Eine Reise durch den Daintree Forest
Von
Kookaburra
vorgestern, 04:51 – geändert gestern, 01:58
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Zwischen Panik und Paradies – Mit meiner Nichte Alena auf Entdeckungstour durch Australiens wilden Norden. Unsere Reise entlang der Ostküste Australiens im Camper wurde für Alena und mich zu einer Erfahrung, die wir nie vergessen werden – nicht nur wegen der atemberaubenden Landschaften, sondern vor allem wegen der ständigen Präsenz der wilden, oft tödlichen Tierwelt. Für mich war es ein Abenteuer mit einem Hauch Nervenkitzel. Für Alena, die zum ersten Mal auf dem roten Kontinent unterwegs war, wurde es stellenweise zu einer Reise durch eine persönliche Wildnis der Ängste.
Schon in Byron Bay wurde ihr mulmig, als ein anderer Camper uns vor einer möglichen Begegnung mit der hochgiftigen Eastern Brownsnake warnte. Von da an wurde jeder Busch zum potenziellen Schlangennest, jede Nacht zur Wachschicht. Alena schloss gewissenhaft die Türen des Campers, kontrollierte Fenster und Wände, als könnten sich darin ganze Reptilienfamilien verbergen. Ich bewunderte ihre Konsequenz – und musste manchmal schmunzeln.
Je weiter wir in Richtung Norden fuhren, desto wilder wurde das Land. In Cape Tribulation begrüßten uns nicht nur dichte Regenwälder, sondern auch neue tierische Herausforderungen. Eine Taipan-Schlange, die wir zufällig am Straßenrand entdeckten, ließ Alena in panischem Schrei auf dem Beifahrersitz zusammenzucken. Diese Schlangenart zählt tatsächlich zu den gefährlichsten der Welt – und auch wenn sie sich von uns entfernte, blieb die Anspannung spürbar.
Neben Schlangen machten uns die riesigen, aber harmlosen Huntsman-Spinnen zu schaffen. Alena entdeckte immer wieder Exemplare, die über die Scheiben unseres Campers kletterten oder im Inneren lauerten. Jeder dieser Besuche endete mit einem Aufschrei, einem Rückwärtssprung und dem Versuch, das Tier mit dem Besen ins Freie zu befördern. Ich half – so gut ich konnte – wobei ich zugeben muss, dass ich ihre Reaktionen nicht immer ganz ernst nahm.
Doch nichts bereitete Alena so viele schlaflose Nächte wie unsere Zeit am Daintree River – einem der wildesten Orte Australiens. Die Luft dort war tropisch-feucht, der Dschungel dicht und lebendig. Und das Wasser? Heim für die vielleicht bedrohlichsten Bewohner Australiens: die Salzwasserkrokodile. Diese massiven Raubtiere beherrschen den Fluss, und schon ein Schritt zu nah ans Ufer kann fatale Folgen haben. Als wir eines Morgens ein riesiges Exemplar im Wasser entdeckten, das nur seine Augen und den schuppigen Rücken zeigte, lief selbst mir ein Schauer über den Rücken. Alena war starr vor Schreck.
Doch es blieb nicht beim Wasser. Auch an Land lauerten Gefahren – etwa in Form der berüchtigten Cassowaries. Diese flugunfähigen Vögel mit ihren messerscharfen Krallen wirken wie prähistorische Kreaturen und reagieren aggressiv, wenn man ihnen zu nahe kommt. Wir sahen glücklicherweise keinen in freier Wildbahn, hörten aber zahlreiche Geschichten von Angriffen – auch auf Autos.
Und dann sind da noch die nahezu unsichtbaren Gefahren: Irukandji-Quallen im Wasser, Trichternetzspinnen in der Erde, giftige Kugelfische an der Küste. All das machte den Daintree nicht zu einem Ort der Entspannung, sondern der ständigen Wachsamkeit. Selbst das Rascheln eines Asts auf dem Camperdach genügte, um Alena mit einem Schrei aus dem Schlaf zu reißen. Ich beruhigte sie, so gut ich konnte, doch ich spürte: Diese wilde Welt war für sie eine ständige Grenzerfahrung.
Und dann, mitten in dieser Wildnis, besuchten wir meine alte Freundin Margit Cianelli. Margit ist Wildtierschützerin mit Leib und Seele, ehemalige Tierpflegerin des Stuttgarter Zoos und eine wahre Expertin für das endemische Lumholtz-Baumkänguru. In ihrer nach eben diesen Tieren benannten Lodge in den Atherton Tablelands erwartete uns eine ganz andere, beinahe magische Seite des australischen Regenwalds.
Alena war sofort fasziniert. Die Baumkängurus, klein, flink und absolut einzigartig, bewegten sich mit beeindruckender Geschicklichkeit von Ast zu Ast. Margit erklärte geduldig alles über ihre Lebensweise, ihren Lebensraum und die Bedrohung durch Abholzung und Klimawandel. Ich sah Alena zum ersten Mal auf dieser Reise nicht nur vor etwas flüchten, sondern sich mit ganzem Herzen für etwas begeistern. Die leuchtenden Augen, als sie eines dieser seltenen Tiere in freier Wildbahn entdeckte, werde ich nie vergessen.
Das Lumholtz-Baumkänguru ist ein stiller Bewohner des Dschungels – nachtaktiv, sanft, und doch robust genug, sich in den Baumkronen eines so wilden Landes zu behaupten. Ihre kräftigen Vorderbeine, ihr muskulöser Schwanz und ihre Fähigkeit, mit Blättern und Früchten zu überleben, machen sie zu wahren Überlebenskünstlern. Und gleichzeitig zu Botschaftern der Notwendigkeit, dieses fragile Ökosystem zu schützen.
Unsere Tage im Norden Australiens waren intensiv. Zwischen panischen Schreien, lautem Lachen und stiller Bewunderung bewegten wir uns durch eine Welt, die ebenso gefährlich wie schön ist. Alena hat sich der Wildnis gestellt – mit zitternden Knien, aber mit offenem Herzen. Und ich? Ich habe meine Heimat noch einmal mit neuen Augen gesehen.
Als wir am Ende unserer Reise am Daintree River standen, sagte Alena leise:
„Ich werde diesen Ort nie vergessen.“ Ich glaube, das war das größte Kompliment, das der australische Busch bekommen konnte.
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