Firma Rincker & Glockenwelt Greifenstein
Am Donnerstag, dem 03.05.2018 hatte ich zu einer Werksführung in die Glockengießerei Rincker in Sinn um 13:00 Uhr und anschließend auf die Burg Greifenstein mit dem Glocken-Museum "Glockenwelt" eingeladen.
25 Teilnehmer haben bei herrlichem Wetter an diesem Tag einiges gesehen, hoffe ich.
Begrüßt wurden wir von Hans Martin Rincker einem der beiden Firmeninhaber.
Die Gebrüder Hans Martin und Fritz Georg Rincker übernahmen nach dem Tod von Hans Gerd Rincker 1990 die Firma.
Rincker existiert als Glockengießer seit mindestens 427 Jahren und sind damit die ältesten in diesem Handwerk in Europa, da immer in Familienbesitz geblieben.
Seit mittlerweile mindestens 14 Generationen wurde das Wissen um die Konstruktion der Glockenrippe immer direkt in der Familie weitergegeben. Hier die ganze Firmengeschichte
Der Fuß Lenin´s
Bei der Besichtigung der Glocken- und Kunstgießerei Rincker in Sinn konnten wir schon im Hof der Firma einige Rohgußglocken, Glocken mit Einschüssen aus dem letzten Weltkrieg sowie einen übrig gelassenen Fuß eines ehemaligen Lenin-Denkmals aus Ljepaja in Lettland, das ansonsten eingeschmolzen wurde, links neben Hans Martin Rincker, bewundern.
Unter der sachkundigen und lebendigen Führung von Hans Martin Rincker, einer der Firmeninhaber, konnte die Feierabend Regionalgruppe Westerwald alles Wissenswerte über den Glocken- und Kunstguß in Sinn erfahren. Die Firma Rincker besteht seit 1590 und ist in Europa die älteste Glocken- und Kunstgießerei in Familienbesitz, und das seit mindestens 14 Generationen. Seit 1817 ist die Gießerei in Sinn ansässig, vor allem, wie Hanns Martin Rincker ausdrücklich erwähnte, wegen des guten Lehms in der Umgebung. Aus den sehr interessanten Ausführungen bleibt insbesondere in Erinnerung, dass die Glocke als „gegossenes Musikinstrument die Königin der Musik“ ist.
Rippe-Schablone
Hier erklärt uns Herr Rincker das Schablonenformverfahren.
Das Lehm-Schablonen-Formverfahren mit Formteilung wurde schon etwa im 12. Jahrhundert entwickelt, um Glocken mit höherer Tonqualität anfertigen zu können, als dies im vorher üblichen Wachsausschmelzverfahren möglich war. Die fortschreitende Technik hat vieles vereinfacht, manche Arbeitsschritte aber haben sich über die Jahrhunderte bis heute nicht verändert.
1. Rippe/Schablone
Das Herzstück des Verfahrens, das als Familiengeheimnis gut gehütet wird, ist die Herstellung des Glockenprofils, auch Rippe genannt. Sie entscheidet über den Klang der Glocke. Nach deren Errechnung wird das Profil, das aus der inneren und äußeren Konturlinie der späteren Glocke besteht, auf ein spezielles Brett aus Holz gezeichnet und zuerst an der inneren Linie ausgeschnitten. Im Zentrum der Glockenform wird die Schablone an einer Metallspindel drehbar befestigt, sie wird daher als Dreh-Schablone bezeichnet.
Der Kern
Dann beginnt die eigentliche Handarbeit. Aus Lehmsteinen und -schichten wird der Kern aufgemauert und immer wieder Lehm überzogen. Der überschüssige Lehm wird immer wieder durch Drehen der Schablone entfernt und die Schichten anschließend immer wieder feuergetrocknet. So entsteht eine Form, die dem späteren Inneren der Glocke entspricht, diesen (Form-)Teil nennt man Kern. Wenn dieser erkaltet ist, wird eine Schicht aus flüssigem Rindertalg aufgetragen, diese wiederum wird als Trennschicht für den nächsten Formteil dienen:Mehr Info hier
Lehmformverfahren
Kirchenglocken werden in Deutschland etwa seit dem 12. Jahrhundert bis in die heutige Zeit ausschließlich im traditionellen Lehmformverfahren hergestellt. Dieses Herstellungsverfahren hat sich in vielerlei Hinsicht hervorragend bewährt. Die Gussoberfläche dieser Glocken ist im Allgemeinen tadellos, das Klangverhalten genügt höchsten Ansprüchen und die durchschnittliche Lebensdauer lässt bei angemessener Beanspruchung keine Wünsche offen.
Für den im traditionellen Lehmformverfahren verwendeten Formstoff Lehm gibt es keine einheitlichen Regeln oder Rezepte. Glockengießereien haben basierend auf ihrer langen Tradition große empirische Erfahrung in der optimalen Aufbereitung des Formstoffes für das traditionelle Lehmformverfahren. Die typische Zusammensetzung des Formstoffes für das traditionelle Lehmformverfahren besteht aus einem Gemenge von magerem Lehm, fettem Lehm, Wasser, Stroh, Spreu, Gerstengrannen, und sonstigen Zutaten aus der Natur Buchstaben und Bilder werden aus Wachs erstellt und auf die Falsche Glocke aufgesetzt.
Die Firma Rincker benutzt zum Mischen des Lehm´s eine Teigknetmaschine, tolle Idee. Siehe Bild.
