Kurzkrimi Nr.4

Der Kriminalhauptkommissar dachte sich: „Warum immer ich?“
Nichtsdestotrotz begab er sich in den Verhörraum mit dem Resopaltisch und den zwei Stühlen.
Auf einem saß schon der Delinquent. Dieser sah leicht lädiert aus. Mit hängenden Schultern, struppigen Haaren und zwischen die Oberschenkel geklemmten Händen hockte er da auf dem Stuhl und sah einigermaßen unglücklich aus.
„Ich lese hier, Sie wären eingebrochen“, sprach der Kommissar und hob den Blick vom Blatt.
„Wo ist das denn passiert?“
„Am Wilhelmsruher See“, antwortete der junge Mann.
„Gibt‘s da eine Bank?“, fragte der Kommissar.
„Na klar doch.“
„Welchen Anteil hatten denn ihre Kumpane an dem Einbruch?“, fragte der Kommissar.
„Gar keinen. Die standen dabei und guckten zu.“
Der Kommissar wartete schweigend.
„Ernie und Bert. Eigentlich heißen sie ja Ernst-Walter mit Bindestrich und Herbert ohne Bindestrich.“
Der Kommissar wollte grade einwenden, dass man Herbert ohnehin ohne Bindestrich schreiben würde, bremste sich dann aber und nickte nur kurz.
„Und wo wohnen die beiden?“
Der Delinquent schob einen Zettel über den Tisch: „Ich hab Ihnen die Adressen aufgeschrieben.“
Mit der rechten Hand zog der Kommissar den Zettel zu sich, während er mit der linken das Aufnahmekästchen verrückte: „Für‘s Protokoll. Herr (er nannte den Namen des jungen Mannes, der hier aber aus datenschutzrechtlichen Gründen verschwiegen wird) hat die Adressen seiner Bekannten auf einen Zettel geschrieben.“
Dann las er diese laut vor, wobei er das überschüssige h in „Kuhdamm“ und das fehlende in „Fronauer Straße“ nicht mitlas.
„Und nun erzählen Sie mal genau, wie der Einbruch passiert ist.“, sagte der Kommissar.
„Ich wollte es probieren, ob die Eisdecke auf den Wilhelmsruher See mich trägt. Erni und Bert standen dabei und grinsten. Und dann brach ich ein. Irgendwer, der das sah, hatte den Notruf gewählt und wohl einen Einbruch gemeldet. Als meine Kumpels die Sirene hörten, gingen sie stiften. Mich schleppten dann die Polizisten hier her.“
Der Kriminalhauptkommissar erhob sich, schnappte das Aufnahmegerät und verließ ziemlich frustriert den Raum. Zuvor warf er dem an der Türe stehenden Wachtmeister nur einen Satz quasi vor die Füße: „Laufen lassen.“