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Wer Wind sät

Von Grunewaldturm Samstag 06.12.2025, 09:58

Paul Ronzheimer, ein stellvertretender „Bild“-Chefredakteur, war für seine Sat.1-Dokumentation „Ronzheimer – Wie geht's, Deutschland?“ bei den Protesten gegen die Neugründung der AfD-Jugendorganisation am vergangenen Samstag in Gießen vor Ort. Er berichtete in Markus Lanz Talkshow, dass er bei seinen Arbeiten massiv behindert und sogar als Nazi beschimpft wurde.

Zusammen mit seinem Team sei er eingekesselt worden, Rufe wie „Nazis raus“ ertönten. Versuche, mit den 200 bis 300 Leuten zu reden, seien gescheitert. „Eine hatte eine ‚Oma gegen rechts‘-Mütze auf. Er meinte, er habe keine Ahnung, ob sie Mitglied sei.“ Gespräche seien unmöglich gewesen.

Beim Zusehen kamen bei mir Erinnerungen an den 11. April 1968 wieder hoch.

Zum besseren Verständnis ein kurzer Rückblick mit Informationen, die hoffentlich deutlich machen, wo die Zusammenhänge liegen.

Axel Cäsar Springer war ein deutscher Zeitungsverleger und ein sehr krasser Individualist. Aber vor allem war er ein Mensch, der mit dem, was er tat, nicht nur Geld verdienen, sondern auch die Gesellschaft verändern wollte, als er sein Verlagshochhaus in die Berliner Kochstraße direkt an die Mauer setzte und anfing, mit seinem Zugpferd – Bild-Zeitung – die Meinungen seiner Leser zu manipulieren.

Dieses Hetzblatt kam mit einer Überschrift aus übergroßen Lettern auf die Straße, und wenn der Leser dann die wenigen Zeilen, die über diese Schlagzeile geschrieben wurden, las, wurden ihm keine Fakten, sondern komplette Meinungen vermittelt. Die Leute glaubten informiert zu werden, aber realisierten nicht, dass sie bei ihren Gesprächen mit Gleichgesinnten nur das wiederholten, was sie in der Bild-Zeitung gelesen hatten.

Der rechtsextremistische Anstreicher Josef Bachmann hatte in seinem beschaulichen Süddeutschland das Gelesene wörtlich genommen, ist nach Berlin gefahren und hat ein Attentat auf Dutschke ausgeführt.
Rudi Dutschke der seinerzeit Anführer des SDS (sozialistischer Deutscher Studentenbund) war, wurde von ihm am Kurfürstendamm, als er sein Fahrrad besteigen wollte in den Kopf geschossen.
Danach brach unter der damaligen Studentenschaft, der Apo (außerparlamentarische Opposition), ein Sturm der Entrüstung los.

Während Rudi Dutschke im Krankenhaus, noch mit dem Tod rang, machte ein SDS-Funktionär den Vorschlag, zum Springer-Verlag zu ziehen um davor zu protestieren.

Als dann am 2. Juni 1967 der Schah von Persien mit seiner Frau Farah Diba während seines Deutschlandbesuchs in West-Berlin eintrifft, warteten vor der Deutschen Oper in der Bismarckstraße schon Tausende von Demonstranten, um gegen den Gast zu protestieren. Sie sahen in ihm einen Statthalter der USA im Mittleren Osten und brutalen Unterdrücker des eigenen Volkes. Was sich Jahre später in grausamer Deutlichkeit bewahrheitete.

Der damalige Regierende Bürgermeister Heinrich Alberts glaubte, dass sich die Menschen der geteilten Stadt über diesen Besuch freuen würden. Das aber war mindestens beim Teil der Berliner Gesellschaft ein Trugschluss. Wie sich am Nachmittag dieses 2. Juni 1967 herausstellte.

Als die Limousine des Schahs vorfährt, haben sich einige tausend Demonstranten versammelt und protestierten lautstark gegen den Mann. Es flogen Eier und Tomaten durch die Luft und Ho-Chi-Minh-Rufe sind vor der inzwischen Regen nassen Deutschen Oper zu hören. Heinrich Albertz, der den Staatsgast in die Oper begleitet, fordert die Polizei auf, die Proteste zu unterbinden.

Das war eine Forderung, die ungeahnte Konsequenzen hatte.

Denn, statt Deseskalation zu betreiben, heizten die Berliner Polizei mit Schlagstöcken und Wasserwerfern und prügelnde Anhänger des Schahs die Situation weiter auf. "Jubelperser" droschen mit langen Holzstangen auf die Demonstranten ein, zahlreiche Verletzte säumten die Straße – binnen weniger Augenblicke entwickelt sich eine regelrechte Straßenschlacht.

Am Abend erreichen die Ausschreitungen ihren folgenschweren Höhepunkt.

Der am Geschehen unbeteiligte 26-jährige Student Benno Ohnesorg wird von einer Kugel des Polizisten Karl – Heinz Kurras tödlich getroffen. Obwohl Augenzeugen beteuern, dass Benno Ohnesorg für den Polizisten keine Bedrohung dargestellt habe, wird Karl – Heinz Kurras in einem aufsehen erregenden Prozess „aus Mangel an Beweisen“ freigesprochen. 40 Jahre später äußert sich der Polizist zum Tod von Benno Ohnesorg: „Fünf, sechsmal (hätte er) hinhalten sollen, dass die Fetzen geflogen wären. Wer mich angreift, wird vernichtet. Aus Feierabend. So ist das zu sehen!“
Erst danach wurde bekannt das Kuras von der DDR Stasi für diesen Mord gekauft wurde.

Damals jedenfalls waren diese Vorgänge ein Fanal.

Für die einen begannt der Weg in den Terrorismus. Für sie war der bewaffnete Kampf das geeignete Mittel, den Staat aus den Angeln zu heben. Sie werden als „Rote Armee Fraktion“ oder „Baader-Meinhof-Gruppe“ traurige Berühmtheit erlangen. Ulrike Meinhof, später selber im „Krieg mit dem Staat„ , forderte Engagement „ für diejenigen, die sich von Terror und Gewalt versuchten zu befreien.“
Wenn bei diesem Versuch nur der Krieg als letztes Mittel bliebe, dann, so Ulrike Meinhof, „sind wir für ihren Krieg.“

Jemand wie ich, der das alles in einer solchen Klarheit sieht, fragt sich immer öfter: Was ist mit den Menschen, aber nicht zuletzt mit den uns führenden Politikern los?

Sehen Sie nicht, oder wollen sie nicht sehen was passiert?

Statt auf die Einhaltung von Gesetzen zu pochen und Straftäter zur Verantwortung zu ziehen, lassen Staat und Polizei es zu, dass Vermummte (laut Gesetz seit vielen Jahren verboten) unbehelligt gelassen werden, aber Leute, mit einem Platzverweis rechnen müssen, die nur ihre Arbeit tun.

Es wird wirklich Zeit, dass etwas gegen diese Zustände unternommen wird …

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