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Abschied für immer!
Goodbye my love goodbye!
Der Weg aus der Trauer!


Als ich am 29. Juni 2006 mit meinem Mann ins Grödner Tal fuhr wusste ich noch nicht, dass es für uns der letzte Urlaub sein würde. Wir verlebten ein paar wunderschöne Tage trotz Fußballweltmeisterschaft und obwohl uns die Italiener in der Nacht vor Gegröle kaum schlafen ließen, denke ich gerne an diese Zeit zurück.

Wohlbehalten kamen wir nach 14 Tagen wieder zu Hause an und Ende September fing mein Mann an, sich massiv unwohl zu fühlen. Da er schon seit Jahren Diabetiker war und seine Kontrollgänge wahrnahm, habe ich mir keine allzu großen Sorgen gemacht. Als er jedoch Anfang Oktober bei einer Kontrolle sofort ins Krankenhaus eingewiesen wurde, war ich schon sehr überrascht. Auch im Krankenhaus hatte man sein Zuckerproblem alsbald im Griff, er wurde aber nicht entlassen und man forschte nach irgend etwas Unbekannten.

Ich besuchte natürlich täglich meinen Mann und eines Tages sagte er mir, er habe einen Tumor. Er sagte das so lieb und ruhig und ich nahm es hin wie einen Schnupfen und ich dachte mir zunächst nicht viel dabei. Erst als dann der behandelnde Arzt kam und mich fragte, ob mein Mann schon mit mir gesprochen habe, wurde mir der Ernst der Lage schlagartig bewusst. Ich weinte bitterlich und dann lief ich dem Arzt hinterher und habe ihn angedonnert mit der Frage: „Macht Ihnen Ihr Beruf eigentlich Spaß??“ Er antwortete ganz ruhig: „Nein, nicht immer. Vor allen Dingen dann nicht, wenn man alles so hautnah mitbekommt.“

Den anderen Patienten im Zimmer meines Mannes kannte ich aus unserer Gemeinde und er wurde entlassen und ging zur Reha. Ich haßte ihn dafür und ich konnte ihn lange nicht freundlich grüßen.

Bei der Computertomographie hatte man also ein Krebsgeschwür an der Bauchspeicheldrüse
meines Mannes entdeckt. Dieses Geschwür sollte mit Chemotherapie bekämpft werden und ich schöpfte wieder ein wenig Hoffnung. Bei meinem Besuch am Nachmittag sagte mein Mann zu mir hoffnungsvoll und strahlend: „Die päppeln mich hier wieder auf.“ Jedoch ergab das Ergebnis im Krankenhaus, dass dies nicht mehr möglich war und sie nichts mehr machen können. Er wurde nach Hause entlassen. Das letzte Fünkchen Hoffnung war also geschwunden. Wir waren verzweifelt und tieftraurig. Sollte das jetzt das Ende sein? Das konnte alles gar nicht wahr sein.

Der nächste Tag war ein Samstag und wir bekamen Besuch von dem Mann meiner Nichte mit seinen zwei Töchtern. Wir hatten seit Jahren einen guten Kontakt zu ihnen und wir freuten uns, dass sie gekommen waren. Am späten Abend des 18. November 2006 saß mein Mann in seinem Sessel und rang wie ein Ertrinkender nach Luft. Da der Mann meiner Nichte Mediziner ist, sah er sofort die lebensbedrohende Lage meines Mannes. Wir riefen den Notarzt an und mein Mann kam dann in das nahegelegene Krankenhaus, aus dem er einen Tag zuvor entlassen wurde. Die untersuchende Ärztin sagte mir sofort, dass mein Mann sterben würde, obwohl er verzweifelt um sein Leben rang. Ich hatte die Sprache verloren und ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. Wir bekamen ein Zimmer für uns beide und ich konnte die ganze Nacht und den nächsten Tag bei ihm bleiben bis zum Morgen des 20. November 2006. Da machte er dann seinen letzten Atemzug und ich stand da und konnte nichts mehr für ihn tun. Ich war einfach nur traurig.

Eine Ärztin kam und kontrollierte sein Herz und prüfte seine Halsschlagader, die kein Leben mehr von sich gaben. Sie sagte zu mir kein freundliches oder tröstendes Wort und verließ wortlos das Zimmer.

War das für sie Routine? Ich konnte es nicht fassen und stand da wie versteinert. Meinem Mann drückte ich die Augen zu und zog ihm seinen Ehering von seinem Finger, den ich jetzt in einem Kettchen am Hals trage. Ich dachte an die Worte bei unserer Trauung vor 43 Jahren: Bis dass der Tod euch scheidet. Wir hatten damals keine Ahnung, was es bedeutet.

Als ich in unsere Wohnung zurückkam sah ich meinen Mann überall sitzen oder stehen. Ich sah ihn ins Wohnzimmer kommen, ich sah ihn im Garten arbeiten und er atmete neben mir in seinem Bett. Ich dachte, es stimmt alles nicht, es ist nur ein böser Traum. Die Tür geht auf und er steht in seiner ganzen Größe und Freundlichkeit im Türrahmen uns sagt: „Mach Dir keine Sorgen, ich bin doch hier!“ Werde ich jetzt verrückt oder ist es wirklich wahr?, so fragte ich mich!

