Die Mainzer Kartaus
Eine Straße in Mainz, die Kartaus heißt? Nie gehört! Wo ist die denn? Eine Seitenstraße der Göttelmannstraße, in der Nähe vom Rosengarten? Nie gesehen!
Durch Zufall haben Dieter und ich diese kleine Straße vor einigen Jahren entdeckt, als wir eine Abkürzung zum Rosengarten suchten. Wir waren völlig überrascht, daß wir plötzlich in einer kleinen Wohnsiedlung standen, in der sich die Häuser um einen Brunnen scharten. Was hatte es damit auf sich? Ich habe recherchiert und dem Kreis "Kultur und Wein" die Mainzer Kartaus gezeigt.
Wir trafen uns am 25. August um 16.30 Uhr an der Haltestelle "Rosengarten". Schräg gegenüber, auf der Seite des gleichnamigen Café-Restaurants, unscheinbar, biegt eine kleine Straße ab. Das rote Straßenschild "Kartaus" ist irgendwie genauso unscheinbar. Vielleicht deshalb, weil die Planer und Baumeister militärisch dachten. Statt die Abzweigung und Zuwegung von der Göttelmannstraße gerade in die Wohnsiedlung zu führen, gaben sie ihr einen deutlichen Knick. Wie auch bei der "geknickten" Zitadellenzufahrt konnte man die Siedlung im Kriegsfall besser verteidigen und die Gegner konnten nicht einfach hineinschießen. Heute, in friedlichen Zeiten, hat dieser Knick noch einen weiteren Vorteil: er hält den Lärm der Göttelmannstraße fern.
Im Internet habe ich gelesen, dass die Wohnsiedlung Kartaus in den Jahren 1911 und 1912 im Auftrag der Reichskommision für Mainz-Kasteler Festungsgrundstücke von dem Architekten Paul Kubo geplant und erbaut wurde.
Wo sich in früheren Zeiten das Fort Kartaus als eine der Mainzer Festungsanlagen befand, wurden mehrere Doppelvillen und ein Einfamilienhaus geschaffen. Der Architekt baute die Häuser um eine Art Innenhof. In der Mitte, als zentraler Punkt entstand ein Brunnen.
Als Erinnerung an das ehemalige Kartäuserkloster, das in der Nähe stand (Richtung Favorite) wurde die Statue des Heiligen Bruno in den Brunnen integriert.
Im 2. Weltkrieg wurde der Brunnen zerstört. Das Schieferwalmdach mit der Wetterfahne war durch eine Notbedachung aus Kupfer ersetzt worden. Sie bot jedoch keinen Schutz vor Witterungseinflüssen und so nagte in den nächsten Jahrzehnten der Zahn der Zeit am Mauerwerk, so dass der Brunnen ziemlich trostlos aussah.
2012 war die Rekonstruktion des Brunnens nach historischem Vorbild abgeschlossen. Auf der Rückseite des Brunnens steht auf einer Tafel zu lesen:
"Dieser Wohnhof wurde in den Jahren 1911 und 1912 aus den Mitteln des Reiches errichtet. Hier stand das im Jahre 1840 erbaute Fort Kartaus, benannt nach dem einst in der Nähe gelegenen Kartäuser Kloster. Nachdem ein kaiserlicher Erlass von Gibraltar aus am 18. März 1904 die Niederlegung der älteren Stadtbefestigung veranlasst hatte, fiel im Jahre 1908 mit der Umwallung auch das Fort Kartaus. Zur Erinnerung an die Geschichte dieses Platzes führt der Wohnhof den Namen Kartaus."
Das im Text an der Brunnenrückwand erwähnte Kartäuser Kloster stand von 1323 - 1781 mitten in den Weinbergen am Rhein gegenüber der Mainmündung im Bereich der jetzigen Hotelanlage "Favorite". Es war mit der 1320 vollzogenen Gründung die erste Kartaus in Deutschland. Danach folgten binnen dreier Jahrzehnte weitere Kartausen: Grünau im Spessart, Trier, Koblenz, Straßburg, Köln, Freiburg, Würzburg und Tückelhausen. Nach der Pest im 14. Jh. begann der Orden sich mit der Gründung der Kartaus in Erfurt im Jahr 1372 in ganz Deutschland auszubreiten.
Im Laufe der Zeit entstanden insgesamt 272 Kartausen, von denen heute noch 24 bestehen, davon 18 Klöster für Mönche und 6 für Nonnen.
(Quelle: Wikipedia)
Was ist aber überhaupt eine Kartause? Wikipedia sagt dazu:
"Eine Kartause ist ein Kloster des Kartäuserordens. Die Bezeichnung Kartause leitet sich von dem lateinischen Cartusia für den Gründungsort der ersten Kartause, das im Jahr 1084 entstandenen Stammkloster La Grande Chartreuse ab.
Hier ist ein interessanter geschichtlicher Abriss über das Kartäuser Kloster zu lesen
Die um den Platz stehenden unterschiedlichen Doppelhäuser wurde im Stil des im 17. Jhs. in Paris tätigen Architekten Mansart nachempfunden, der viele Gebäude mit den nach ihm benannten Mansardendächern entworfen hat.
Schade, dass wir keine Sonne hatten und deshalb unser geplanter Spaziergang durch den Rosengarten ausfallen mußte. Zum Glück regnete es nicht heftig und da ich vorher Kontakt zu einer Bewohnerin auf der Kartaus aufgenommen hatte, klingelten wir kurzerhand an ihrer Tür. Wir durften in ihren idyllischen Garten eintreten, und sie bedauerte sehr, daß wir ihn nicht bei Sonnenschein erleben konnten. Sie erzählte uns, daß sie bei der Gartenlage nur wenig tief graben mußte, um auf die Überreste der Festungsanlage Kartaus zu stoßen. Damit die Pflanzen gedeihen konnten, hat sie sehr viel Humus auftragen müssen.
Nach einer Weile verabschiedeten wir uns und gingen das kurze Stück zum Volkspark, wo ich im Restaurant Schwayer 12 Plätze hatte reservieren lassen. Im Wintergarten mit Blick auf den Volkspark verbrachten wir noch ein paar schöne Stunden.
Vielen Dank, Günter, für die Bilder des interessanten Nachmittags.
Hier sind sie zu finden
(eingestellt am: 26.8.14)
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