Neu hier? Lies hier über unser Motto gemeinsam statt einsam.
Mitglied werden einloggen




Passwort vergessen?

6 4

Der 11-jährige Henri Gontard an Hölderlin

Von Feierabend-Mitglied Freitag 12.04.2024, 08:04

Bild: Frankfurt 19. Jahrhundert

Hölderlin war Hofmeister (so nannte man zu der Zeit die Hauslehrer) in der Frankfurter Kaufmannsfamilie – Gontard. Es entwickelte sich zwischen der Hausherrin (Suzette) und Hölderlin eine tiefe Liebe, die nicht unentdeckt bleiben konnte. Nach dem Zerwürfnis mit dem Ehemann von Suzette verließ Hölderlin seine Stellung, die Liebenden wurden getrennt. Aber nicht nur Suzette litt unter der Trennung, auch ihr kleiner Sohn Henri, der sehr an Hölderlin gehangen hat. Im Sept. 1798 schrieb er einen Brief an seinen ehemaligen geliebten Hofmeister:

Lieber Hölder!
Ich halte es fast nicht aus, daß Du fort bist. Ich war heute bei Herrn Hegel, dieser sagte, Du hättest es schon lange im Sinn gehabt; als ich wieder zurück ging, begegnete mir Herr Hänisch, welcher den Tag Deiner Abreise zu uns kam, und ein Buch suchte; er fand es, ich war gerade bei der Mutter, er fragte die Jette, wo Du wärst, die Jette sagte Du wärst fort gegangen, er wollte eben auch zu Herrn Hegel gehn, und nach Dir fragen, er begleitete mich, und fragte, warum Du fort gegangen wärst und sagte, es schmerzte ihn recht sehr.
Der Vater fragte bei Tische, wo Du wärst, ich sagte Du wärst fortgegangen und Du ließt Dich ihm noch empfehlen.
Die Mutter ist gesund und läßt Dich noch vielmals grüßen, und Du möchtest doch recht oft an uns denken, sie hat mein Bett in die Balkonstube stellen lassen und will alles, was Du uns gelernt hast, wieder mit uns durchgehn. Komm’ bald wieder bei uns, mein Hölder; bei wem sollen wir denn sonst lernen. Hier schick ich Dir noch Tabak und der Herr Hegel schickt Dir hier das 6. Stück von Posselt’s Annalen.
Leb wohl, lieber Hölder, ich bin Dein Henri


Du möchtest die Antworten lesen und mitdiskutieren? Tritt erst der Gruppe bei. Gruppe beitreten

Mitglieder > Mitgliedergruppen > Brief-Literaturauszüge > Forum > Der 11-jährige Henri Gontard an Hölderlin