Die Öhlermühle in der Schildwende wurde 1772 erstmalig erwähnt, sie liegt auf 1.000 m, weit hinten in einem Seitental des Jostals. Im 13. Jahrhundert gab es hier noch keine Besiedelung, da war hier Schluss; die Wagen mussten wenden, daher der Name „Schildwende“. Männe und der „dumme Auguscht“, wie der Chef sich selbst nannte, wussten viel über die Vergangenheit ihrer Mühle und konnten Kleinigkeiten aus dem Sprachgebrauch erklären, die wir selbstverständlich anwenden! Von „dumm“ natürlich keine Spur und mit witzigen Einlagen haben die beiden auch nicht gegeizt!
Treffpunkt an der Helios Klinik in Neustadt (Ibifix möchte nach seinem DVD-Erfolg im HHH mal wieder einen Film drehen),
Weiterfahrt zur Mühle, alles klappte reibungslos bei recht angenehmen Temperaturen oben im Schwarzwald – in Freiburg war es unerträglich heiß gewesen.
Zuerst die Führung, dann das Veschper, so August!
Er erzählte, dass heute 4-beinige Rindviecher in Mutterkuhhaltung zur „Landschaftspflege“ auf den Weiden gehalten werden, Milchkuhhaltung gibt es nicht mehr. Der Wald wächst nicht zu und verdunkelt, die Touristen kommen weiterhin. Die Kälber werden nach 1 Jahr geschlachtet, das Fleisch geht im Direktverkauf an die Kunden.
Die Mühle war bis 1934 in Betrieb, alle Geräte wurden ohne Strom angetrieben. 1988 kam sie unter Denkmalschutz. Die Auflage war, das alde G’lumps wieder so wie früher herzurichten. Das Holz der Mühle musste zum größten Teil wegen Wurmbefalls ersetzt werden. 1990 bis 1994 wurde vom Öhlerhofbauer Fürderer gerümpelt, renoviert; Öl und Tuch war wieder herstellbar „vom Flachs zum Leintuch!“ (Und wer sich diese Kleidung leisten konnte, war „betucht“, also wohlhabend!)
Er erklärte die Funktionsweise der Ölmühle.
Der Mahlstuhl besteht aus zwei Mühlsteinen, dem Einfülltrichter und einem System, das das untere Brett, von dem das Mahlgut in den Mühlstein fällt, durch Rütteln in Bewegung hält, so dass das Mahlgut nachrutscht. Der Rüttler wird durch die Rotation des Mühlsteins selbst angeschlagen: es klappert die Mühle am rauschenden Bach…
Im Mehlkasten rutscht das Mahlgut durch einen Beutel oder Bittel, der die Kleie vom Mehl trennt. Die Beutelstöcke werden durch das Mühlrad mit angetrieben. das Mehl fällt heraus. Die restliche Kleie fällt durch den Kleiekotzer nach außen. Der Kleiekotzer ist als eine Maske gearbeitet. Die Alemannen hatten Angst vor dem Bösen, diese Maske sollte Böses abwenden, August erwähnte in diesem Zusammenhang auch die Wasserspeier am Münster sowie die alemannische Fastnacht. Im Kleietrog sammeln sich die Rückstände des Siebvorgangs, die Kleie. Sie wird als Viehfutter, aber auch als Ballaststoff bei Müsli-Mischungen verwendet.
Leinsamen hat eine harte Schale, sie wird durch die Walze aufgespalten, ist dann fettig und schmeckt bitter (wir durften probieren). Der Körper braucht Linolsäure - August empfahl: Esst Leinsamen! Es gab früher wenige Ölmühlen. Das Öl wurde an Landwirte verkauft, es wurde auch an’d Schweinli zur Geburtsförderung gegeben – „`s lauft wie g’schmiert!“
„Jetzt machen wir Öl!“ rief August. Das Öl aus dem ausgepressten Leinsamen wird in einer Trommel auf 70° C erwärmt, diese Temperatur ist erreicht, wenn es einen ganz bestimmten Geruch erreicht hat – wie es zu riechen hatte mussten August und Männe erst wieder von den „Alten“ lernen. Das Leinöl aus dem ausgepressten Leinsamen ergab hochwertiges Speiseöl und war die Grundlage für die Herstellung von Kitt, Firnis, Linoleum und Ölfarben. Männe zeigte uns die Produkte später ein Stockwerk höher.
