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Zu den Schauplätzen der "Fastnachtsbeichte"

Zur Fastnachtszeit – egal ob vor- oder nachher - passt der Rundgang zu den Original-Schauplätzen der Verfilmung des bekannten Romans „Die Fastnachtsbeichte“ von Carl Zuckmayer.

In volkstümlicher Sprache erzählt Zuckmayer in seiner 1959 geschriebenen Novelle von einem Mord im Mainzer Dom zur Fastnachtszeit und vom turbulenten Karnevalstreiben.

Bereits 1960 wurde das Buch von William (Wilhelm) Dieterle verfilmt. Die UfA drehte die Außenaufnahmen von Februar bis Mai in Mainz, während der Film ansonsten in den Ateliers in Berlin-Tempelhof entstand.

Franz Winkler war 1960 ein 10jähriger Klepperbub und bei den Dreharbeiten als Statist dabei. Die Erinnerung an die aufregende Zeit ist geblieben und für „Geografie für Alle“ zeigt er uns nicht nur die einzelnen Stationen, an denen gedreht wurde, sondern erzählt lebhaft und interessant Anekdötchen aus der damaligen Zeit.

Knuddeline56 hatte für 25 Mitglieder die Führung mit Franz Winkler gebucht – 21 Interessierte trafen sich bei vorfrühlingshaften Temperaturen am 11. März um 15 Uhr in der Uferstraße am Rathaus.

Fast jeder von uns hat entweder das Buch von Zuckmayer gelesen oder den Film gesehen. Deshalb hier nur ein kurzer Umriss des Inhalts:

„1913: Mainz steht ganz im Zeichen des Karnevals. Doch nicht alle feiern, trinken und lachen. In der Abenddämmerung betritt ein junger Mann in Dragoner-Uniform den Dom. Er kniet in einem Beichtstuhl nieder. Doch kaum hat er die Anfangsworte des Bekenntnisses gesagt, bricht er zusammen. Der entsetzte Domkapitular muss feststellen, dass der Fremde hinterrücks erstochen wurde.
Die Identität des Ermordeten gibt der Polizei Rätsel auf. Bei ihm sind zwar die Papiere eines gewissen Clemens Bäumler gefunden worden, doch jener Clemens ist quicklebendig, wenn auch im Augenblick im Militärgefängnis. Den Aussagen des verängstigten Rekruten nach handelt es sich bei dem Toten um seinen seit Jahren verschollenen Bruder Ferdinand.

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Zur gleichen Zeit bereitet sich Adalbert Panezza voller Elan auf die närrische Zeit vor. Er ist zwar schon fünfzig, doch durch seinen Posten als Fastnachtsprinz spürt er, nicht zuletzt wegen der jungen, hübschen Prinzessin an seiner Seite, noch einmal einen Hauch von Jugend.
In diesem Trubel taucht unverhofft Viola Toralto, ein hübsches Mädchen aus dem italienischen Zweig der Familie auf. Jeanmarie, der Sohn von Adalbert, verliebt sich in sie, muß aber feststellen, daß sie ein Armband besitzt, das ähnliche Insignien trägt wie die Tatwaffe, mit der Ferdinand erstochen wurde.
Nur der alte Panezza scheint ein wenig Licht in die mysteriöse Affäre bringen zu können, denn es stellt sich heraus, daß der Ermordete sein unehelicher Sohn war.“

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Wem die Einzelheiten des Films und Buchs nicht mehr bekannt sind, kann sich hier nochmals schlau machen, um die Personen und die Stationen, die ich im folgenden beschreibe, besser verfolgen zu können.

Der Kinofilm wurde mit Hans Söhnker (Adalbert Panezza), Gitty Daruga (Viola Toralto), Berta Drews (Therese Bäumler), Christian Wolff (Jeanmarie), Friedrich Domin (Dr. Henrici, Domkapitular), Rainer Brandt (Ferdinand), Grit Böttcher (Bertel, Dienstmädchen) und Götz George (Clemens Bäumler) hochkarätig besetzt.

