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Merz und die Zukunft

Von Harvey11 gestern, 19:44

Der CDU-Chef empfiehlt sich durch seine „emotionale“ AfD-Antragsaktion nicht als nächster Bundeskanzler.

Keine drei Wochen sind es noch zur Bundestagswahl. Die Zeit will Friedrich Merz jetzt wohl dazu nutzen, die Reihen zu schließen und noch mal Wählerinnen und Wähler für die Union zu werben. In den vergangenen Tagen hatte er sich ja eher um die Klientel von SPD, Grünen und Linken verdient gemacht. Hunderttausende waren am Wochenende auf die Straße gegangen – gegen die AfD und auch gegen die CDU und ihren Tabubruch. Die hatte vorige Woche im Bundestag der AfD die Gelegenheit gegeben, einem Unions-Antrag zur Mehrheit zu verhelfen – und war daraufhin von den Rechten noch im Plenum verhöhnt worden.
Auf eine sehr verquere Art hat die fragwürdige Taktik von Merz so für einen Akt brutaler Ehrlichkeit in der Politik gesorgt. Das Triumphgeheul des AfD-Abgeordneten Bernd Baumann zeigte das wahre Gesicht der AfD, das die Abgeordneten im Übrigen im Hohen Haus selbst gar nicht verschleiern. „Jetzt beginnt etwas Neues. Und das führen wir an“, rief Baumann in die fassungslosen Gesichter der Abgeordneten der anderen Fraktionen. Die Union und Friedrich Merz dürften dem folgen – wenn sie denn die Kraft hätten.
Das Monster, das sie da freigesetzt haben, hat auch viele in der CDU nachdenklich gemacht. Gesagt wird das aber nur unter der Hand. Nach außen war am Montag beim Parteitag nur Zuversicht und Loyalität angesagt. Merz wurde von den Delegierten gefeiert – aber sie hatten ja auch keine andere Wahl. Wer jetzt den Kandidaten nicht stützt, muss sich später gefallen lassen, für eine etwaige Niederlage mitverantwortlich gemacht zu werden. Das tut sich niemand an, doch auch in der Union gibt es die, die sich ernsthaft fragen, ob Merz Kanzler kann.
Man sieht es daran, dass viele seinen offensichtlichen Alleingang eher hilflos damit verteidigen, dass es eben menschlich sei, wie er Politik mache: Merz sei Vater und Großvater und habe ein Zeichen setzen wollen nach dem Anschlag von Aschaffenburg, bei dem ein Kleinkind und ein 41-jähriger Mann ums Leben gekommen waren. Man muss sich nur mal vorstellen, eine Frau hätte so gehandelt. Man hätte ihr schnell klargemacht, dass man derart emotional in der Politik nicht agieren darf, schon gar nicht, wenn man das höchste Regierungsamt in Deutschland anstrebt.
Merz hat sich und seine Partei mit dem Kopf durch die Wand in eine Lose-lose-Situation manövriert. Richtig auffallen wird das nach der Wahl. Denn dann geht es nicht um die Wahrnehmung der Richtlinienkompetenz, die Merz – offensichtlich getriggert von Donald Trumps Durchregieren – für den ersten Tag seiner Kanzlerschaft angekündigt hat. Es wird erst mal um Koalitionsverhandlungen gehen. Da die FDP wie betoniert unter der Fünf-Prozent-Hürde hängt, sind die, die dafür infrage kommen, die SPD und die Grünen. Sie werden viel für die Zusammenarbeit fordern. Womöglich bekommt die Union das Kanzleramt, Friedrich Merz aber nicht. Er kämpft in den nächsten 20 Tagen auch um seine persönliche Zukunft.
Christine Dankbar Frankfurter Rundschau 4.2.25

Die letzten beiden Sätze haben etwas damit zu tun: „Das Monster, das sie da freigesetzt haben, hat auch viele in der CDU nachdenklich gemacht. Gesagt wird das aber nur unter der Hand.“
Es wird ein Kampf nach dem Wahltag geben. Abwarten, wie ausfallend die Abgeordneten der AfD werden, wenn es nicht nach ihren Wünschen geht. Eine Kostprobe haben sie der Öffentlichkeit bereits in der letzten Woche geboten, dank Merz.

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