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Olga

Bernhard Schlink


empfohlen von Rose56

Inhalt:
Die Geschichte der Liebe zwischen einer Frau, die gegen die Vorurteile ihrer Zeit kämpft, und einem Mann, der sich mit afrikanischen und arktischen Eskapaden an die Träume seiner Zeit von Größe und Macht verliert. Erst im Scheitern wird er mit der Realität konfrontiert - wie viele seines Volks und seiner Zeit. Die Frau bleibt ihm ihr Leben lang verbunden, in Gedanken, Briefen und einem großen Aufbegehren.

Meine Beurteilung:
Bernhard Schlink ist vom Buch "Der Vorleser" bekannt. Wahrscheinlich ist der Film sogar noch bekannter als das Buch. Ich hatte damals auch zuerst den Film gesehen und mir dann das Buch gekauft und fand es wesentlich besser als den Film - trotz sehr guter Schauspieler.

Nun aber Olga. Schlink ist ein guter Erzähler, kurze Sätze. Was mir am Buch auch gefiel waren die relativ kurzen Kapitel. So hätte ich es abends auch gut zur Seite legen können, aber es war - je länger ich las - derart spannend, daß ich die knapp über 300 Seiten an vier Abenden durch hatte.
Wobei es mir anfangs etwas Mühe bereitete, mich in das Buch einzulesen. Das lag vielleicht aber auch daran, daß ich kurz zuvor das andere Buch mit der Einsamkeit gelesen hatte, das in einem ganz anderen Erzählstil geschrieben war.

"Olga" ist in 3 Teile gegliedert und die Handlung erstreckt sich ab dem Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Der Leser reist quasi durch die deutsche Geschichte: Bismarck, die Kolonialisierung. Der erste und zweite Weltkrieg werden nur kurz gestreift. Interessant auch die Entwicklung des Rollenbilds der Frau. Wobei für mich als Geschichtsbegeisterte die deutsche Geschichte fast schon ein wenig zu kurz kam.

Der erste Teil des Buches befaßt sich mit dem Aufwachsen von Olga, das Erkennen der Klassenunterschiede zwischen Arm und Reich, das vorsichtige Annähern zwischen Olga und Herbert, die Liebe der beiden jungen Menschen, die nüchterne Olga, die darum kämpft, Lehrerin zu werden und es auch schafft, wohl wissend, daß sie auf Ehe und Familie verzichten muß. Sie sieht aber sowieso keine Perspektive für ihre Liebe, da Herbert aus gutem Hause stammt und die Eltern gegen eine Verbindung der beiden Liebenden sind. Herbert, der Unstete, will Abenteuer - in Deutsch-Südwest-Afrika, in Südamerika, in Karelien und schließlich will er die Nordost-Passage der Arktis durchqueren.

Der zweite Teil des Buches ist aus der Perspektive von Ferdinand geschrieben. Nachdem Olga den Schuldienst aufgeben mußte, kommt sie als Näherin in eine Familie und freundet sich mit dem jüngsten Sohn Ferdinand an. Diesem erzählt sie ihr Leben und von ihrer großen Liebe. Der zweite Teil führt bis in die 70er Jahre - Olga stirbt mit über 90 Jahren.

Der dritte Teil, der in der Gegenwart spielt, besteht aus den Briefen, die Olga an Herbert - postlagernd nach Norwegen - geschrieben hat, immer in der Hoffnung, daß er doch noch zurückkehrt und sie liest. Dieser dritte Teil war am emotionalsten und hat mich derart gefesselt, daß ich nicht aufhören konnte mit dem Lesen. Denn sie offenbarten vieles, was ich vorher nicht bemerkt hatte. So habe ich öfter zurückgeblättert und etliche Passagen noch einmal gelesen und konnte sie dann auch plötzlich verstehen (und hier schlägt ein Buch eindeutig den Reader. Man könnte zwar zurückscrollen, aber es ist wesentlich leichter, mal eben etliche Seiten zurück zu blättern).

Das Ende war - für mich - total überraschend und ja, plötzlich verstand ich ....aber ich will nicht zuviel verraten, falls einer von Euch dieses Buch lesen möchte.


Eine kurze Leseprobe:
"Ein paar Wochen später kam er wieder. Er hatte mit den Eltern geredet, und sie drohten, ihn zu enterben, sollte er Olga heiraten .....Es gab Streit und laute Worte und Tränen. Schließlich reiste Herbert einfach ab. Eine Tante hatte ihm Geld vermacht, nicht viel und nicht genug, Olga zu heiraten und eine Familie zu gründen. Aber für ein paar Jahre würde es reichen. Danach - nicht mehr lange, das wusste Herbert, würde er Großes vollbringen, er wusste nur noch nicht, was.
Wie seinen Eltern versprach und verweigerte er auch Olga nichts, und Olga drängte nicht und klagte nicht. Immer noch war Sommer. Die Ferien waren vorbei, aber für Olgas und Herberts Wald-und-Wiesen-Liebe blieb genug Zeit. Nur war er nicht recht dabei. Er meinte, Olga sei voller Vorwürfe, die sie nur nicht ausspreche, war ihr dafür gram und war sich selbst gram. Er wollte sich den Eltern nicht beugen und konnte nicht mit ihnen brechen. Er wusste nicht ein und nicht aus. Nach ein paar Tagen reiste er auch hier einfach ab."



Rezension der FAZ:
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Diogenes-Verlag
ISBN: 978-3-257-24499-1
311 Seiten
Taschenbuch: 13 €


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