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Franz Winkler zeigt uns als erstes seinen dicken Ordner, in dem er Filmplakate des Films gesammelt hat und erklärt die einzelnen Schauspieler:

Zu Götz George, bekannt u.a. als Schimanski und Hans Söhnker muß nicht viel gesagt werden. Auch Grit Böttcher ist jedem ein Begriff. Gitty (Gitta) Djamal (Daruga) wurde Fotografin. Friedrich Domin, der den Domkapitular Dr. Henrici spielt, glänzte später als Pater Brown.
Christian Wolff – Jeanmarie – ist bekannt als der Förster aus dem Forsthaus Falkenau. Berta Drews, die Mutter von Götz George, bekannt als große Theater- und Filmschauspielerin. Rosa wurde von Ursula Heyer gespielt, später eine bekannte TV-Sprecherin. Rainer Brandt, der deutsche Synchronpapst, lieh u.a. Elvis Presley, Tony Curtis und Jean-Paul Belmondo in deren Filmen seine Stimme. Herbert Tiede, der den Dr. Merzbacher spielt, war später Kommissar in den Stahlnetz-Krimis. Auch zu Wolfgang Völz, der den Assessor spielt, braucht man nichts zu sagen.

Franz Winkler erinnert an den 27. März 1960, als im Bereich des damaligen Halleplatz mit der repräsentativen Stadthalle und der Uferstraße der Rosenmontagszug nachgestellt wurde. „Für 50 Sekunden Film“, so Franz Winkler, „sinn mer tausendmal geloffe“. Für das Publikum, das eine zeittypische – der Film spielt bekanntlich im Jahr 1913 – Kostümierung trug, wurden einige hundert Statisten engagiert, die der Mainzer Carnevals Verein stellte. Der Vater von Franz Winkler, der damals Zugausstatter beim MCV war, sagte zu seinem Sohn: „Die Preusse könne keen Fassenacht mache.“

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Franz Winkler berichtet weiter: „Mir durfte keen HELAU schreie“. Das „Publikum“, das an der Stelle stand, an der wir den Ausführungen unseres Stadtführers lauschen, sah den Wagen des Karnevalsprinzen (Hans Söhnker alias Adalbert Panezza) mit seiner Prinzessin Katharina (Helga Tölle), um die Ecke kommen. Winkler: „Die Stühle auf dem Wagen wackelten so stark, daß die beiden sich festhalten mußten“.

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Der Karnevalsprinz Adalbert Panezza (Hans Söhnker) und seine Prinzessin, die junge Katharina (Helga Tölle) auf dem schaukelnden Wagen.
Foto: Margret551

Er erzählt weiter: „Der Zug stockte vor der Uferstraße 57, wo die Balkonszene gedreht wurde. Grund dafür war, daß die Statisten Autogramme der Schauspieler wollten, die diese bereitwillig auf ein Fäßchen schrieben – jedenfalls solange, bis Wilhelm Dieterle, der Regisseur kam und seine Schauspieler „anschiss“, weil nicht weitergedreht werden konnte.“
„Gedreht wurde hier“ so Winkler, „weil die Häuser am Fischtorplatz/Uferstraße das letzte, im Krieg unzerstörte Viertel von Mainz war, das wie zur Zeit von 1913 aussah.“

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Hier in der Uferstraße spielte die berühmte Balkonszene im Film "Die Fastnachtsbeichte"

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Der "Klepperbub" und das "Kleppermädchen" in den damals üblichen Kostümen.

Die nächste Station ist der Fischtorplatz. Hier hatte die UfA eine Feldküche aufgestellt. Winkler erinnert sich an die Erbsensuppe, die so grün aussah, daß er sich nicht traute, davon zu essen. Erst als sein Vater und sein Onkel Gottfried ihm sagten, daß er sie probieren solle, aß er davon. Winkler: „Ich habb erst in de 80er Jahr, wie die Ikea in Wiesbade abgebrannt iss, widder so en guud Erbsesupp gesse“.

Vom Fischtorplatz gehen wir weiter zum Heilig Geist. Franz Winkler erinnert sich: „Hier standen damals die Trottoir-Schwalben. Am Halleplatz war das Feldlager der Prinzengarde. Er stand voll mit Buden." Winkler: „Hier hat die Viola nach ihrem Bruder Ludolfo (Lolfo) gepfiffen." Und weiter: "Die Ballszene im Film wurde allerdings nicht in der Stadthalle – die im Film gezeigt wird – gedreht, sondern auf dem Stephansberg.“

Weiter geht's zur Fischergasse 5. Hier bleiben wir am historischen „Brauhaus zum Roten Kopf“ stehen. Franz Winkler erzählt uns, dass hier die Szene spielt, in der Clemens mit seinem Bruder die Uniform tauscht. Clemens geht anschließend in die „Kappelhofgass“, dem Rotlichtviertel von Mainz. Winkler: „Da ging die Post ab. Besonders donnerstags war der Teufel los.“ Im Etablissement „Kappelhof“ lernt er Rosa (Ursula Heyer) kennen und als eine Pistole aus seiner Kleidung fällt, holt Madam Guttier die Polizei.

