Andy der Pekinese
Von
Grunewaldturm
08.06.2025, 11:32
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Grunewaldturm
08.06.2025, 11:32
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Kurzinformation für all diejenigen, denen meine Themen zu privat, zu uninteressant oder zu lang sind. Die sich aber dennoch bemüßigt fühlen, sie zu kommunizieren.
Heute schreibe ich über das Thema: »Andy der Pekinesen, den charaktervollsten Hund, der mir jemals die Ehre gehabt ihn erziehen zu dürfen.
Als ich meine spätere Frau Marianne kennenlernte, lebte sie in der Cheruskerstraße in Berlin Schöneberg im Vorderhaus als Untermieterin in einem kleinen Zimmerchen und unterhielt eine Zweierbeziehung (siehe Foto).
Ich liebte sie beide, obwohl ich zugeben muss, dass es mich etwas störte, dass ich die Zuneigung der Frau mit dem Pekinesen teilen musste.
Sie besaß ihn seit seiner 12. Lebenswoche und als ich auf die beiden stieß, war Andy knapp 4 Jahre alt. Die Liebe seines Frauchens stand ihren Fähigkeiten zur Hundeerziehung aber leider diametral gegenüber.
Da sie in ständiger Angst um ihren kleinen Liebling lebte, wurde der arme Kerl von ihr niemals ohne Halsband und Leine spazieren geführt. Sollte jetzt jemand feststellen, dass er auf dem Foto weder das eine noch das andere findet, dann ist das leicht zu erklären.
Als ich die beiden kennenlernte und feststellte, dass der kleine Kerl in seinem Bewegungsdrang von ihr ziemlich eingeschränkt wurde, habe ich die Erziehung von ihm übernommen und als das Foto entstand, war sie schon abgeschlossen.
Der Grund für ihre ständige Angst war, dass sie in ihrer frühen Jugend von einem Schäferhund gebissen wurde und Andy davor bewahren wollte, das gleiche Schicksal erleiden zu müssen. Diese Erinnerung führte dazu, dass sie ihn bei jedem Hund, der größer als er war, auf den Arm nahm.
Als ich die beiden kennenlernte, stellte ich sofort fest, dass der Pekinese absolut charakterstark, aber frustriert war und begann sofort damit, ihm Sicherheit zu vermitteln. Da er zudem auch sehr intelligent war, gelang es mir sehr leicht, ihm die Regeln und Kommandos beizubringen und ihn zu einem folgsamen Begleiter zu erziehen. Als er dann sicher auf meine Kommandos reagierte, durfte er ohne Leine laufen und fing quasi mit 4 Jahren an, ein normales Hundeleben zu führen.
Es war für mich herrlich mitanzusehen, wie er lernte sich einem Hund sozial zu nähern und dass er immer freier in seinem Verhalten wurde. Sein Frauchen aber litt dabei Höllenqualen. Gewöhnte sich aber bald daran, weil auch sie die Erfolge zur Kenntnis nahm. Ihre Angst um ihn kam aber schlagartig wieder, wenn ein Schäferhund sich den beiden näherte. Dann nahm sie ihn sofort wieder auf den Arm und mutete dem kleinen Kerl zu, sich von einem anderen Hund beschnüffeln lassen zu müssen, ohne mit dem das Gleiche tun zu können.
Obwohl ich ihr die Notwendigkeit, die Begrüßung zwischen den Hunden nicht zu stören, mit vielen Argumenten darlegte, war ihre Furcht größer.
In einer Eckkneipe in unserer Straße lebte einer der größten Schäferhunde, der mir jemals begegnet war. Den habe ich niemals mit seinem Herrchen oder Frauchen spazieren gehen sehen. Er ging alleine raus, wenn ein Gast eintrat und kam auf die gleiche Weise wieder zurück.
Dem sah ihm an, dass er wohl nur allzu gerne einen Freund zum Spielen gehabt hätte.
Als er wieder mal alleine unterwegs war und auf uns zukam, befahl ich meiner Marianne, unseren Hund nicht aufzuheben. Sie tat es, drohte mir aber die Trennung an, wenn ihm etwas passieren sollte.
Es ist Tatsächlich etwas passiert!