Glockenaufhängung-Krone
Man kann sich eigentlich eine Kirchenglocke nicht ohne ihre Krone vorstellen, erklärt uns Hans Martin Rincker.
Als Glockenkrone bezeichnet man den an die Glocke angegossenen oder auch angeschraubten Teil, der zur Befestigung an einem Holz- oder Eisenjoch dient. Sie besteht aus einem Mittelöhr und zwei, drei, vier oder sechs Seitenöhren („Henkeln“). Die Krone sitzt auf einer Platte, die üblicherweise gerade ist, aber bei alten Glocken auch leicht gebogen sein kann, und ist Bestandteil der Glockenhaube,welche bis zur fast senkrecht abfallenden Flanke reicht.
Die Krone dient also in erster Linie zur Aufhängung der Glocke.
Glockenmusik
Zum Abschluß der Führung erklärt uns Herr Rincker noch die Tonarten einer Glocke.
Beim Anschlag der Läuteglocke werden in dieser sowohl fünf Haupttöne (Principaltöne), als auch Neben- oder Streutöne erzeugt, letztere hauptsächlich im Mixturbereich. Alle diese zusammenklingend lassen einen für uns Menschen scheinbar hörbaren Schlagton ertönen, der allerdings eigentlich gar nicht existiert, zumindest nicht messbar ist. Mess- und berechenbar sind die fünf Principalen:
Mehr über die Tonarten hier.
Burg Greifenstein mit Glockenwelt
Nächstes Ziel an diesem Tag war nur wenige Kilometer von der Glockengießerei Rincker entfernt, die sehenswerte Burg Greifenstein mit dem Glockenmuseum "Glockenwelt" auf einem mächtigen Basaltfelsmassiv.
Bevor es hoch zur Burg ging, machten wir erst noch eine Kaffeepause im Café Kunz, das seit März 2018 einen anderen Besitzer hat. Der Kuchen aber noch die gleiche Qualität hat wie bei den letzten Besuchen in Greifenstein, wie man auf den Bildern sieht.
Im Burghof angekommen, sind wir nun in den Rundturm gegangen, die sogenannte Rossmühle.
Dies war ursprünglich die Wehranlage der Burg, aber sie ist als solche nicht gebraucht worden.
Heute befindet sich hier die Glockenwelt, sehr schön sind die einzelnen Glocken hier aufgestellt und da die Klöppel handzahm dazu gelegt wurden, kann man die einzelnen Glocken, mehr als 100 historische Glocken aus etwa 1000 Jahren selbst zum Tönen zu bringen.
Die Glocke
Eine fertige Glocke wird noch in der Gießerei auf ihren reinen Klang geprüft und vom Glockensachverständigen abgenommen. Ihre endgültige Klangfülle wird aber erst zu hören sein, wenn sie zum ersten Mal im Glockenturm ertönt.
Sie ist Teil eines komplexen Systems: Art der Aufhängung der Glocke, Form, Größe und Aufhängung des Klöppels, Aufbau und Material des Glockenstuhls, in dem die Glocke hängt, Höhe, Form und Bauweise des Turms und seiner Öffnungen, der Klang der anderen Glocken des Geläutes: all das beeinflusst den Klang der Glocke.
Die älteste läutbare Bronzeglocke in Deutschland ist die Lullusglocke in Bad Hersfeld.
Ihr Name geht auf den Gründer des Klosters Bad Herfeld, den Mainzer Bischof Lullus zurück. Ihr Läuten markiert heute den Beginn des Lullusfestes am 16.Oktober, eines ursprünglichen Kirchenfestes, aus dem sich bald ein Markt entwickelte. Es ist heute ein vielbesuchtes Volksfest.
Barockkirche & Katharinenkapelle
Eine der wenigen Doppelkirchen Deutschlands befindet sich auf dem Gelände der Burganlage.
Die Schloßkirche wurde von 1681-1702, also wenige Jahrzehnte nach dem 30 jährigen Krieg erbaut.
Noch heute wird in der Barockkirche jeden Sonntag Gottesdienst gehalten. Auch viele auswärtige Paare geben sich im geschichtsträchtigen, künstlerisch-sakralen Ambiente das Ja-Wort. An der Gestaltung der Barockkirche waren international renommierte Künstler beteiligt. Sie wurde über der Wehrkirche aufgebaut.
Jan de Paeren aus den Niederlanden schuf die ikonografisch beziehungsreiche Stuckdekoration. Somit beeindruckt das Bauwerk im Stile des italienischen Frühbarocks mit seiner festlichen Formensprache.
Katharinenkapelle:
1462 entstand die Katharinenkapelle als Wehrkirche im gotischen Stil. Seltene Fresken und Schießscharten geben der heute unterirdisch gelegenen, mit einer „Grafen-Loge“ versehenen Kirche ihre Prägung, Kasematten mit Deckengewölben und Verteidigungskammern schließen sich an.
Für den Abschluss des erlebnisreichen Tages hatte ich in Gitti´s Berghütte Plätze reserviert. Ich hoffe es war jeder mit dem Essen zufrieden.
Bedanken möchte ich mich noch einmal bei Herrn Rincker für die Führung und allen weit angereisten Mitgliedern der Regionalgruppe Westerwald für ihr kommen.
Bis zum nächsten Mal
Hans-Rüdiger
Text: http://www.rincker.de
Text, Fotos und Layout Hans-Rüdiger (lahnelster)
*** Zur Diashow von Hans-Rüdiger ***
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