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Reis war also ein Geschenk der Götter und jedem gläubigen Balinesen ist klar, daß es eigentlich nicht ins Eigentum der Menschen übergegangen ist, sondern nur eine Leihgabe darstellt, das Leben der Menschen zu verbessern. Doch jetzt, 1000 Jahre nachdem der Reis ein, wenn auch bescheidenes, Glück gebracht hat, wird das Band zwischen Landwirtschaft und Religion gelöst, die mythologische Mutter Erde erneut vergewaltigt. Diesmal allerdings nicht von Göttern sondern von Politikern und der chemischen Industrie.

Es war immer Angelegenheit der Priester und Subak-Chefs gewesen, Bewässerungszeiten zu bestimmen und über Jahrhunderte war es gut gegangen. Vor ein paar Jahren entschied die Regierung in Denpasar, der Hauptstadt Balis, gemeinsame Pflanz- und Bewässerungszeiten einzuführen. Der rasche Effekt war eine Halbierung der Ernteerträge. Sehr schnell reagierten die Bürokraten nach diesem Debakel: sie überließen die Entscheidung wann wo angebaut werden solle wieder den Göttern.

Bis vor etwa 30 Jahren hatten die Balinesen 4 Worte für Reis: padi bali war der Name für den auf den Feldern wachsenden Reis, jijih wurde der geerntete Reis genannt, beras der gemahlene und nasi der zubereitete, gekochte Reis. In den späten 70ern mußten die Bauern neue Namen lernen: IR 36 (tiga nam), IR 61 oder PB 5 waren die neuen Hybridsorten und die Antwort der Biologen auf die asiatische Bevölkerungsexplosion. Auch die Bevölkerung in Indonesien wuchs auf mehr als 200 Millionen an und brachte den Archipel an die 4. Stelle der Welt, hinter China, Indien und den USA.

Der alte Reis erlaubte ein bis zwei Ernten pro Jahr, der Wunder-Reis IR 36 (tiga nam) brachte es auf drei Ernten und den Reisbauern wurde erzählt, daß kein Indonesier mehr hungern müsse, würde man den neuen Reis anbauen. Und es stimmte: nach dieser “Grünen Revolution” war es den Bauern möglich, nach Rest-Indonesien zu exportieren.

Aber auch die balinesische Bevölkerung wuchs beängstigend schnell. Trotz einer von oben verordneten Kinderanzahl von zwei pro Familie, an die sich aus traditionellen Gründen kaum eine Familie hielt, leben derzeit etwa 4 Millionen Balinesen auf der kleinen Insel. Das bedeutet eine durchschnittliche Einwohnerzahl von weit über 1000 pro Quadratkilometer, da etwa die Hälfte der 5396 km2 großen Insel mit Urwald bedeckt ist, geschützt durch einen Nationalpark. Das verbleibende Land ist durch Erden vulkanischen Ursprungs sehr fruchtbar und es ist genügend Wasser vorhanden. Obwohl andere Produkte wie Früchte, Gemüse, Tabak, Kaffee, Gewürze und in den letzten Jahren sogar ein brauchbarer Wein, der Hatten Rosé, kultiviert wird, fürchten die Balinesen die schnell wachsende Bevölkerung bald nicht mehr ernähren zu können.

Das Leben hat sich für die Balinesen verändert. Niemals war es früher ein Problem gewesen Abfälle zu beseitigen. Man warf die verrottbaren Küchenabfälle einfach in die Bewässerungskanäle, darauf vertrauend, daß diese natürlichen Komposthaufen in der Regenzeit durch die Wassermassen rasch abgetragen und ins Meer gespült würden. Das moderne Leben und die Touristen brachten jedoch Abfall mit sich, der unverrottbar war, ohne daß sich deswegen zur gleichen Zeit Müllabfuhr oder andere Arten der Entsorgung entwickelten. Leicht findet man die Ergebnisse dieser Kommunalpolitik, schafft man es vor den fleißigen Hotelangestellten an den Strand zu kommen.

Besonders Touristen brachten eine Menge Probleme auf die Insel. Vor etwa 10 Jahren setzte ein Touristenstrom ein, der für die Zukunft der Insel sowohl Hoffnung als auch so manche Befürchtungen für die Religion und das bis dahin, von einigen Kriegen und Besetzungen in der Vergangenheit abgesehen, friedlich lebende Volk, bot. Bis 1995 schwoll der Strom zu einer Zahl von einer Million Touristen jährlich. Der Süden der Insel, der in früheren Zeiten, bedingt durch relative Trockenheit und gemessen an der sonstigen Fruchtbarkeit der Insel, eher wenig bebaut und schwach bevölkert war, bot sich geradezu für den Massentourismus an. Dort wo vorher neben den bösen Geistern und Dämonen am Strand nur Aussätzige angesiedelt waren, entstanden nun Hotels und Restaurants. Anfangs im panischen Wildwuchs, dem aber sehr bald Einhalt geboten wurde, da man erkannte, daß sich die Touristen in kleineren, überblickbaren Einheiten wohler fühlen würden. Eine Verordnung wurde erlassen, die es verbot, höher zu bauen als Kokospalmen werden können. Ein weiser Entschluß, wie man heute an den vielen kleinen geschmackvollen Gartenhotelanlagen im Gegensatz zu einigen wenigen verbliebenen Großhotels unschwer erkennen kann.

Die balinesische Touristenbehörde entwarf ambitionierte Pläne für ein Anwachsen der Touristenzahlen auf drei Millionen pro Jahr. Taxi-Lizenzen wurden vergeben, Führer wurden ausgebildet, in der Hotellerie und in den Restaurants wurden Balinesen eingestellt und ausgebildet. Manche Touristen verhielten sich dann auch, wie man es von ihnen erwartete, andere wiederum feierten lustige Parties, bei denen mit Bier überschüttete einheimische Kellnerinnen sehr zu deren Freude danach zur Miss Wet-Shirt gewählt wurden.

