Der Architekt glaubt und der Seemann auch.
Von Edison35 Montag 16.12.2024, 13:35 – geändert Montag 16.12.2024, 13:37
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Bild: Ein schlichter Rosenkranz.
Treue zum Rosenkranz führt zum Missionsberuf
Ein kühler, unfreundlicher Herbstmorgen in einer norddeutschen Hafenstadt. Einer der ersten „Patienten" auf unserem Pfarrbüro war ein junger Bursche. Fast zaghaft bat er, den Herrn Pfarrer selbst sprechen zu dürfen. Er erzählte dann, er habe in einem kleinen Hotel im Hafen seinen Rosenkranz als Pfand lassen müssen für zweimaliges Übernachten.
Norddeutsche Hafenstadt — da sollte man einen Rosenkranz als Pfand behalten haben? Uns kam die Geschichte sehr unwahrscheinlich vor. „Ja, es stimmt wirklich", beteuerte der junge Mann zum wiederholten Mal. „Helfen Sie mir doch; ich muß meinen Rosenkranz wieder haben. Meine Mutter hat ihn mir gegeben, es ist mein liebstes Stück."
Etwas an dem Burschen rührte mich, ich begann allmählich seinen Worten Glauben zu schenken. Er gab mir willig seine Papiere, und ich ließ ihn warten. Indes ging ich schnell an den Hafen, in die bezeichnete Wirtschaft. Eine freundliche junge Frau war am Schanktisch. Ich fragte sie nach dem Burschen. Ja, er habe dort übernachtet, aber noch nicht bezahlt. Doch sie sei sicher, daß er seine Schuld begleichen werde, denn sie habe ein gutes Pfand:
Ja, eine Kette, wie sie nur die Katholiken haben.
Dabei öffnete sie den Gläserschrank und zeigte mir in einem Glas einen schlichten Rosenkranz. Ich konnte nicht anders, ich fragte sie, warum sie mit diesem einfachen Pfand einverstanden gewesen sei; denn die Frau wußte, daß dessen Geldwert doch sehr gering war.
"Mit den Katholiken", meinte sie, „ist das so komisch. Es kommen häufig katholische Seeleute zu uns, und wenn sie anständig sind, haben sie fast ohne Ausnahme eine solche Kette. Der junge Bursche machte wirklich einen unverdorbenen Eindruck. Und da dachte ich, als er sagte, er sei katholisch und hier ganz fremd: Ich will mal sehen, ob er auch eine solche Kette mit dem Kreuzchen hat; wenn er sie hat und sie gern hat, dann kann er auch ohne Geld hierbleiben. Ich hatte mich nicht getäuscht. Von seiner Mutter hatte er das Kettchen und versicherte, er könne es nur geben, wenn er gewiß sei, daß es wie etwas Kostbares verwahrt würde. Genau hat er aufgepaßt, wo ich es hinlegte."
Hinter mir standen ein paar Seeleute. Als ich der Wirtin das Geld fürs Übernachten reichte, sagte plötzlich ein älterer: „Wickeln Sie auch den Rosenkranz schön ein, so etwas muß man fein behandeln." Der Rosenkranz kam in eine Zigarrentüte. Als ich ihn dann dem jungen Mann zurückgab, sah er mich an mit einem Blick der Dankbarkeit, den ich nicht vergessen werde.
Einige Jahre später erhielt ich einen Kartengruß aus dem afrikanischen Missionsgebiet. Der junge Mann war als Missionsbruder in den Dienst der Nächstenliebe eingetreten. Gewiß hat ihm die Königin des heiligen Rosenkranzes diese Gnade für seine Treue erwirkt. A. G.
(Aus dem Buch "An Mariens Mutterhand" von A. M. Weigl).