August rief Männe, damit er das Wasser aus dem Bach auf die Mühle leitete – Wasser auf die Mühle - es lief und die Mühle arbeitete wie auf Knopfdruck, faszinierend und ein bisschen aufregend auch.
Das war der Part von Auguscht – er musste raus, das Heu wenden!
Männe erklärte uns den Wohnbereich, der bis ca. 1900 bewohnt war. Die Mühle ist ein „Rauchhaus“, sie hat keinen Kamin. Der Rauch zieht durch das ganze Haus, wärmt – eine sehr effiziente Heizung. Entsprechend der Thermik hatte man den Rauch kaum gespürt, wohl aber bei feuchtem und kaltem Wetter. Alles wurde in der Küche geräuchert, der Schwarzwälder Speck, Würste, die Frau am Herd (sie brauchte kein Parfum). Lebensmittel wurden für den Winter durch Räuchern oder Trocknen haltbar gemacht. Beim Trocknen der Wurst tropfte Fett heraus, es lief in ein Näpfchen - das berühmte Fettnäpfchen!
Vor 150 Jahren gab es kein Wasser im Haus – sommers wie winters musste es draußen aus dem Brunnen geschöpft werden. Das Milchhüsli war der Kühlschrank, bei 6 – 8° C war keine große Vorratshaltung möglich. Es gab keinen Küchenschrank, nur ein offenes Regal mit wenig Geschirr – es wurde halt öfter gespült. Er erklärte uns verschiedene Küchengeräte auf dem ufg’murete Herd, das Waffeleisen, den Kaffeeröster, die Zentrifuge zum Entrahmen der Milch, ein Butterfässle.
In der guten Stube läuft eine Bank an den Wänden entlang, weil sich alles hier abspielte, Flicken und Nähen, Spinnen und Zego spielen. Der Herrgottswinkel durfte nicht fehlen. Der Kachelofen wird von der Küche geheizt und hat eine Kuscht (eine Sitzbank am Ofen). Fotoalben gab’s keine; Bilder in Rähmle gefasst hängen über den Fenstern, d’Fenschterschiebe sin us handgeblosenem Glas, sie haben im Winter Vorfenster.
Im Nebenraum war alles Nötige fürs Schusterhandwerk zu sehen, alte Nähmaschinen, Schraubzwingen aus Holz hingen an der Wand, Sägen, Bohrer, für die Hausmusik eine Zither, eine Quetsche, Trommel und Flöten.
Wir mussten ein wenig aufpassen, als wir nach oben gingen, die Tritte waren nicht gleich! Hier wurde früher geflachst, Fäden hergestellt. Dazu wurde Hanf auf einem Brechbock gebrochen. Aus Hanf wird Isoliermaterial hergestellt und kleine Töpfe zum Einpflanzen mit Saatgut in den Boden, sie vergehen später.
Oben unter dem Dach sahen wir einen Webstuhl, eine Dreschmaschine, einen Kurzfutterschneider, Schroter, eine Waschmaschine, einen Dreschflegel, Zuber, eine Fruchtmeie, Schindelmacher, Joch und sogar – ein Veluxfenster!!!
Im recht dunklen Schlafraum ist ein massives Doppelbett aufgestellt, die Matratzen sind mit Stroh gefüllt – jedes Jahr im Herbst gab es eine neue Füllung, ein Bettstättle für das kleinste Kind und Potschamber im Nachttischschrank.
Unten war jetzt der Tisch gedeckt – vorher mussten einige noch zu d’Male oder d’Maidli. Es gab Speckstreifen- und Käsebrote: Scheibenkäse mit Kräutern oder Kümmel, das Brot schmeckte lecker (am Pfingschtmändig wird Brot gebacken und verkauft!).
August gab einige seiner Witze zum Besten; wieder war eine fröhliche Runde an den Tischen versammelt, die es verstand zu lachen und sich zu freuen an einem gelungenen Tag.
Ich habe August und Männe gefragt, sie haben sich sehr darüber gefreut, dass ich Bilder von ihnen in meinen Bericht und damit ins Internet setze.
Besonders gefehlt haben uns unsere liebe Anneli und Tettane – als kleinen Trost bekommen sie einen Blumenstrauß von der Gruppe.
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