Neu hier? Lies hier über unser Motto gemeinsam statt einsam.
Mitglied werden einloggen




Passwort vergessen?

4 3

Beethoven an Gräfin Josephine von Brunsvik

Von Feierabend-Mitglied Samstag 08.02.2025, 09:30

Teplitz, 6./7. Juli 1812 am 6ten Juli Morgens.

Mein Engel, mein alles, mein Ich. – nur einige Worte heute, und zwar mit Bleystift (mit deinem) – erst bis morgen ist meine Wohnung sicher bestimmt, welcher nichtswürdiger Zeitverderb in d.g. – warum dieser tiefe Gram, wo die Nothwendigkeit spricht – Kann unsre Liebe anders bestehn als durch Aufopferungen, durch nicht alles verlangen, kannst du es ändern, daß du nicht ganz mein, ich nicht ganz dein bin –
Ach Gott, blick in die schöne Natur und beruhige dein Gemüth über das müßende – die Liebe fordert alles und ganz mit Recht, so ist es mir mit dir, dir mit mir – nur vergißt du so leicht, daß ich für mich und für dich leben muß, wären wir ganz vereinigt, du würdest dieses schmerzliche eben so wenig als ich empfinden.

Meine Reise war schrecklich ich kam erst Morgens 4 Uhr gestern hier an. Da es an Pferde mangelte, wählte die Post eine andre Reiseroute, aber welch schrecklicher Weg, auf der vorletzten Station warnte man mich bey Nacht zu fahren, machte mich einen Wald fürchten, aber das reizte mich nur – und ich hatte Unrecht, der Wagen muste bey dem schrecklichen Wege brechen, grundlos, bloßer Landweg, ohne 2 solche Postillione, wie ich hatte, wäre ich liegen geblieben unterwegs. –

Esterhazi hatte auf dem andern gewöhnlichen Wege hierhin dasselbe Schicksaal, mit 8 Pferden, was ich mit vier. – Jedoch hatte ich zum Theil wieder vergnügen, wie immer, wenn ich was glücklich überstehe. – nun geschwind zum innern vom äußern, wir werden uns wohl bald sehn, auch heute kann ich dir meine Bemerkungen nicht mittheilen, welche ich während dieser Tage über mein Leben machte – wären unsre Herzen immer dicht aneinander - die Brust ist voll dir viel zu sagen. Ach es gibt Momente, wo ich finde daß die Sprache noch gar nichts ist.
Erheitre dich – bleibe mein treuer einziger Schaz, mein alles, wie ich dir, das übrige müßen die Götter schicken, was für uns seyn muß und seyn soll. –
(Ende)

Neben Antonia Brentano gilt Gräfin Josphine Brunsvik als Hauptfavoritin, an die Beethoven möglicherweise seinen Brief (An die unsterbliche Geliebte) geschrieben hat.
Auf Drängen der Mutter heiratete Josephine den Grafen Deym. In dieser Zeit war Beethoven ihr Klavierlehrer und ständiger Besucher. Nachdem Deym 1804 unerwartet gestorben war, entwickelte sich zwischen Beethoven und Josephine eine Liebesbeziehung. Zwischen 1804 und 1809 schrieb er mindestens vierzehn leidenschaftliche Liebesbriefe, in denen er sie unter anderem als „Engel, „mein Alles“ und als seine „einzig Geliebte“ bezeichnete und ihr „ewige Treue“ schwor.
Genau diese Anreden sind in dem Brief an die „unsterbliche Geliebte“ zu lesen.

1817 notierte Therese, die weiterhin mit Beethoven in Verbindung blieb, in ihrem Tagebuch über ihre kranke Schwester: „Ob Josephine nicht Strafe leidet wegen Luigi’s Weh? Seine Gattin – was hätte sie nicht aus dem Heros gemacht!“
Eine Tagebuchnotiz Thereses von 1848 lautet: „Ich Glückliche hatte Beethovens intimen, geistigen Umgang so viele Jahre! Josephinens Haus- und Herzensfreund! Sie waren füreinander geboren und lebten beide noch, hätten sie sich vereint.


Du möchtest die Antworten lesen und mitdiskutieren? Tritt erst der Gruppe bei. Gruppe beitreten

Mitglieder > Mitgliedergruppen > Brief-Literaturauszüge > Forum > Beethoven an Gräfin Josephine von Brunsvik