 16 Bundesländern.
Durch die Zerstörung von Mainz war eine Unterbringung des Landtags und der Landesregierung nicht möglich. Mit Zustimmung der französischen Besatzungsbehörde nahm die vorläufige Landesregierung im Herbst 1946 ihre Arbeit in Koblenz auf. Dabei blieb es auch nach der Wahl zum ersten rheinland-pfälzischen Landtag. Der Landtag hatte seinen Sitz zunächst im Rathaus und danach im Görreshaus. 1949 kam es zu einem Tauziehen zwischen Koblenz und Mainz wegen der Hauptstadtfrage. Im Mai 1950 bestimmt der Landtag nach einer zweiten Abstimmung Mainz zur Landeshauptstadt und beschließt, von Koblenz nach Mainz umzuziehen. In nur 153 Tagen wurde das Deutschhaus wiederaufgebaut und der Landtag konnte am 18. Mai 1951 zum ersten Mal wieder hier tagen.

Plenarsaal_Kobold1952
Licht und Schatten im Plenarsaal
Foto: Kobold1952

Plenarsaal_bakru26
Klaus Lotz erklärt, wie eine Plenarsitzung abläuft.
Foto: bakru26

Die heutige Gestaltung des Plenarsaales stammt aus den Jahren 1986/87. Seither bilden die Abgeordnetensitze eine Kreisform, in die die Regierungsbank integriert ist. Klaus Lotz: „Die Gastgeber sollen nicht höher sitzen als die Gäste.“ Diese arenaförmige Anordnung wird später von allen Parlamenten übernommen.
Das Präsidium stellt ein Segment dieses Kreises dar. Davor ist das Rednerpult. Die Reden werden vorwiegend frei gehalten. Klaus Lotz: „Das macht die Debatte lebendiger“. Die Redezeit beträgt 5 bzw. 10 Minuten. Überschreitet der Redner diese Zeit, bekommt er den Ton abgestellt. Vor dem Rednerpult befindet sich das Stenografen-Pult. Nach 10 Minuten werden die Stenografen ausgewechselt.
Die Minister bekommen das Manuskript zugesandt, um Korrektur zu lesen. Sie dürfen jedoch inhaltliche (juristische) Begriffe nicht mehr ändern. Klaus Lotz: „Das gesprochene Wort wird gedruckt.“

An den Plenarsitzungen - 10 Sitzungen im Jahr, die 2 – 3 Tage dauern - nehmen alle 101 Landtagsabgeordnete teil, ebenso die Mitglieder der Landesregierung und ihre Staatssekretärinnen und –sekretäre. Die Sitzungen finden durchschnittlich an 25 Tagen im Jahr im Plenarsaal statt und sind öffentlich. Bürger sowie Presse, Funk und Fernsehen können daran teilnehmen.

Plenarsaal_Kobold1952
Blick zur Zuschauertribüne
Foto: Kobold1952

Die zwei Wandscheiben hinter dem Präsidium tragen das Landeswappen und die Originalfahne des Hambacher Festes von 1832 in den Farben schwarz-rot-gold, der Farbe der Demokratie.

Das rheinland-pfälzische Landeswappen von 1948 zeigt die Symbole der früheren Kurfürstentümer Trier, Mainz und Pfalz.
Es sind dies das rote Sankt-Georgs-Kreuz auf weißem Grund des Erzbistums und Kurfürstentums Trier, das Mainzer Rad des Bistums Mainz und den Pfälzer Löwen.
Die Volkskrone, fünf goldfarbene stilisierte Weinblätter verweist auf die Bedeutung des Weinbaus in Rheinland-Pfalz. Sie ist ein Sinnbild der Volkssouveränität.

Zum Schluss erfahren wir noch etwas über die Aufgaben des Parlaments. Es hat mehrere Funktionen, u.a. die Aufgabe den Ministerpräsidenten zu wählen, den Rechnungshofpräsidenten und den Bürgerbeauftragten. Außerdem berät und beschließt der Landtag die Landesgesetze. Wenn mehr als die Hälfte der Abgeordneten anwesend sind, ist der Landtag beschlussfähig. Zu den besonderen Rechten des Landtags gehört auch das Budgetrecht. Ob und in welcher Höhe Geld für eine Sache bereitgestellt wird, darüber entscheiden die Abgeordneten. Der Landtag übt darüber hinaus das Kontrollrecht aus. Er hinterfragt die Politik der Landesregierung und prüft, ob ihr oder der Verwaltung Fehler unterlaufen sind. Der Landtag ist auch das Forum für öffentliche Debatten. Kein anderes Staatsorgan berät und entscheidet in der Öffentlichkeit.

Zuhörer im Plenarsaal_bakru26
Unsere Mitglieder lauschen den Ausführungen von Klaus Lotz
Foto: bakru26

Nach diesen interessanten Informationen schließen sich noch zahlreiche Fragen der Mitglieder an. Eine der Fragen betrifft die Frauenquote. Klaus Lotz beantwortet sie dahingehend, dass es derzeit 36 Frauen sind (von insgesamt 101 Abgeordneten). Erfreulich, denn bis 1975 gab es nie mehr als 7 weibliche Abgeordnete. Der Altersdurchschnitt der Abgeordneten blieb dagegen weitgehend gleich. Er liegt zur Zeit bei etwa 49 Jahren.

Besuch im Landtag_bakru26
Wir bedanken uns bei Klaus Lotz für den interessanten Nachmittag im rheinland-pfälzischen Landtag.
Foto: bakru26

Klaus Lotz lädt uns ein, an einer Plenar- oder Ausschusssitzung teilzunehmen. Dafür werden wir uns im kommenden Jahr gerne anmelden, um uns ein eigenes Bild von unserer Volksvertretung zu machen. Von unserer alten oder neuen? Am 27. März 2011 wird in Rheinland-Pfalz ein neuer Landtag gewählt.

Gruppenfoto vor dem Landtag_Margret551
Gruppenfoto auf der Treppe des Deutschhauses
Foto: Margret551

Kurz nach 17 Uhr verlassen wir das Deutschhaus und beschließen den Tag im Weinhaus Wilhelmi.

Weinhaus Wilhelmi_Kobold1952
Im historischen Weinhaus Wilhelmi in der Rheinstraße sind in der "guten Stube" Plätze für uns reserviert.
Foto: Kobold1952

Unsere Fotografen waren wieder fleißig.
Die Bilder von bakru26 (Günter) kannst Du hier sehen,
Kobold1952 (Kordula) hat ihre Fotos hier eingestellt
und die Aufnahmen von Margret551 (Margret) findest Du hier.

(eingestellt am 7. November 2010)

Autor: Feierabend-Mitglied

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