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Rheinromantik im Brentanohaus

Schon lange hatte ich geplant, die historischen Räume des Brentanohauses in Winkel zu besichtigen. Ausschlaggebend, das Vorhaben endlich in Angriff zu nehmen, war die Nachricht, dass das Haus, das seit 200 Jahren im Besitz der Familie Brentano ist, verkauft werden soll. Käufer wird vermutlich das Land Hessen sein. Die gute Nachricht ist, dass das Haus nach einer Sanierung weiter als Museum genutzt werden soll. Darauf wollte ich aber nicht warten, sondern das Brentanohaus noch in seinem ursprünglich Zustand erleben, nachempfinden, wie und wo sich vor 200 Jahren das kulturelle Leben abgespielt hat.

Brentanohaus_Karenage

Für Samstag, den 10. Mai 2014 hatte ich für unsere Gruppe eine Führung mit Baronin Angela von Brentano vereinbart. Mit dem Bus fahren wir von Mainz nach Schierstein und von dort weiter in den Rheingau nach Winkel. Durch einen Torbogen gelangen wir in den gepflasterten Hof und stehen vor dem alten Haus mit dem wuchtigen Mansardendach. Zum Rhein erstreckt sich ein idyllischer Garten, in dem, wie uns die Baronin später erzählte, Goethe morgens in seinem weißen Schlafrock lustwandelte und dabei nicht gestört werden wollte.

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Nachdem wir die Glocke geläutet haben, öffnet die Baronin die Tür, und wir dürfen in das Haus eintreten, das sich heute noch im gleichen Zustand wie vor 200 Jahren darstellt. Ich bekomme von ihr die Erlaubnis, zu fotografieren und die Bilder im Bericht auf unserer Feierabend-Seite zu veröffentlichen. Hierfür darf ich mich noch einmal herzlich bedanken.

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Bis wir alle vollzählig sind, warten wir im Flur

Über den Flur betreten wir den „Roten Salon“, der wegen der roten Bespannung der Sessel und Stühle seinen Namen trägt. Während wir uns in dem Raum umschauen, erzählt uns die Baronin die Geschichte der Brentanos, die hier auf der Homepage der Familie Brentano nachzulesen ist.

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Brentanohaus_Karenage

Zwei Gemälde zeigen die ersten Besitzer des Sommerhauses, Franz Brentano und seine Frau Antonia.

Franz war der zweitälteste Sohn von Peter Anton Brentano, der, in Italien als Pietro Antonio geboren, nach Frankfurt kam und dort ein Handelshaus eröffnete. Er erwarb das Frankfurter Bürgerrecht und nahm den deutschen Vornamen Peter Anton an. Er war dreimal verheiratet und hatte 20 Kinder. Nach seinem Tod übernahm Franz Brentano die Vormundschaft für 13 seiner Geschwister.
Seine Frau Antonia, genannt Toni, eine geborene Edle von Birckenstock, wuchs in Wien auf. Ihre Vorfahren stammten aus dem Rheingau. Ihr Vater war ein begeisterter Kunstsammler und nach dessen Tod nahm sie einiges mit in ihr Sommerhaus nach Winkel.

Franz und Antonia Brentano hatten 6 Kinder. Das Sommerhaus wurde von ihnen von Mai bis Oktober bewohnt. Der Hauptwohnsitz war in Frankfurt.
Erst seit 1900 ist das Haus in Winkel ständig bewohnt.

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Franz Brentano und seine Frau Antonia, geb. Edle von Birckenstock
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Das älteste Buch in der Bibliothek stammt aus dem Jahr 1570

Wieder zurück im Flur, steigen wir die knarrenden Stufen nach oben. Die Schnitzerei am weißen Holzgeländer zeigt noch die Initialen der Familie Ackermann aus Bingen, die 1751 das Haus erbauten. Auf dem Treppenpodest sehen wir das Wappen der Brentanos und die Baronin erklärt, dass das Wappen etwas über die Herkunft der Brentanos aussagt.
Bei Wikipedia ist mehr darüber zu lesen.

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Die Treppe endet in einem Vorraum, in dem schöne alte Schränke, ein großer Esstisch und die dazu passenden Stühle stehen. In einem Vitrinenschrank sind Kunstwerke aus Ägypten zu sehen.

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Die Baronin führt uns in den größten Raum des Obergeschosses, den „Saal“. Die Fenster weisen nach drei Seiten: zur Straße hin, rheinabwärts Richtung Geisenheim und nach Süden Richtung Rhein.
Nach Süden gelangt man vom Saal in drei kleine Zimmer, auch Kabinett genannt. Von hier aus schaut man in den Hof, den Garten und zum Rhein.

