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Vor Überraschungen its man nie sicher ...

Von tastifix 26.01.2025, 09:42 – geändert Dienstag 28.01.2025, 09:41

In den Häusern in unserer Straße längs eines Parks wohnten überwiegend gutsituierte Familien. Meine Eltern verstanden sich mit den anderen Mietern gut. Besonders gut mit der Familie des über uns wohnenden Anwaltes, dessen Frau wohl viel Sympathie für eine Mutter empfand. Der Kontakt wurde herzlicher, Besuche häuften sich. Soweit war nichts dagegen einzuwenden.

Doch mit zunehmender Vertrautheit erwies sich Frau Anwalt als ziemlich aufdringlich und übernahm bald das Kommando. Unser Einverstndnis wurde wie selbstverständlich vorausgesetzt. Obendrein redete sie ununterbrochen und nur unterbrochen, um ab und an nach Luft zu schnappen. Sie zählte zu den Menschen, die alles und über jeden alles wissen. Anstrengend!! Bald kreuzte sie zu jeder möglichen Tageszeit und genauso auch gen Abend bei uns auf. Hatte Mutti sich mittags hingelegt, musste sie dammit rechnen, dass ausgerechnet dann geläutet wurde. Überaus herzlich fiel der Empfang nicht aus. Doch um des lieben Friedens willen bewahrte sie eisern dIe Continance. Öfters verweilte Frau Anwalt dann zwei Stunden.

So auch an dem besagten Tage.
Klar gut gelaunt und anscheinend frisch ausgeschlafen erschien Frau Ich-bin-hier-fast-zuhause und strahlte. Anstatt Muttis Aufforderung, doch hereinzukommen, abzuwarten, stürmte sie unternehmungslustig in die Diele. Mittlerweile kannte sie unsere Wohnung aus dem Effeff. Keine noch so banale Veränderung oder auch Neuerwerbung blieb ihr verborgen. Meine Mutteer und ich beobachteten sie fassungslos.
´Gibt es etwas Neues, worüber wir Miss Marple eigentlich pflichtbewusst hätten sofort in Kenntnis setzen müssen?´
Mir fiel siedendheiß der gestrigeWahnsinnseinkauf ein.
"Findet sie den, dann ..."
Verunsichert blickte ich meine Mutter an. Eindeutig hatte sich ihr Gewissen gleichfalls gemeldet. Zum Glück kontrollierte heute Miss Marple entgegen ihres sonstigen Hanges zur Gründlichkeit alles nur flüchtig. Mutti und ich waren erleichtert. Das Schlafzimmer sparte sie nämlich aus, in dem der besagte Einkauf zu entdecken gewesen wäre. Andernfals wäre sie eventuell gar drei Stunden geblieben, weil sie jede Kleinigkeit durch diskutiert hätte.

Bald erkannten wir, weshalb jene Prüfung dermaßen oberflächlich vonstatten gegangen war. Frau Nachbarin war mittlerweile wieder am Ausgangsort ihres Rundganges, der Diele, eingetroffen und schien zu überlegen. Prompt hofften wir, gleich wieder unsere Ruhe zu haben. Zu früh gefreut! Denn sie wandte sie sich um und spurtete ins Wohnzimmer, Mutti und ich fassungslos hinterdrein. Ohne jede Hemmung klappte sie dieTüren des TV Schrankes auf und drückte ungerührt dessen, dass der uns gehörte, auf „On“.
„Heute kommt Kuli!!“

Inzwischen war meiner Mutter die Maske der Höflichkeit doch ein wenig entglitten. Sie wollte allerdings keinen Krach und suchte nach einem passend formulierten debezüglichen Hinweis, um Frau Unverschämtheit aus derem Rausch zu wecken. Leider fiel ihr so schnell keiner ein.
Unsere Nachbarin wurde noch dreister und ließ sich in den Ohrensessel meines Vaters fallen:
„Hach, Tante usw., jetzt ist das doch erst richtig gemütlich!“
Uns fehlten die Worte.

Aber leider ihr nicht. Vielleicht hatten ja die Rhetorikkünste ihres Mannes auf sie abgefärbt. Jedenfalls quasselte sie ununterbrochen. Zuerst zog sie im Goldenen- Blatt-Stil den Hochadel durch den Kakao:
„Stellen Sie sich bloß ´mal vor: Queen Elizabeth war letzte Woche an einer Grippe erkrankt. Die Arme, sie hat dauernd niesen müssen!“
Wir schämten uns. Dies war uns tatsächlich entgangen. Dies hatte die Tagesschau nicht erwähnt. Ob deren Niveau so allmählich sank? Gemessen daran, was darauf noch alles an Neuigkeiten folgte, musste sich das besagte Blatt verstecken. Dermaßen viel hatte es in keiner Ausgaben zu bieten. Es ging höchst informative dreißig Minuten lang um die Glimmerwelt der Filmsterne und –sternchen. Danach eine weitere halbe Stunde mit ausführlicher Aufklärung über das Privateben der Sportgrößen. Meine Mutter heuchelte frustriert noch etwas Interesse. Dagegen waren sie und ich müde bis zum Umfallen.

Wenig später fehlte endlich selbst Frau Nachbarin weiterer Gesprächsstoff. Sie erhob sich, vergaß das Fernsehen wieder auszuschalten, was wir denn rasch erledigten, wünschte uns noch eine gute Restnacht und rauschte endgültig ab.
„Bis morgen!“
Uns blieb das ´Auf Wiedersehen` in der Kehle stecken. Total groggy wankten wir ins Bett.

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