Eine Zahnarztbehandlung
Von Feierabend-Mitglied Mittwoch 29.05.2024, 07:13 – geändert Mittwoch 29.05.2024, 07:17
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Montag, 7. Dezember 1942
Liebe Kitty!
Dussel hat seine Zahnarztpraxis eröffnet. Ich werde dir zum Spaß erzählen, wie die erste Behandlung abgelaufen ist.
Mutter bügelte, und Frau van Daan, die Erste, die dran glauben musste, setzte sich mitten im Zimmer auf einen Stuhl. Dussel fing wichtigtuerisch an, seine Instrumente auszupacken, bat um Eau de Cologne als Desinfektionsmittel und um Vaseline als Wachsersatz. Dann schaute er Frau van Daan in den Mund, berührte einen Schneidezahn und einen Backenzahn, wobei Frau van Daan sich jedes Mal krümmte, als ob sie vor Schmerzen verginge, und unzusammenhängende Töne ausstieß.
Nach einer langen Untersuchung (für Frau van Daan wenigstens, denn es dauerte nicht länger als zwei Minuten) fing Dussel an, ein Loch auszukratzen. Aber daran war nicht zu denken! Frau van Daan schlug wild mit Armen und Beinen um sich, so dass Dussel irgendwann den Kratzer losließ und …….. dieser in Frau van Daans Zahn stecken blieb. Da war erst recht der Teufel los! Frau van Daan schlug um sich, weinte (soweit das möglich ist mit so einem Instrument im Mund), versuchte den Kratzer aus dem Mund zu bekommen und stieß ihn bei alledem noch fester hinein.
Herr Dussel betrachtete das Schauspiel völlig ungerührt, die Hände in die Seiten gestemmt. Der Rest der Zuschauer lachte unbändig. Das war natürlich gemein, denn ich bin sicher, dass ich noch viel lauter geschrien hätte. Nach vielem Drehen, Treten, Schreien und Rufen hatte Frau van Daan den Kratzer endlich heraus, und Herr Dussel setzte seine Arbeit fort, als wäre nichts passiert. Er tat dies so rasch, dass Frau van Daan keine Zeit hatte, noch einmal anzufangen. Aber er hatte auch so viel Hilfe wie noch nie in seinem Leben. Herr van Daan und ich assistierten gut. Das Ganze sah aus wie auf einem Bild aus dem Mittelalter mit dem Titel »Quacksalber bei der Arbeit«.
Die Patientin hatte jedoch nicht so viel Geduld, sie musste auf „ihre“ Suppe und „ihr“ Essen aufpassen! Eines ist sicher, Frau van Daan lässt sich so schnell nicht mehr behandeln!
Deine Anne
Eine Zahnarztbehandlung ist auch heute noch trotz Betäubungsspritzen immer noch für jeden Menschen eine unangenehme Angelegenheit. Ich hätte nicht an der Stelle von Frau von Daan sein wollen.
Anne hat diese Begebenheit recht unterhaltsam und anschaulich geschildert, so dass man irgendwie schon schmunzeln muss. Aus Anne wäre eine begnadete Schriftstellerin geworden. Es war ein Herzenswunsch von Anne, der auf grausame Weise zerstört worden ist. Bis heute ist nicht bekannt geworden wer die Untergetauchten verraten hat.