Aus diesem Traum bin ich schmerzhaft erwacht, denn die nächsten Tage waren dann mit Behördengängen ausgefüllt und die Rentenkasse meldete sich erbarmungslos. Ich hatte bis zur Beisetzung eine Menge zu erledigen und ich glaube heute, dass ich nur noch funktionierte. Die Trauerfeier fand dann am 6. Dezember 2006 statt und die Trauerhalle war voll mit Menschen, denn sie mochten ihn alle, diesen immer liebenswerten, nie aufbrausenden stets hilfsbereiten und zuverlässigen Mann!

Jetzt kam er in das gleiche Grab, in dem wir seine Mutter 3 Jahre vorher 97-jährig begraben haben. Aber mein Mann war erst 67 !! War das gerecht? Ich zederte mit Gott und der Welt und „Dein Wille geschehe“ ging mir nicht mehr über die Lippen. Obwohl sehr christlich erzogen, vermied ich Kirchengänge über 2 Jahre! Meine Gefühlswelt fuhr Achterbahn und ich liebte und haßte mein Umfeld abwechselnd und alle diejenigen, die noch ihren Partner behalten dürfen. Es war eine emotionsgeladene Zeit und keiner wusste mehr so richtig, wie er mit mir umgehen sollte!

Irgendwann schloß ich mich dann der Trauergruppe in unserer Gemeinde an. Alles Frauen mit ähnlichen Schicksalsschlägen. Hier konnte ich weinen, wenn mir danach war und keiner fragte mich warum. Als dann eine Frau zu uns stieß, die in einem Jahr ihre Tochter und ihren Mann verloren hat, fühlte ich mich erstmals vom Schicksal gnädig behandelt. Ich hatte ja noch meinen Sohn und er war die ganze Zeit auch für mich da. Er war wie ein Geschenk für mich.

Im Januar bis Juni 2008 habe ich dann bei den Johannitern hier am Ort einen Hospizkurs absolviert. Wir wurden für die Begleitung und Beratung schwerstkranker und sterbender Menschen sowie deren Angehörigen ausgebildet. Ein schmerzhafter, aber hilfreicher Kurs für mich und dem begleitenden ev.Pastor, Krankenhausseelsorger und Ausbilder für Besuchsseelsorge, bin ich heute noch sehr dankbar, dass er mich ausgehalten hat. Bei einer abschließenden Unterredung sagte er mir, dass ich wohl ein großes Trennungsproblem habe. Damit hatte er wohl Recht.

Dieser Hospizkurs hat bei mir bewirkt, dass ich mich offiziell irgendwann in der Trauerbegleitung engagiere, obwohl ich das eigentlich schon jetzt mache!

Ganz besonders habe ich das Bild eines Malers (Ferdinand Hodler) in Erinnerung, der uns in diesem Kurs vorgestellt wurde. Er malte seine Freundin zunächst kränkelnd-traurig, durch Krankheit gezeichnet und dann später schwer krank und zum Schluß auf dem Totenbett. Danach hat er nur Wirres, Undefinierbares gemalt, denn seine Gefühlswelt war total durcheinander. Nach einiger Zeit hat er sie aus der Erinnerung gemalt, jung und schön und fröhlich. Diese Wandlung der Erkenntnisse hat mich tief bewegt.

Ich denke, da bin ich heute auch angekommen, dass ich meinen Mann gesund und fröhlich sehe und schön, einfach ein gut aussehender Mann! Heute bin ich dankbar, dass ich diesen Mann hatte, der mir so viel gegeben hat.

Dankbar bin ich natürlich auch für mein Umfeld, das mich aufgefangen und ausgehalten hat. Die vielen Einladungen, die ich bekam zu Ausflügen und Theaterbesuchen und einfach nur mal zum Reden. Auch die vielen Anrufe, dafür bin ich sehr sehr dankbar. Ein Freund meines Mannes rief mich einmal an und als ich ihn fragte, was er denn von mir wissen will, meinte er „ nichts, eigentlich gar nichts!“ Später sagte er mir, er wollte mich nicht fragen, wie es mir geht, denn er wisse ja, dass es mir schlecht geht. Ein anderer Freund meines Mannes ruft mich jedes Jahr kurz vor Weihnachten an und sagt mir, dass er immer noch an mich denkt. Das sind wirkliche Geschenke, die nicht selbstverständlich sind.

Ich werde mich also weiter engagieren in Kirche und Politik und ich werde meine Freunde pflegen und aufpassen, wenn die Zeit dann gekommen ist, dass sie mich brauchen.

Meinen Mann werde ich im Herzen bewahren und meinen Lebensweg nun ohne ihn weitergehen. Ich denke, es wird mir gelingen!

In der Trauergruppe habe ich erfahren, dass es eine Feierabend-Gruppe in Frankfurt am Main gibt und man sich da anmelden und neue Kontakte knüpfen kann. Das habe ich natürlich gemacht und der Erfolg gibt mir Recht. Ich habe in relativ kurzer Zeit ein ganz neues Umfeld um mich herum geschaffen und ich bin sehr froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin.

Ein Zufall wollte es und ich traf auf Denis in der Gruppe südl.Afrika. Er motiviert mich immer wieder aufs Neue, meine Gedanken und auch kreativen Einfälle kundzutun. Ich freue mich darüber und bin glücklich über meine neuen Feierabend-Freunde auf meiner VK.

Ach, das Leben ist doch schön!!!!

Vielleicht hilft mein heutiger Bericht dem einen oder anderen Leser, seine Schritte in eine neue Richtung zu bewegen und sein Leben wieder in den Griff zu bekommen.
Es würde mich sehr freuen und das wünscht Euch von ganzem Herzen

Bild Gretl zum Beitrag

Autor: ehemaliges Mitglied

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