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Das Massaker von Deir Yasin

Von Grunewaldturm vorgestern, 13:16

Wer wirklich daran interessiert ist die Frage des Flüchtlingsproblems des palästinensischen Volkes zu klären, könnte die Ursachen dafür hier finden.
Die Situation palästinensischer Flüchtlinge ist aufgrund der großen Anzahl der Betroffenen sowie der langanhaltenden Dauer des Problems weltweit einmalig. Ursprung der Flüchtlingspopulation ist der erste arabisch-israelische Krieg, der 1948 in Reaktion auf die Ausrufung des Staates Israel auf einem Teil des ehemaligen britischen Mandatsgebiets Palästina ausbrach.
Laut Schätzungen der Vereinten Nationen (VN) wurden während des Krieges rund 774.000 Palästinenser vertrieben oder zur Flucht gezwungen. Große Fluchtbewegungen fanden in das Westjordanland und den Gazastreifen statt, weitere bedeutende Zielländer waren Jordanien, Syrien und der Libanon. Rund 48.000 Personen verblieben als Binnenflüchtlinge innerhalb des neuen israelischen Staatsgebietes.

In das kollektive Gedächtnis der Palästinenser sind die Ereignisse als „die Katastrophe“ (arabisch: al-Nakba) eingegangen. Das Trauma der Flucht und Vertreibung dient als zentrales, identitätsstiftendes Element innerhalb des palästinensischen Narrativs. Viele Palästinenser hoffen auch heute noch nach dem Krieg auf eine Rückkehr in ihre Heimat oder das Zuhause ihrer Vorfahren. In Israel ist diese Forderung mit tiefsitzenden Ängsten verbunden. Die Flüchtlingsproblematik berührt historische Narrative und die kollektive israelische Identität, die eine Mitverantwortung für die Flucht und Vertreibung bis heute von sich weist. Die mögliche Rückkehr wird vielmehr als eine Gefahr für die jüdische Mehrheit und den jüdischen Charakters Israels wahrgenommen. Die Flüchtlingsfrage ist daher eines der emotionalsten Themen des israelisch-palästinensischen Konfliktes.


Deir Yasin (auch Deir Jassin, arabisch ‏دير ياسين‎ Dair Yāsīn bzw. im palästinensischen Dialekt Dēr Yāsīn) ist ein arabisches Dorf, heute Teil des im Nordwesten Jerusalems gelegenen Giw'at Scha'ul. Das Dorf wurde am 9. April 1948 während des Bürgerkriegs in Palästina von paramilitärischen Verbänden der extremistischen Organisationen Irgun Tzwai Le’umi (IZL) und Lechi angegriffen und eingenommen. Aufgrund der hohen Anzahl ziviler Verluste bei der Erstürmung wird die Aktion auch Massaker von Deir Yasin genannt.

Das Massaker steht im Kontext des Bürgerkriegs, der kurz vor der Staatsgründung Israels und dem Ende der britischen Mandatszeit zwischen den verfeindeten jüdischen und arabischen Nationalbewegungen und den britischen Polizeikräften in Palästina tobte. Jüdische Kampfverbände starteten am 5. April die Operation Nachschon, die die arabische Blockade Jerusalems beenden sollte, um Nahrung zu den in der Stadt eingeschlossenen Juden transportieren zu können. Deir Yasin war aufgrund seiner Nähe zu Jerusalem und seiner erhöhten Lage ein strategisch günstiger Ort, dessen Einnahme jedoch keine hohe Priorität während der Operation besaß. Der Angriff wurde auch nicht von der zu dieser Zeit bereits wie eine reguläre Armee funktionierenden Hagana, sondern von etwa 100-130 militärisch ungeschulten und schlecht ausgerüsteten Kämpfern der Untergrundorganisationen Irgun und Lechi durchgeführt, die keinerlei Erfahrung mit der planmäßigen Einnahme eines Dorfes hatten. Der Kommandierende Hagana-Offizier von Jerusalem, David Shaltiel, hatte dem Einsatz mit der Bedingung zugestimmt, dass das Dorf danach besetzt werden müsse, um es nicht zu einem Rückzugsort für arabische Kampfverbände werden zu lassen. Man hatte gehofft, die Zivilisten würden flüchten, wenn man vorab Warnungen per Lautsprecher verkünden würde. Ob diese die Menschen in Deir Yasin überhaupt erreichten, ist umstritten. Jedenfalls blieben viele Einwohner in ihren Häusern und der offen gelassene Fluchtkorridor wurde nur von rund 200 der 600 Dorfbewohner genutzt. Arabische Kämpfer und bewaffnete Einwohner verschanzten sich in Häusern und feuerten von dort aus auf die Angreifer. Diese gingen daraufhin von Haus zu Haus und warfen Granaten durch die Fenster, da sie den Nahkampf in den verwinkelten Häusern scheuten. Insbesondere diese Vorgehensweise führte zu der extrem hohen Zahl an toten Zivilisten. Die Eroberung Deir Yasins dauerte mehrere Stunden.

Die Anzahl der Opfer konnte nicht genau ermittelt werden. Israelische wie palästinensische Historiker gehen heute von 100-120 toten Arabern aus, von denen etwa 10 sicher als bewaffnete Kämpfer bezeichnet werden können. Von den Angreifern starben vier, über 30 wurden verletzt. Ob es nach Ende der Kampfhandlungen noch zu Hinrichtungen von Gefangenen kam, ist unter Historikern umstritten. Die Zahl der Opfer war unmittelbar nach dem Angriff ein Politikum und wurde wahrscheinlich absichtlich überhöht angegeben, um Angst und Schrecken in der palästinensischen Bevölkerung zu verbreiten und sie zur Flucht und Aufgabe ihrer Siedlungsräume zu verleiten. Später wurden die Zahlen auch von arabischer Seite übertrieben, um den Vorfall für sich zu nutzen. Das Massaker wurde offiziell von allen Seiten verurteilt, einschließlich der Hagana und der Jewish Agency. Infolge des Massakers und aus weiteren Gründen waren bis zum eigentlichen Beginn des Palästinakriegs am 14. Mai 1948 – also binnen 35 Tagen – bereits zwischen 250.000 und 300.000 arabische Palästinenser geflohen oder wurden vertrieben.

Die Aktion wurde vom späteren israelischen Premierminister und Friedensnobelpreisträger Menachem Begin kommandiert. Begin verteidigte auch später noch das Massaker: „Das Massaker von Deir Jassin hatte nicht nur seine Berechtigung – ohne den, Sieg‘ von Deir Jassin hätte es auch niemals einen Staat Israel gegeben.“Die Tat wurde später in der innenpolitischen Debatte gegen Begins Partei Cherut und Likud verwendet. Der Anteil der Hagana blieb unklar.

Vier Tage später, am 13. April 1948, erfolgte ein Angriff arabischer Freischärler am Skopus-Berg auf einen Sanitätskonvoi, bei dem 77 Juden starben und 23 verletzt wurden, die meisten davon Ärzte und Krankenschwestern. Dieser Anschlag wird als Vergeltungsmaßnahme mit Deir Yassin in Verbindung gebracht.

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