Katze Susi begleitet Menschen bis zur Himmelsbrück
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Feierabend-Mitglied
Mittwoch 23.07.2025, 00:45 – geändert Mittwoch 23.07.2025, 05:16
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Während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit in einem Berliner Hospiz wurde eine neue Frau bei uns aufgenommen. Sie kam mit einem Krankentransport. Ihre Tochter und der Schwiegersohn waren anwesend. Ich durfte beim Aufnahmegespräch in ihrem Zimmer dabei sein. Sie hatte nach einer langen Chemotherapie Darmkrebs im Endstadium.
Ungewöhnlich war, dass die Tochter einen Katzenkorb mitbrachte, in dem die Katze Susi kläglich jammerte.
Es war im Hospiz aus vielerlei Gründen nicht erlaubt, Haustiere mitzubringen.
„Ich habe es dir gesagt, dass das nicht geht“, sprach die Tochter streng. „Du kannst dich nachher von ihr verabschieden. Du weißt, wir wollen sie nicht behalten, wir bringen sie ins Tierheim, dort wird sie es gut haben.“
Frau P. begann zu weinen und stammelte: „Ich wäre nicht mitgekommen ohne meine Susi, ihr habt es mir versprochen.“
Ich blieb im Zimmer und die drei Mitarbeiterinnen gingen für eine kurze Beratung nach draußen, die Leiterin war anwesend. Sie beschlossen, es zu wagen und zu beobachten, welchen Einfluss ein geliebtes Haustier für den Menschen in seiner letzten Lebensphase hatte.
„Immer musst du deinen Dickkopf durchsetzen“, sagte die Tochter vorwurfsvoll, ging zu dem Korb, um das Tier freizulassen. Die Katze fauchte und als die Tochter sie greifen wollte, biss sie ihr in die Hand. Eine Krankenschwester ging mit den Angehörigen aus dem Raum, während wir die Tochter auf dem Flur laut schimpfen hörten.
Ich stellte den offenen Katzenkorb auf einen Stuhl ganz dicht neben das Bett. Frau P. flüsterte zärtlich immer wieder den Namen Susi, so kam die Katze aus dem Korb und legte sich schnurrend dicht neben ihr Frauchen. Sofort veränderte sich die Atmosphäre. Wir schwiegen, Frieden breitete sich aus, es war ganz still im Raum. Frau P. weinte vor Freude, ihre Hand lag ruhig auf dem Fell, die Katze schnurrte und wir waren tief ergriffen.
Katzenfutter wurde besorgt, das Katzenklo und der Korb wurden auf den Balkon gestellt. Susi und Frau P. schliefen bis zum Abend. Es wurde im Dienstplan vermerkt, wer zu welcher Zeit die Katze versorgen würde.
Die ersten Tage wich die Katze nur ganz kurze Minuten vom Bett ihres Frauchen und Frau P. ging es besser. Nach einigen Tagen verließ Susi das Zimmer, um das Hospiz zu erkunden, kam aber nach kurzer Zeit zurück. Wir beobachteten, dass die Katze durch den Flur lief, an allen zehn Zimmern vorbei, dass sie dann kurz stehenblieb und vor einer Tür laut mauzte. Wir öffneten leise die Tür, eine Bewohnerin war auf ihrem letzten Weg. Wir wussten, dass sie eine Katzenliebhaberin war. Ich setzte Susi behutsam auf das Bett der Frau, Susi legte sich schnurrend ans Fußende der Frau, dort blieb sie, bis die alte Dame ihren letzten Atemzug vollbracht hatte.
Susi blieb noch eine Viertelstunde dort, verließ dann den Raum und schlich zurück zu ihrem Frauchen.
Wir fragten bei unseren Bewohnern nach, wer Katzen liebte und ließen deren Türen immer einen Spalt breit offen. Mit Erstaunen erlebten wir, dass die Katze uns klar zeigte, wenn wieder ein Mensch bereit war zu gehen. Es dauerte nie länger als zwei Stunden. Susi kündigte es an, indem sie in diese Zimmer schlich und sich am Fußende zusammenrollte und laut schnurrte. Alle Menschen, die die Katze bei sich spürten, schliefen friedlich ein, denn eine von uns blieb bis zum irdischen Ende immer dabei.
Frau P. schlief nach drei Wochen friedlich ein, den Arm um ihre Susi gelegt. Von da an beschlossen wir, die vierbeinige Hospizhelferin zu behalten und uns in vielen Situationen von ihr führen und helfen zu lassen.
Die Tochter kam Frau P. nicht mehr besuchen, aber auch Frau P. fragte nicht mehr nach ihr.