Die Nägel
Von
tastifix
Samstag 24.05.2025, 10:10 – geändert Samstag 24.05.2025, 17:02
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tastifix
Samstag 24.05.2025, 10:10 – geändert Samstag 24.05.2025, 17:02
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Bilder hängen meist an Nägeln. Die wiederum werden so positioniert, dass sich dann niemand etwa Nackensteife zuzieht, wenn er das Exponat betrachten möchte. Manchmal aber sträuben sich die metallenen Unterstützer hartnäckig, lassen ssich gar nicht erst einschlagen oder stecken dann erschreckend verunstaltet, weil total schief, anklagend in der Wand.
Jim und Max waren damit beschäftigt, in der Galerie Gemälde aufzuhängen. Bislang hatte alles reibungslos geklappt. Nun aber bekamen sie es mit einem Nagel zu tun, der nicht nur einen Kopf hatte, sondern leider einen extrem sturen. Offensichtlich hasste er den Hammer und rächte sich. Frech krümmte er sich nach unten, den Kopf platt gegen die Wand gedrückt.
„Mist!“, knurrte Jim und Max bestätigte:
„Grofßer Mist! Ich mag nicht mehr. Weißt Du eigentlich, wie lange wir jetzt schon auf den drauf hauen?“
„Probier` den hier mal! Muss doch klappen! Gibts ja gar nicht ...“
Jim war es ebenfalls leid.
„Richtig, wenn wir so weitermachen, schaut die Wand gleich aus wie ein Schweizer Käse!“
„Nee, dessen Löcher sind attraktiver!“
Sauer musterte Max die Nagelmissgeburt.
„Uns sollte etwas einfallen und zwar schnell. Sonst muss am Ende die ganze Wand neu gestrichen werden!“. meckerte Jim.
„Und des nur, weil wir wohl zu doof sind, einen Nagel einzuhämmern!“
Frustriert gönnten sich die Männer einen Espresso. Der weckte die Lebensgeister wieder. Ideen wirbelten ihnen im Kopf herum, die sie aber hier nicht umsetzen durften. Daheim dagegen … Nachdem sie so eine Weile überlegt hatten, schaute Jim auf einmal viel entspannter drein.
„Hast Du etwsa einen Einfall?“
„Jahaah!“, triumphierte Jim und verriet seinem Kollegen, was sie machen könnten, um das Nagelmalheur zu vertuschen.
„Wenn Du meinst ...“, zweifelte Max.
„Aber sicher doch. Also los!“
Jim und Max marschierten in das allbekannte Ausstattungsgeschäft mit´I`, erstanden dort eine Leinwand passender Größe – alle Löcher wären verdeckt - und kauften noch einenTöpf Farbe. Am Arbeitsplatz zurück, pinselten sie die Leinwand dunkelgrau, zogen den krummen Nagel per Zange aus der Wand und zwangen ihn in jenes traurige Grau hinein. Dass er dort dann noch verbogener steckte, störte sie nicht. Hauptsache, er fiel nicht ab!
Sich Mut zusprechend, schlugen sie einen zweiten Nagel ein. Wirklich toll! Absolut gerade!
„Und nun?“
Sie hingen die Leinwand auf. Von den Löchern war nicths mehr zu erahnen. Doch noch fehlte etwas Wichtiges: Der Titel!
„Ist doch egal! Irgendwas ...“
Tja, aber auch Irgendewas muss einem erst mal einfallen. Sie grübelten wieder.
„Vielleicht einfach: ´Ohne Titel`! Sollen sich doch die Besucher Gedanken machen, was es darstellen soll!“, grinsten Jim und Max.
Gespannt warteten sie auf die Kommentare der sicherlich Kunstbeflissenen. Die Ersten blieben stehen unbd urteilten:
"Dieses Werk unterscheidet sich aber extrem von den anderen! - Passt eigentlich gar nicht hierhin, ist aber sehr originell!“
„Genau!“, betonte jemand mit kluger Miene. „In einer anderen Ausstellung habe ich schon mehrere solcher Nagelarbeiten gesehen - echt krass!“
Inzwischen hatte sich eine kleine Gruppe vor der Leinwand versammelt. Den Leuten war anzusehen, wie konzentriert sie nachdachten.
„Pass auf!“, flüsterte Max Jim zu. „Jetzt wirds interessant!“
„Vielleicht geht’s ja nur um schiefe und gerade Nägel!?“
Nein, das klag zu simpel. Jede Darstellung beinhaltet einen tieferen Sinn. Das kannten sie nicht anders.
„Oder es soll uns sagen, dass halt manchmal etwas schiefgehen kann?“
Auch das durfte man so nicht gelten lassen. Jim und Max unterdrückten ein Lachen.
„Es steht aber wahrschinlich für eine sehr negative Aussage, die jedoch noch die Chance der Hoffnung auf Positives zulässt …?“
„Wiiiee??“
„Ja, ich denke, dass ich es ´Úmkehr` genannt hätte! Das bedrohliche Grau, denn der jämmerlich krumme Nagel und auf der rechten Hälfte des Bildes dagegen jener sehr gerade ...“
Nun gab es kein Halten mehr.
„Stimmt ja! Es soll auf die verheerenden Zustände in der Welt hinweisen, uns ermahnen, dass wir noch viel dazu beitragen sollten, dass jene behoben werden können, damit es sich vielleicht noch zu mGuten wandelt!"
Für eineen Moment herrschte Stille.
„Ja, zum Wohle allen Lebens auf der Erde!“ , waren sich dann Alle einig.
Jim und Max grinsten nicht mehr. Sie waren beeindruckt.Denn der zweite Nagel war ja nur Testmittel gewesen.