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Blick zur Brentanoscheune, in der kulturelle Veranstaltungen stattfinden

In dem linken Kabinett befindet sich die Bibliothek, die beiden rechten Zimmer bezeichnet die Baronin als Goethezimmer. Hier hat Goethe bei seinen mehrfachen Besuchen in den Jahren zwischen 1814 und 1816 gewohnt. Sie sind originalgetreu erhalten, so, als würde der alte Geheimrat sie gerade eben erst verlassen haben.

Das rechte Zimmerchen ist das Schreibzimmer. Am Sekretär aus Kirschbaumholz, mit Blick auf den Rhein, schrieb Goethe Briefe und Prosawerke und ließ sich von der zauberhaften Landschaft und dem Wein zu Gedichten inspirieren.

Überliefert ist so einiges vom Dichterfürsten und die Baronin erzählt uns davon. Wurde er bei seinem frühmorgendlichen Spaziergang im Laubengang gestört, dann war er für den Rest des Tages launisch. Bei Tisch schaufelte er sich seinen Teller voll, hat aber kaum etwas davon gegessen. Um so besser mundete ihm der Wein, besonders der Wein des Jahrgangs 1811 und Franz Brentano konnte ihm keine größere Freude machen, als mit dem Geschenk eines Fässchens Wein.

Noch heute erinnert ein Emblem mit der Bezeichnung „Goethe-Wein aus dem Brentanohaus“ auf allen Flaschen des Weinguts an die Besuche des großen Dichters.

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Die Bibliothek
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Das Schreibzimmer
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Auch das Schlafzimmer ist noch original eingerichtet, das Biedermeierbett, in dem Goethe geschlafen hat, das Waschgeschirr, die Kommode und selbst der Nachttopf steht noch unter dem Bett wie eh und je. Weder die Vorhänge sind verblichen, noch die geblümte Streifentapete. Die Baronin erzählt uns auch den Grund. Die blau-grüne Papiertapete ist mit dem sog. Schweinfurter Grün hergestellt, das eine giftige Kupfer-Arsen-Verbindung enthält.

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Hier nächtigte Goethe
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Im großen Saal stehen mehrere Sitzgruppen und ein großer gußeisener Ofen, wie er in der damaligen Zeit in herrschaftlichen Häusern gebräuchlich war. Blickfang ist ein Flügel, der aber, so die Baronin, aus späterer Zeit stammt. An den Wänden hängen Gemälde der späteren Hausherren, aber auch ein Bild von Bettina, der Stiefschwester von Franz Brentano.

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Bettina Brentano, auch Bettine genannt, war im Gegensatz zu ihrem Bruder Clemens, der nur viermal in Winkel weilte, häufig und wochenlang Gast im Haus der Brentanos. Sie veranstaltete, so die Baronin, wilde Parties. An Goethes Mutter schrieb sie: "Am Samstag waren die Brüder hier, bis zum Montag. Da haben wir die Nächte verschwärmt." Sie war das "Enfant terrible" der Familie, hatte aber bei all ihrer Extrovertiertheit eine vielseitige Begabung. Bereits in frühen Jahren begann sie mit dem Schreiben von Briefen, Gedichten, Tagebücher, hatte Interesse am Komponieren, Zeichnen und Malen. Einige ihrer zauberhaften Scherenschnitten sind im Brentanohaus zu bewundern.
Schon als Jugendliche schreibt sie schwärmerische Briefe an Goethe, die sie später in „Briefwechsel mit einem Kinde“ veröffentlicht. 1811 heiratet sie den Freund ihres Bruders, den Dichter Achim von Arnim.

Ihre, für die damalige Zeit ungewöhnliche, Lebensgeschichte ist hier nachzulesen.

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Bettina von Arnim - auf dem Gemälde und auf dem 5-DM-Schein

Ich empfinde es als Geschenk, dass wir das Brentanohaus noch im Originalzustand besucht haben. Wer weiß, ob der morbide Charme des Hauses mit seiner bewegten kulturellen Geschichte nach einer Sanierung erhalten bleibt .... und dazu gehören nun einmal die Risse in der Decke und die abblätternde Farbe an den Fenstern.

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Wir verabschieden uns von Baronin Angela von Brentano und versprechen, nach der Sanierung wiederzukommen. Vielleicht ist dann auch wieder der Gutsausschank geöffnet. Wir könnten im idyllischen Garten sitzen und uns ein Glas Goethe-Wein munden lassen.

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Den Tag im Rheingau beschließen wir in der Weinstube des Wein- und Sektguts F. B. Schönleber in Mittelheim, ehe wir am Abend mit dem Zug zurück nach Mainz fahren.

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Die Bilder im Bericht sind von Karin (Karenage), der ich an dieser Stelle für das Fotografieren herzlich danken möchte.

(eingestellt am 18.5.14)

Autor: Feierabend-Mitglied

Rosemarie Egenolf

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