Und dann? Statt in höchste Höhen zu steigen fielen die Zahlen der Touristen. Bedingt durch 1000 km entfernte Unruhen in Indonesien, blieben die australischen und amerikanischen Touristen aus. Um 60 % weniger Touristen als 1995 kommen heute auf die Insel. Wahrscheinlich wäre es gar nicht gut gewesen und ein weitere Urlaubsdestination, ein weiteres „Paradies” wäre von den Touristenmassen zerstört worden. Die Balinesier werden es nie erfahren.

Man kommt mit völlig falschen Vorstellungen auf diese Insel. Liest man die Reiseprospekte und zahllosen Führer, die über diese Insel angeboten werden, erwartet man eigentlich ein für unsere Verhältnisse billiges Land, Bewohner mit freundlichen Gesichtern, massenweise Touristen und bewegtes Leben auf und entlang überfüllter Strände. Eine Fülle von Düften fällt über einen her, ein Blütenmeer, tropische Pflanzen, Früchte, die man vielleicht am Naschmarkt in Wien bekommt, wachsen hier auf Bäumen, fallen zu Boden, werden weggeworfen. Die Strandpromenade ist ein schöner, immer von warmen Südostwind umfächelter nahezu Touristen-freier Weg. Draußen im Meer, in einer Entfernung von etwa 150 Meter kann man die hohen Wellen erkennen, die gegen das vorgelagerte Riff branden. Einige Hotels liegen in völliger Dunkelheit, manche Restaurants haben ihre Angestellten auf die Promenade gestellt und lassen sie um die paar Touristen buhlen, die sich aus den Hotels hierher verirrt haben. Und man tut gut daran diese Angebote zu nützen, vor allem die einheimische Fisch-Küche ist sehr empfehlenswert.

Auf einer Rundreise hat man Gelegenheit in kurzer Zeit wesentliche Teile der Insel kennenzulernen, bekommt einen guten Überblick über die Vielfältigkeiten der Landschaft, sieht Kokospalmenplantagen, Bananenhaine, einsame und trotzdem, oder deswegen schöne Plätze im Osten der Insel mit zwar einfachen, aber sehr billigen Hotels. Sieht den vulkanischen schwarzen Strand im Norden, übernachtet in einem alten Krater eines noch tätigen Vulkans. Besucht den wirklich sehenswerten Reptilien- und Vogelpark und muß erkennen, daß exotische Pflanzen in einem botanischen Garten in den Tropen bedeuten, es mit mikrigen Eichen, Buchen Eschen und anderen nicht besonders gut gedeihenden europäischen Pflanzen zu tun zu haben. Eine Sensation natürlich und auch geeignete Studienobjekte für balinesische Schüler und Schülerinnen. Für uns eher verzichtbar, sieht man von den imponierenden Statuen diverser Gottheiten innerhalb des Parks ab.

Man bekommt den Eindruck, daß die Menschen auf Bali sowohl durch massive Eingriffe in althergebrachte Reisanbaumethoden als auch durch eine viel zu rasche touristische Entwicklung etwas aus der Bahn geworfen wurden. Wie tief die Eingriffe in das Leben der Balinesen bereits gegangen sind, erkennt man an der Verbindung von Reisanbau und Religion. Erntedankfeste nach der Ernte müssen durch die neuen Reissorten jetzt dreimal pro Jahr durchgeführt werden, mit dreimal aufwendigen Opferungen und dreimaligen Beten um Vergebung zu den Göttern. Aber die Götter sind nicht mehr zu besänftigen. Der neue Reis wächst nicht so hoch wie der alte padi bali und die Reiskörner verbleiben bei der Ernte nicht am Halm. Aus diesem Grund muß der Reis am Feld gedroschen werden, was wiederum die nötigen Zeremonien verhindert. Javanesische Wanderarbeiter übernehmen nun diesen Teil der Arbeit, während die Balinesen in den Tempel gehen um die nötigen Opfer darzubringen.

Für den alten Reis war es genug, die heiligen Schriften und Aufzeichnungen nachzuvollziehen und die Enten auf die Felder zu schicken, damit diese die Felder reinigen und düngen konnten. Der neue Reis bedarf teurer Medizin- blaue Säcke gegen Heuschrecken, weiße Säcke gegen Wasserkäfer, Säcke mit verschiedensten Düngemittel. Aber nichts hilft dabei, den neuen Reis so gut schmecken zu lassen wie den alten. Den alten Reis konnte man 10 Jahre lang lagern, der neue verschimmelt nach wenigen Monaten Lagerung.

Natürlich beginnt man darüber nachzudenken, wie man zu der alten Reissorte zurückkehren könnte. Doch die Bauern müßten, um überleben zu können, einen weitaus höheren Preis für den padi bali bekommen. Sie selbst glauben sehr genau zu wissen, warum der Geschmack des Reises verschwand: Heute wird der Reis mit Maschinen oder großen Sicheln geerntet. Für die Ernte des alten Reises verwendeten die Bauern kleine scharfe Messer mit denen sie mit einer schnellen Bewegung die Halme schnitten. „Der alte Reis sah nie das Messer, wir haben ihn nie erschreckt! “

Die Balinesen können wahrscheinlich nur schwer in die Vergangenheit zurückfallen, haben sie doch auch mit der wachsenden Bevölkerung eine schwierige Aufgabe vor sich. Helfen kann man ihnen durch einen Besuch, bei dem man staunend, wie durch ein tropisches Museum wandernd, ihre Kultur und Naturverbundenheit bewundern kann.

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