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In der Rote Koppgasse, neben der Weinstube „Specht“ gehen Clemens und Rosa ins Hotel.
Foto: Knuddeline56

Als nächstes gehen wir über den Liebfrauenplatz zum Dom. An der Tür hält – so Winkler – die Kutsche und von hier aus geht Viola zum Beichten. Im Film marschiert die Garde von der Domstraße zum Liebfrauenplatz.

Im Dom zeigt uns Franz Winkler den Beichtstuhl, vor dem Ferdinand seine letzten Worte „ich armer sündiger Mensch“ sagt, bevor er, durch ein feines italienisches Stilett ermordet, zusammenbricht.

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Der durch den Film berühmt gewordene Beichtstuhl
Foto: Knuddeline56

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Viola

Während wir im Dom Platz nehmen, erzählt uns Franz Winkler, dass Clemens verhaftet wird und seine Mutter (Berta Drews alias Therese Bäumler) "Judas" zu ihm sagt. Sie glaubt, dass er seinen Bruder ermordet hat.

Winkler erzählt von der Empfangsszene in Eltville (Nieder-Keddrich im Film) und der Demaskierung auf dem Ball, als Jeanmarie das Dienstmädchen Bertel statt Viola im Arm hält und Viola zu Adalbert Panezza sagt: „Hilf mir“.

Viola gesteht dem Kriminalkommissar Dr. Merzbecher alles und dieser bringt sie in den Dom zur Beichte. Hier erzählt sie ihm, dass sie ein Kind (von Ferdinand) erwartet. Der Film endet mit der Beichte von Viola und den Worten des Domkapitulars Henrici: „Gehe in Unschuld und trage dein Leben“.

Nebenbei zeigt uns Franz Winkler die repräsentative Tür, die früher den Eingang - rheinseitig - des Heilig Geist Spitals zierte und die zum Schutz vor Verfall im Dom eingebaut wurde. Winkler: „Der Rhein war der „Bahnsteig“, auf dem Mainz seine Gäste empfing. Es war damals für die Mainzer unvorstellbar, daß Napoleon nicht von der Schauseite her Mainz erreichte, sondern vom Hinterland.“

Anschließend gehen wir zur Augustinergasse. Im Film werden von hier die Szenen des echten Rosenmontagszugs gezeigt und die Kamera schwenkt erst danach in die Uferstraße.

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Hier im Kirschgarten spielten die Szenen vom Kappelhof.
Foto: Knuddeline56

Am Brunnen im Kirschgarten, vor dem heutigen Weinlokal Dr. Flotte, erklärt uns Franz Winkler, dass hier die Szene vom Kappelhof spielt. 1960 waren die Häuser in der Kappelhofgasse noch nicht saniert.

Im Film wickelt Clemens Bäumler (Götz George) hier am Brunnen zwei Goldstücke in ein Kuvert und gibt es einem Botenjungen, der es Rosa überbringen soll. Er sagt zu dem Mann: „Geh hoch und sag, der Dragoner würde da stehen.“ Der Bote kehrt zurück und berichtet, dass er auf sie warten solle. Zusammen mit Rosa geht Clemens danach zum Gasthaus „Zum Anker“ in die Rote Kopfgasse.

Im Film springt eine Katze zu ihm auf den Brunnen und er spielt mit ihr. „Bis heute“ so Winkler, „ konnte nicht geklärt werden, ob die Katze zufällig dort vorbei kam, oder ob die Szene gestellt wurde.“

In der Ludwigstraße deutet Franz Winkler auf die Pavillons gegenüber des Theaters. Früher stand dort das 3stöckige Wohnhaus der Karnevalsprinzessin Katharina Bekker, in dem sich im Buch und Film die Original-Balkonszene abspielte. Da das Haus im Krieg zerstört wurde, musste für die Dreharbeiten der Balkon in der Uferstraße 57 herhalten.

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Kurz vor der berühmten Balkonszene im Haus der Familie Bekker

Nach 2 Stunden endet hier der Rundgang mit Franz Winkler. Für den Abschluss hat Knuddeline56 drei Tische im Weinhaus Flehlappe reserviert und bei Määnzer Fleischworscht und Rippsche mit Kraut und dem einen und anderen Schoppen klingt der interessante Nachmittag aus.

(eingestellt am 13. März 2011)

Autor: Feierabend-Mitglied

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