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Nur meine Sichtweise Zählt?

Von Feierabend-Mitglied Dienstag 30.09.2025, 13:17

Gott war sich nach theologischer Sicht bewusst, dass nicht alle Menschen von ihm oder seiner Botschaft erfahren konnten, zum Beispiel in abgelegenen Regionen wie den Pazifikinseln, Australien oder Amerika. Deshalb war es nach dieser Sichtweise nicht Gottes Plan, Menschen pauschal für Unkenntnis zu bestrafen, sondern das Problem wurde auf andere Weise gelöst.
Allgemeine und besondere Offenbarung.

Nach christlicher Tradition offenbart sich Gott nicht nur direkt durch Propheten oder das geschriebene Wort (Bibel), sondern auch indirekt. Die sogenannte allgemeine Offenbarung meint, dass Gott in der Natur, im Gewissen und in den Erfahrungen des Menschen erkennbar ist – unabhängig von Ort oder Tradition. So konnten auch Menschen in Isolation oder außerhalb der christlichen Kultursphäre Spuren Gottes in der Schöpfung wahrnehmen. Die „besondere Offenbarung“ durch Jesus Christus, Propheten und Heilige Schrift wurde gezielt an bestimmte Gruppen übermittelt, war aber nicht der einzige Weg zur Gotteserkenntnis.
Vermittlung und individuelle Verantwortung.

Die Theologie betont außerdem, dass Gott die Fähigkeit zur Erkenntnis und zur Antwort auf die allgemeine Offenbarung in den Menschen legt. Das bedeutet: Die göttliche Selbstmitteilung kommt von außen und jeder Mensch hat grundsätzlich das Potenzial, auf die innere Stimme – das Gewissen oder die Erfahrung des Göttlichen – zu reagieren, auch ohne explizite Bibelkenntnis oder Mission.
Fortschreitende Offenbarung und kulturelle Vielfalt

Viele christliche Denker und auch das Bahaitum vertreten die Ansicht, dass Gott seine Wahrheit und Weisheit schrittweise, kulturell angepasst und fortschreitend immer wieder auf der Welt verkündet. Dadurch ist Offenbarung als Selbstmitteilung Gottes nicht an geografische oder kulturelle Grenzen gebunden, sondern zeigt sich in unterschiedlichen Formen: Träume, Gewissen, Naturerfahrung, historische Ereignisse oder spirituelle Meister.
Fazit

Gott sieht die geografischen und kulturellen Bedingungen der Menschen und offenbart sich in Form von allgemeiner Offenbarung und Fortschreitender Offenbarung individuell und situationsgerecht. Deshalb werden Menschen in isolierten Regionen nicht schlicht für Unkenntnis bestraft, sondern erhalten nach theologischer Auffassung Zugang zur Gotteserkenntnis auf anderen Wegen – angepasst an ihre Lebensumstände und ihr innerstes Potenzial zur Antwort auf das Göttliche.

Wissenschaftlich-kritisch wird die göttliche Offenbarung vor allem in ihrer erkenntnistheoretischen Grundlage, Nachweisbarkeit und historischen Kontextualisierung hinterfragt. Wissenschaft betrachtet Offenbarung im Sinne empirischer Beweisbarkeit, was für übernatürliche oder göttliche Offenbarungen nicht möglich ist, da sie definitionsgemäß nicht den Naturgesetzen unterworfen und nicht objektiv reproduzierbar sind.

Besonders der Theologe Karl Barth, der als einer der einflussreichsten Systematiker des 20. Jahrhunderts gilt, verstand Offenbarung als ein exklusiver Akt Gottes, der nicht aus menschlicher Vernunft oder Naturerfahrung hervorgeht, sondern allein durch göttliches Handeln existiert. Dieser Ansatz weist jedoch in der Wissenschaft auf mehrere Probleme hin: Er schließt eine natürliche Theologie aus, enthält eine noetische (erkenntnistheoretische) Engführung und ist damit nicht mit rationaler Kritik oder pluralistischen Erkenntnisansprüchen vereinbar.

Viele Wissenschaftler und kritische Theologen argumentieren, dass die Behauptung einer göttlichen Offenbarung stets in historischen, soziokulturellen Kontexten entstanden ist und von Machtinteressen beeinflusst sein kann. Offenbarung kann als kulturelle Konstruktion interpretiert werden, die unverifizierbare Wahrheitsansprüche erhebt und dogmatisch zur Legitimation von Macht dient.

Zusammengefasst: Aus wissenschaftlich-kritischer Perspektive bleibt die göttliche Offenbarung eine nicht überprüfbare, subjektive Erfahrung, die mit den Methoden der Naturwissenschaft nicht erfasst werden kann. Sie unterliegt historischen, sprachlichen und kulturellen Deutungen und ist daher kein objektives Erkenntnisinstrument im naturwissenschaftlichen Sinn. Ihre Anerkennung bedarf eines Glaubensakts, nicht eines empirischen Belegs.



Quelle
Perplexity

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