Maria Wedemeyer an Dietrich Bonhoeffer
Von Feierabend-Mitglied Dienstag 07.01.2025, 10:34 – geändert Dienstag 07.01.2025, 10:39
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Text auf dem Bild
Unsere Ehe soll ein Ja zu Gottes Erde sein, sie soll uns den Mut, auf der Erde etwas zu schaffen und zu wirken, stärken. Ich fürchte, daß die Christen, die nur mit einem Bein auf der Erde zu stehen wagen, auch nur mit einem Bein im Himmel stehen.
(Eine etwas humorvolle Anspielung auf ehelose Menschen)
Maria von Wedemeyer, Verlobte von D. Bonhoeffer, schrieb am 23. Aug. 1943 an Dietrich aus Pätzig
Mein geliebtes Du!
Ob Du heute an mich schreibst? – Als säße ich neben Dir, so genau meine ich Dich zu sehen. Die ganze Umgebung, Deine Bewegungen, Deine Hände und Deine Augen. Du wirst mir einen sehr lieben Brief schreiben, er wird mir – wie er auch sein mag – einen Sonnentag schenken. Nein, nicht nur einen Tag. Er wird mir ein Stücken von dem Sonnengold mitbringen, das man tief in sich hineinfallen lassen kann, das so allen Regen und Sturm überdauert und doch bis ins kleinste Glied hinein wärmt, strahlt und leuchtet. – Ich möchte Dir jetzt schon danken und eigentlich immer nur dafür dass Du mir schreiben willst.
Du wusstest ja, dass gestern Vaters Todestag war. Um 3h früh wurde er verwundet und um 6 starb er. Ich machte einen Gang in der Zeit durch den Wald und das war schön. – Glaubst Du auch, dass es Unrecht ist, nach einem „Warum“ zu fragen? Unrecht ist es doch nur dann, wenn man es mit einem Vorwurf fragt, ohne die wirkliche Bitte um Antwort. Jedes „Warum“ hat eine Antwort, ich glaube, auch schon hier auf Erden. Wir fühlen sie nur nicht und können sie darum nicht begreifen. Aber ist die Antwort nicht eigentlich schon dann in uns, wenn wir nicht ständig mehr fragen müssen? – Sag’ bitte nicht, wie die andern, dass ich eine romantische Ader hab – aber, weißt Du, ich weiß doch sehr genau, dass Vater noch da ist – nicht in irgendeiner schwächer werdenden Erinnerung, sondern noch ganz spürbar bleibend. Sonst wäre diese Zeit des Traurigseins sehr anders gewesen, für uns alle. Ich glaube, dass Vater Dich sehr lieb hat – er hat mich immer besser verstanden, als alle anderen.
Sieh, und nun bist Du zu mir gekommen und ich hab Dich sehr lieb und hab nur immer den Wunsch, Dir eine rechte Gehilfin sein zu können und Dich glücklich zu machen. Ich weiß nicht, wie ich das können soll und ich wage es auch nur zu wünschen, weil Du es von mir glaubst. Aber bitte hilf mir dabei.
Ich danke Dir für das, was Du mir bist.
Deine Maria
Stücken ist die heimische Mundart von Pätzig