Als Andy plötzlich auf Augenhöhe dem Hund gegenüberstand (Augenhöhe ist aber bitte nicht wörtlich zu nehmen) stürzte er sich mit lautem Kläffen auf den riesengroßen Schäferhund. Lief unter dem verdutzten Rüden durch und versuchte ihn in die Weichteile zu beißen. Was ihm natürlich nicht gelang. Der Kneipenhund war so verdutzt, dass er keinerlei Reaktion zeigte. Andy blieb aber auch nicht stehen, sondern lief weiter und startete aus 3 m Entfernung den nächsten Angriff. Der Angegriffene suchte daraufhin mit eingezogener Route das Weite.
Da Andy inzwischen gelernt hatte, nicht alleine über die Straße zu gehen, spielte sich, wenn die beiden sich begegneten, immer das gleiche Drama ab. Ein Hund, der gehofft hatte, einen Freund zu finden, lief verschüchtert auf der anderen Straßenseite mit uns mit und Andy führte sich auf seiner Seite wie ein Löwe auf. Es ist mir niemals gelungen die beiden einander näherzubringen.
Ich könnte stundenlang über diesen tollen kleinen Hund berichten. Werde mich aber in diesem Beitrag mit einer Episode begnügen. Die soll deutlich machen, wie charakterstark er wirklich war.
Andy fraß für sein Leben gerne Würfel Zucker. Marianne hatte sich angewöhnt, ihm einen Würfel in 4 Teile zu zerbeißen, um ihm auf diese Weise seinen Genuss zu verlängern. Immer wenn er belohnt werden sollte, wurde er gefragt, ob er Zucker haben wolle. Denn auf das Wort Zucker reagierte er mit großer Aufregung.
Ich hatte also seine Erziehung übernommen, lobte ihn oft, aber tadelte ihn, wenn er ein Tabu übertrat.
Er ist z.B. mal wieder vor Aufregung, dass wir jetzt spazieren gehen über die Straße gelaufen. Wenn er dann ein scharfes ANDY von mir hörte, blieb er sofort auf der anderen Straßenseite sitzen. Ihm war natürlich klar, dass er ein Tabu übertreten hatte und das war ihm deutlich anzusehen. Er machte ein schuldbewusstes Gesicht, ließ seine Ohren noch mehr hängen als gewöhnlich und seine von ihm ansonsten auf dem Rücken getragene Route lag hinter ihm flach auf dem Boden. Davon habe ich mich aber niemals beeindrucken lassen.
Marianne aber versuchte mich immer davon zu überzeugen, dass man ihm doch genau ansehen könne, dass er wüsste, was er falsch gemacht hat und deswegen sei ein Tadel gar nicht notwendig. Ich dagegen wusste, dass er bei der nächsten Gelegenheit wieder über die Straße laufen würde, wenn ich ihm so etwas durchgehen ließe. Also ging ich auf ihn zu, fasste ihn ins Nackenfell und hob ihn soweit hoch, dass seine Vorderläufe in der Luft hingen, er aber noch auf der Straße saß, schüttelte ihn und hielt ihn mit – Du böser Hund – eine Standpauke. Diese Prozedur ließ er immer klaglos über sich ergehen.
Wenn er aber der Ansicht war von mir zu Unrecht getadelt zu werden, schrie er aus Leibeskräften und redete danach mehrere Tage nicht mehr mit mir. Wenn wir dann nach Hause kamen, ging er sofort in sein Körbchen, legte seine Pfötchen auf den Korb Rand, das Kinn drauf und sah mich böse an.
Wenn ich uns dann aus diesem Dilemma befreien wollte und ihn fragte, ob er Zucker haben will, sprang er sofort begeistert aus seinem Körbchen und war bereit alles abzuspulen, was ich ihm beigebracht hatte.
Wie macht der Hund? Er bellte. Mach schön! Er stand auf den Hinterläufen und winkte mit den Vorderläufen. Leg Dich und roll! Er legte sich flach auf den Teppich und rollte durch die Wohnung usw. Er war so versessen darauf, seinen Zucker zu bekommen, dass ihm manchmal sogar der Speichel aus dem Fang tropfte.
Wenn ich ihm aber dann das erste Stückchen auf die Zunge legte, veränderte sich sein Verhalten schlagartig. Er schaute mich böse an, spuckte mir das Stück Zucker vor die Füße, ging zurück in sein Körbchen und war durch nichts zu bewegen an diesem Tag noch mal ein Stück Zucker von mir anzunehmen.
Ich hatte von frühester Jugend Hunde um mich und weiß, dass jeder einzelne von Ihnen seinen eigenen Charakter hat.
Ein so außergewöhnliches Exemplar wie Andy ist mir aber nur ein einziges Mal in meinem Leben begegnet.